Politiker könnten auch nach Regierungsverhandlungen "auf gute Ideen kommen", so Caritaspräsident Michael Landau.
Politiker könnten auch nach Regierungsverhandlungen "auf gute Ideen kommen", so Caritaspräsident Michael Landau.
Neujahrsinterview mit Caritas-Präsident Michael Landau: "Die Regierung ist auf Bewährung"
Caritas-Präsident Michael Landau hat am Neujahrstag das mangelnde Engagement der Regierung, gegen die "hohe Armut" vorzugehen, kritisiert. Angesichts 1,2 Mio. armutsgefährdeter und akut armer Menschen hätte er sich "mehr von der Koalition" erwartet, betonte Landau in einem Interview mit der APA am 1. Jänner 2014. Es sei aber wichtig, der Koalition Zeit zu geben. Für ein gelungenes Ideenfeuerwerk sei es "nie zu spät" und Politiker könnten auch nach Regierungsverhandlungen "auf gute Ideen kommen". Das Budget 2014 werde der erste "Elchtest" sein, "ob es der Regierung ernst ist", so Landau.
Eine klare Absage erteilte er einer Neiddebatte: "Damit kommen wir nicht weiter." Man müsse sich vielmehr fragen, "was gerecht und anständig ist", so Landau. Wohlstandsinseln in einem Meer von Armut seien auf Dauer nicht stabil, meinte er hinsichtlich der Debatte über vermögensbezogene Steuern. Man müsse sich dabei auch ganz nüchtern fragen, wie Aufgaben wie etwa Bildung und Pflege zu bewältigen seien.
Landau vermisst etwa die Frage nach einem einheitlichen Vollzug sowie der Sicherstellung der Soforthilfe im Regierungsprogramm. "Es kann nicht sein, dass Menschen wochenlang warten müssen", betonte der Präsident. Als einen "richtigen Schritt" im Kampf gegen Armut bezeichnete er hingegen die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Alleine mit innerösterreichischen Maßnahmen sei der Kampf gegen die Armut aber nicht zu gewinnen. "Auch Europa muss gegensteuern. Es braucht eine Weiterentwicklung in Richtung einer echten Sozial- und Solidarunion", meint er nicht zuletzt im Hinblick auf die EU-Wahlen. "Das ist kein Thema, das die Caritas alleine bewältigen kann, hier sind schon alle gefordert. Die Bundesländer, der Bund, aber auch Europa."
Nicht aufgegeben hat Landau auch die Hoffnung auf eine "Schubumkehr" bei der Entwicklungszusammenarbeit. Grundsätzlich sei es erfreulich, dass der Auslandskatastrophenfonds aufgestockt werde. Besorgte zeigte sich Landau aber darüber, dass die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit seit 2010 laufend gekürzt worden seien. "Ich zähle auf die Kraft der Jugend und hoffe, dass Sebastian Kurz im Kampf gegen den Hunger und die weltweite Armut ruhmreichere und energischere Taten vollbringen wird als seine Vorgänger", meinte Landau.
Begrüßt wird von Landau die im Regierungsprogramm verankerte Debatte über ein verfassungsrechtliches Verbot der Sterbehilfe, das er als Signal, den erfolgreichen österreichischen Weg, der mit der parlamentarischen Enquete begonnen hat, weiterzugehen, versteht. "Menschen sollen an der Hand eines anderen sterben und nicht durch die Hand eines anderen", so Landau. Allerdings müssten Angebote im Hospizbereich ausgebaut werden. Wer aktive Sterbehilfe nicht wolle, müsse für optimale Sterbebegleitung sorgen.
Kritik übte Landau gegenüber der Asylpolitik. "Bedenklich" findet er es etwa, dass künftig umgeschulte Postbeamte im Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen Entscheidungen treffen sollen. "Ich halte es für hochproblematisch, wenn in dieser sensiblen Materie, wo es um Leben und Tod geht, künftig angelernte Postbeamte entscheiden sollen, auch wenn ich Umschulungsmaßnahmen grundsätzlich für sinnvoll halte", kritisiert Landau. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in Österreich seine persönliche Freiheit in die Hände eines noch so qualifizierten Postbeamten legen möchte."
Für sinnvoll hält der Präsident, dass der Zugang für Asylwerber zum Verwaltungsgerichtshof wieder eröffnet werden soll. "Im Asyl- und Fremdenwesen hat es seit 2006 elf Novellen gegeben mit dem Ergebnis, dass selbst Juristen bei der Ansammlung von Paragrafen mittlerweile den Durchblick verlieren", meinte er. Und auch menschenunwürdige Zustände in der Unterbringung in gewissen Quartieren sowie ein erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber müssten endlich Realität werden. Oberste Priorität haben auch einheitliche Standards bei der Unterbringung von Flüchtlingen.
Auch seinen Appell an die Regierung zur Syrien-Krise erneuert Landau. Österreich solle "das Kontingent der Flüchtlinge zumindest verdoppeln und zwar besser heute als morgen". Derzeit seien außerhalb des Landes 2,3 Millionen Menschen auf der Flucht, die Vereinten Nationen rechneten mit einer Verdoppelung der Flüchtlinge in den Nachbarländern "Das ist die schlimmste humanitäre Krise seit Jahrzehnten", so der Caritas-Präsident.
Auch eine Teilnahme Österreichs am Resettlement-Programm des UNO-Flüchtlingskommissariats UNHCR - die dauerhafte Neuansiedlung "besonders verletzlicher" Flüchtlinge - ist für Landau wünschenswert. Landau schließt sich in dieser Frage der Forderung des evangelisch-lutherischen Bischofs Michael Bünker an: "Wir gehen dabei Hand in Hand." Es handle sich dabei um ein Programm, "wo letztlich alle Beteiligten davon profitieren".
Auch nach der Amtsübergabe durch seinen Vorgänger Franz Küberl soll für Landau das Programm der Caritas weiterhin "Nächstenliebe ohne Wenn und Aber" lauten. "Es gibt einen guten Grundwasserspiegel der Solidarität und der Nächstenliebe", lautet seine Erfahrung, nicht zuletzt durch die Spendenwelle für die Opfer des Taifuns auf den Philippinen aber auch im Blick auf die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr in Österreich. Für das Jahr 2014 stimme dies jedenfalls zuversichtlich.
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