Erst jetzt wurde bekannt, dass der deutsche katholische Publizist, Historiker und Vatikanspezialist Hansjakob Stehle am 5. Februar verstorben ist.
Erst jetzt wurde bekannt, dass der deutsche katholische Publizist, Historiker und Vatikanspezialist Hansjakob Stehle am 5. Februar verstorben ist.
Vatikanspezialist mit vielen Österreich-Bezügen starb 87-jährig in München. Durch die Kombination journalistischer und historischer Arbeitsmethoden trug er maßgeblich zur Erforschung kirchlicher Zeitgeschichte bei.
Der deutsche katholische Publizist, Historiker und Vatikanspezialist Hansjakob Stehle ist - wie erst jetzt bekannt wurde - am 5. Februar im 88. Lebensjahr verstorben. Der aus Ulm stammende langjährige Mitarbeiter der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" trug entscheidend zur Erforschung der kirchlichen Zeitgeschichte bei. Mit seinen Artikeln und Büchern fand Stehle weit über Deutschlands Grenzen hinaus Anerkennung. Er wurde am 11. Februar in München, wo er zuletzt mit seiner Familie lebte, beigesetzt.
Stehle galt als Historiker, der journalistische Methoden anwendet, und als Journalist, der sich des Instrumentariums der Historiker bedient. Besondere Bedeutung erlangte sein Standardwerk über "Die Ostpolitik des Vatikans", das 1975 erstmals und später in überarbeiteter Auflage in mehreren Sprachen erschien. In diesem Buch belegte Stehle anhand von - teilweise erstmals publizierten Dokumenten - die Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem Vatikan und dem Kreml von der Oktoberrevolution 1917 bis zum Ende der Sowjetunion.
Entscheidende Beiträge leistete Stehle auch zur "Entmythologisierung" der Rolle Pius XII. und des Vatikans während des Zweiten Weltkriegs. Als einer der ersten Publizisten machte er die umfassenden Akten über die Aktivitäten des Heiligen Stuhls während des Weltkriegs einer breiteren internationalen Öffentlichkeit zugänglich. Stehle war es auch, der die umstrittene Rolle des österreichischen Bischofs Alois Hudal (1885-1963) enthüllte, der seit 1923 Rektor des deutsch-österreichischen Nationalkollegs Santa Maria dell'Anima war und sich in den 1930er Jahren als "Brückenbauer" zwischen Rom und dem NS-Regime betätigen wollte.
Stehle griff durch brisante Interviews auch in die kirchenpolitische Diskussion ein. So führte er im Herbst 1991 ein Aufsehen erregendes Doppelinterview mit den Kardinälen Franz König und Joseph Ratzinger über zentrale Fragen der Entwicklung der katholischen Kirche.
Nach dem Geschichtsstudium in Deutschland und Italien promovierte Hansjakob Stehle 1950 über das politische Weltbild des barocken Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz. Von 1955 bis 1963 war er Redakteur und erster Polen-Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). Ab 1964 war er ständiger Mitarbeiter der "Zeit". Von 1964 bis 1970 war er (von Wien aus) Ost- und Südosteuropa-Korrespondent, von 1970 bis 1988 Rom-Korrespondent deutscher Rundfunkanstalten.