Sandskulptur des Jan Hus auf dem Scheiterhaufen in Pisek, Südböhmen.
Sandskulptur des Jan Hus auf dem Scheiterhaufen in Pisek, Südböhmen.
Anlässlich des 600. Todestages des böhmischen Reformators Jan Hus rief Papst Franziskus zu einer Neubewertung des Falls auf.
Papst Franziskus hat sein „tiefes Bedauern über den grausamen Tod“ des böhmischen Reformators Jan Hus (1370 bis 6. Juli 1415) geäußert und zu einer Neubewertung des Falls aufgerufen.
Hus, der lange Zeit „Streitobjekt“ unter den Christen gewesen sei, sei heute „Anlass des Dialoges“ geworden, sagte Franziskus jüngst vor einer Delegation der Böhmischen Brüder und der Hussitischen Gemeinschaft im Vatikan.
Anlass des Besuchs war der 600. Todestag des böhmischen Reformators.
Geboren wurde Jan Hus 1370 als Sohn eines Fuhrmanns in Husinec. Die nach ihm benannte Bewegung der Hussiten geht zum Teil auf sein Wirken zurück. Nach dem Besuch der Lateinschule begann Jan Hus 1386 ein Theologiestudium an der Prager Universität, zehn Jahre später erhielt er den Grad des Magister Artium. 1400 wurde er zum Priester geweiht und begann seine theologischen Vorlesungen. Ein Jahr später wurde er zum Dekan der Universität ernannt.
Die theologischen Überzeugungen von Hus näherten sich dem englischen Bibelübersetzer John Wyclif an. Wie dieser trat er für die Autorität des Gewissens ein und kritisierte den weltlichen Besitz der Kirche, wobei er seine theologischen Aussagen mit tschechisch nationalen Ideen vermischte.
1402 wurde Hus Professor der Theologie. Über die Predigten von Hus gingen beim Bischof Beschwerden ein mit der Folge, dass er sein Priesteramt nicht mehr ausüben konnte.
1410 verlor Hus sein Amt als Professor und wurde aus Prag verbannt. Mit Unterstützung aus dem Volk setzte er seine Predigten noch fort, floh aber 1412 aus Prag. 1413 verfasste Hus sein Hauptwerk „De Ecclesia“, in dem er die Fehler der Kirche anprangerte.
1414 fand auf Anregung des römisch-deutschen Königs Sigismund von Luxemburg das Konzil von Konstanz statt, um die Einheit der Kirche und des Reiches zu bewahren.
Dem Reformator Hus hatte der König freies Geleit zugesagt. Trotzdem wurde Hus in Konstanz verhaftet und unter den Augen des Königs am 6. Juli 1415 zusammen mit seinen Schriften verbrannt. Seine Asche wurde in den Rhein gestreut.
Papst Franziskus erinnerte in seiner Ansprache daran, dass Johannes Paul II. 1999 sein „tiefes Bedauern über den grausamen Tod von Jan Hus“ ausgedrückt und ihn als Kirchenreformer gewürdigt habe.
Hieran müsse die Forschung heute „ohne ideologische Vorurteile“ anknüpfen. Dies werde ein „wichtiger Dienst an der historischen Wahrheit, an allen Christen und an der ganzen Gesellschaft, auch jenseits der Grenzen eurer Nation sein“.
Franziskus zeigte sich zuversichtlich, dass die „Auseinandersetzungen der Vergangenheit“ endgültig überwunden werden könnten. Nötig sei ein „Weg der Versöhnung und des Friedens“. „In diesem Sinne hoffe ich, dass sich freundschaftliche Beziehungen auch auf der Ebene der lokalen Gemeinschaften und Gemeinden entwickeln.“
Bei einem ökumenischen Gottesdienst in der Prager Teynkirche hat das Gedenken an die Hinrichtung des Reformators Hus einen weiteren Höhepunkt erreicht. Der Prager Alterzbischof Kardinal Miloslav Vlk bezeichnete die Bußfeier als „historisches Ereignis“, denn noch niemals in der Geschichte der Kirchen in Tschechien habe es „sich ereignet, dass sich die Kirchen im wechselseitigen Dialog in der Lösung und Betrachtung einer bestimmten Frage einig wurden“.
Jan Hus sei „ein Mensch einer anderen Zeit“ gewesen, heute jedoch seien die Gläubigen aller Konfessionen aufgerufen, sich auf die verbindenden Elemente zu besinnen, sagte Vlks Nachfolger Kardinal Dominik Duka.