"Es ist nun einmal so, dass es bei einem Schwangerschaftsabbruch nicht nur um eine Person geht", so Martina Kronthaler.
"Es ist nun einmal so, dass es bei einem Schwangerschaftsabbruch nicht nur um eine Person geht", so Martina Kronthaler.
Der Katholische Familienverband fordert anonymisierte Abtreibungsstatistik. "Aktion Leben" erinnert an uneingelöste Versprechen und das ursprüngliche Ziel, die Abtreibungszahl zu senken.
40 Jahre nach dem Beharrungsbeschluss zur Fristenregelung im Nationalrat möchte der Katholische Familienverband (KFÖ) einen Impuls setzen, um dieses Konfliktthema "aus der ideologischen Pattstellung zu befreien". Ein wesentlicher Schritt dazu solle eine anonyme Statistik und Motivforschung über die in Österreich durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche sein. "Wer zu diesem emotional hochaufgeladenen Thema einen seriösen und sachlichen Diskussionsbeitrag leisten will, kommt an einem qualifizierten, amtlichen und verlässlich erhobenen Datenmaterial nicht vorbei", betonte KFÖ-Vizepräsidentin Irene Kernthaler-Moser in einer Aussendung am Mittwoch, 22. Jänner 2014.
Derzeit gebe es keine aussagekräftigen Informationen darüber, warum sich Frauen für eine Abtreibung entscheiden, und welche Rolle dabei die Väter spielen. Dieses Nichtwissen verhindere einen demokratischen Diskurs auf der Höhe der Zeit - und letztlich auch die Chance, "Alternativen bieten zu können", sagte Kernthaler-Moser.
Der Jahrestag der Durchsetzung der Fristenregelung, die von vielen Frauenrechtlerinnen als Meilenstein gefeiert werde, sei für den Katholischen Familienverband "kein Grund zur Freude". Die KFÖ-Vizepräsidentin plädierte für eine Versachlichung der Debatte: "Es geht nicht um eine Verurteilung oder Diskriminierung von Frauen in Not, sondern darum, dass ungeborene Kinder in unserer Gesellschaft einen Platz haben." Eine Radikalisierung auf beiden Seiten diene niemandem. "Man muss vor allem an die Frauen und Kinder denken. Eine Abtreibung ist nicht nur ein medizinischer Eingriff, sie hat oft auch psychische Langzeitfolgen", ist Kernthaler-Moser überzeugt. Ungeborene Kinder und ihre Mütter dürfen nicht länger gegeneinander ausgespielt bzw. "instrumentalisiert" werden.
Kernthaler-Moser bedauerte, dass in Österreich zum Thema Abtreibung "de facto ein Redeverbot für Politiker" herrsche. Sie sprach sich für eine sachliche Auseinandersetzung aus, "die durchaus kontroversiell sein kann".
Eine schwierige finanzielle Situation schwangerer Frauen solle nicht länger Grund für eine Abtreibung sein. Kernthaler-Moser forderte die Öffnung des Familienhärteausgleichsfonds für Schwangere, die von "sozialen Härtefallen" betroffen sind. Im zweitreichsten Land Europas müsse es möglich sein, "dass eine Frau uneingeschränkt Ja zu ihrem Kind sagen kann". Es gelte, Betroffene während und auch nach der Schwangerschaft zu unterstützen.
Die KFÖ-Vertreterin verlangte weiters den Ausbau eines flächendeckenden Informationsnetzes und sprach sich für eine Bedenkzeit vor einem Schwangerschaftsabbruch aus, wie sie auch sonst bei vielen Operationen vorgeschrieben ist. Wünschenswert wäre eine gesetzlich vorgeschriebene Bedenkfrist von mindestens drei Tagen. Dass Beratung und Eingriff vom selben Arzt durchgeführt werden können, sei "bedenklich".
Die ersatzlose Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafgesetzbuches, wie sie derzeit in einer Petition gefordert wird, lehnt Kernthaler-Moser ausdrücklich ab: "Dies würde einen straffreien Abbruch bis zum Ende der Schwangerschaft bedeuten" und sei unvereinbar mit dem Anspruch, werdendes Leben zu schützen.
Verstärkt werden müsse das Bemühen um ein kinder- und familienfreundlicheres Klima in der Gesellschaft. Dies würde das Ja zum ungeborenen Kind erheblich erleichtern, so Kernthaler-Moser.
Mit einer desillusionierten Rückschau auf den Nationalratsbeschluss zur Fristenregelung vor 40 Jahren meldete sich die "Aktion Leben" zu Wort. In einem Beitrag für die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" erinnerte Generalsekretärin Martina Kronthaler an nicht eingehaltene Versprechungen vor dem Beharrungsbeschluss, mit dem die SPÖ am 23. Jänner 1974 den Weg zur Einführung der Fristenregelung ebnete.
Als im November 1973 die Fristenregelung mit den Stimmen der allein regierenden SPÖ beschlossen wurde, nahm der Nationalrat auch einstimmig einen Antrag an, der "positive Maßnahmen zum Schutz des werdenden Lebens" in Aussicht stellte: U.a. sollte es eine bessere Sexualerziehung an den Schulen geben, die Schwangerenberatungsstellen sollten ausgebaut werden, die Geburtenhilfe erhöht und moderne Sozialhilfegesetze für werdende Mütter erlassen werden. Bundeskanzler Bruno Kreisky hoffte, damit alles zu tun, um "den ganzen Paragrafen obsolet zu machen (...), um die Frau zu veranlassen, dass sie dann, wenn sie empfangen hat, das Kind behält".
Der damalige Justizminister Christian Broda nannte es gar "ein Ziel unserer Anstrengungen", die Zahl der Abtreibungen zu senken. "Das Bündel der flankierenden Maßnahmen" lasse dies "glaubwürdig werden".
Die "Aktion Leben" dazu: 40 Jahre nach dem endgültigen Beschluss für die Fristenregelung warte Österreich immer noch auf die "Umsetzung der damals vielgepriesenen flankierenden Maßnahmen". Umgesetzt sei lediglich der Ausbau der Familienberatungsstellen geworden - "zu wenige legen allerdings den Schwerpunkt auf die Schwangerenberatung". Schwangere Frauen in Not würden "oft mit ihren Problemen allein gelassen", kritisierte Martina Kronthaler. Verbesserungen würden eine Bedenkzeit zwischen medizinischer Beratung und Eingriff sowie Hinweise auf Beratungsstellen wie die der "Aktion Leben" oder der St. Elisabeth Stiftung der Erzdiözese Wien bringen.
Woran es in Österreich laut Kronthaler aber am meisten mangelt, "ist der konkrete politische Wille aller Parteien, Schwangerschaftsabbrüche möglichst zu vermeiden". Auch die "Aktion Leben" vermisse eine "Kultur des Darüber-Redens". Wer heute über Abtreibung spreche, werde häufig als "reaktionär" und "frauenfeindlich" ins Eck gestellt. Dagegen Martina Kronthaler: "Es geht nicht um Schuldzuweisung oder Verurteilung. Wenn man ganz grundsätzlich sagt, was bei einer Abtreibung passiert, sagt man ja nichts gegen die Frau, die diesen Schritt setzt. Was wir wollen, ist Verständnis für die Frau, aber auch für das ungeborene Kind. Es ist nun einmal so, dass es bei einem Schwangerschaftsabbruch nicht nur um eine Person geht."
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