Kardinal Schönborn begrüßt Gläubige seiner Titelkirche in Rom .
Kardinal Schönborn begrüßt Gläubige seiner Titelkirche in Rom .
Kardinal Schönborn im Gespräch mit französischen Journalisten: der Papst muss auch künftig vor allem ein glaubwürdiger Mensch und Christ sein. Herkunft spielt keine Rolle im Konklave.
Wenige Tage vor dem entscheidenden Konklave zur Wahl eines neuen Papstes hat sich Kardinal Christoph Schönborn mit eindringlichen Worten zu den notwendigen Eigenschaften des künftigen Kirchenoberhaupts geäußert.
Der emeritierte Wiener Erzbischof betonte am Sonntag in Rom, dass der nächste Pontifex in erster Linie ein Hirte sein müsse, der durch tiefe Glaubwürdigkeit und eine aufrichtige Liebe zu den Menschen und zu Gott überzeuge. Die geografische Herkunft des Kandidaten sei demgegenüber von nachrangiger Bedeutung.Im Anschluss an die Sonntagsmesse in seiner römischen Titelkirche "Gesù Divino Lavoratore" im Stadtteil Portuense stand Schönborn französischen Medien und der APA für ein Hintergrundgespräch zur Verfügung. Dabei hob er hervor, wie wichtig es sei, dass der neue Papst die Freuden und Leiden der Menschen aufmerksam wahrnehme. "Die Menschen spüren es, ob er leere Worte spricht oder ob er den Glauben wirklich lebt", so der Kardinal.
Die Nationalität des zukünftigen Papstes erachtete Schönborn als "sekundär". Zwar sei es vorteilhaft, wenn der neue Oberhirte gut Italienisch und Englisch spreche, doch die Sprachkenntnisse seien nicht das entscheidende Kriterium. Vielmehr müsse der Fokus auf seiner Fähigkeit liegen, ein wahrer Hirte zu sein, der sich unermüdlich für Frieden, die Armen und soziale Gerechtigkeit einsetze und das Vertrauen der Gläubigen in Gott stärke. Schönborn erinnerte daran, dass die Geschichte der katholischen Kirche bereits zahlreiche nicht-italienische Päpste hervorgebracht habe, darunter syrische Päpste im frühen Mittelalter und den deutschen Papst Leo IX. Die Kirche sei ihrem Wesen nach übernational und universell.
Mit Blick auf das Konklave, das am kommenden Mittwoch, dem 7. Mai, beginnt, rief Kardinal Schönborn die Gläubigen weltweit zu intensiven Gebeten auf. Er selbst nahm an den vorbereitenden Generalkongregationen teil und zelebrierte in seiner Titelkirche nicht nur die Messe, sondern spendete auch drei Kindern das Sakrament der Taufe. In seiner Predigt flehte er die Gläubigen an, darum zu beten, dass die wählenden Kardinäle den Mann auswählen mögen, den Gott bereits für die Leitung seiner Kirche vorgesehen habe. Obwohl er aufgrund seines Alters die Altersgrenze überschritten hat und somit nicht aktiv an der Papstwahl teilnehmen wird, versicherte Schönborn seine Gebete für das Konklave. Er wünschte sich einen Papst, der nicht nur aktiv und sympathisch sei sowie über organisatorische Fähigkeiten verfüge, sondern vor allem eine tiefe und wahre Liebe zu Jesus und den Menschen verkörpere.
Schönborn betonte die Bedeutung seiner römischen Titelkirche, in der er seit 1998 regelmäßig Gottesdienste feiert und seelsorgliche Aufgaben wahrnimmt. Diese Verbindung zu einer lebendigen Pfarrgemeinde sei für Kardinäle, die symbolisch Pfarrer von Rom seien, von großer Bedeutung.
Am Samstag fand die neunte Generalkongregation der Kardinäle im Vatikan statt, an der 177 Kardinäle teilnahmen, darunter 127 Wahlberechtigte. Die Diskussionen umfassten laut Vatikansprecher Matteo Bruni ein breites Spektrum an Themen, von der innerkirchlichen Gemeinschaft über den globalen Friedensauftrag der Kirche bis zur Rolle der römischen Kurie. Papst Franziskus wurde dabei wiederholt mit Dankbarkeit für sein Pontifikat und insbesondere für sein programmatisches Schreiben "Evangelii gaudium" gewürdigt. Weitere Schwerpunkte der Beratungen waren der Dienst der Kirche und des Papstes für den Frieden, die Bedeutung von Bildung, die Hoffnung auf ein prophetisches Wirken des nächsten Papstes sowie die Notwendigkeit, dass die Kirche "hinausgeht", um der Welt Licht und Hoffnung zu bringen – ein klarer Bezug zum laufenden Heiligen Jahr.
Die Vorbereitungen in der Casa Santa Marta, der Unterkunft der Kardinäle während des Konklaves, sollen am Montag abgeschlossen sein. Der Einzug der Kardinäle ist für Dienstagabend geplant, bevor am Mittwochmorgen die feierliche Messe "Pro Eligendo Pontifice" gefeiert wird, die den unmittelbaren Beginn der Papstwahl einleitet.