Am 28. und 29. April reist Papst Franziskus nach Ägypten
Am 28. und 29. April reist Papst Franziskus nach Ägypten
Das Leben koptischer Christen wird von Islamisten bedroht. Papst Franziskus möchte mit seinem Ägyptenbesuch den Glaubensbrüdern Mut machen.
Am 28. und 29. April reist Papst Franziskus nach Ägypten. Seine Reise ins Land des Nils wird vom islamistischen Terror überschattet: Drei Wochen vor seinem Besuch in Kairo detonierten am Palmsonntag, 9. April, Sprengsätze in zwei koptischen Kirchen in Tanta und Alexandria und rissen 46 Menschen in den Tod.
„Es ist ganz wichtig, dass Papst Franziskus den Besuch nicht abgesagt hat. Das ist ein ausgesprochenes Hoffnungszeichen für alle Ägypter, insbesondere für die Kopten und alle anderen Christen, aber auch für sehr viele Muslime, die darin ein Zeichen des Vertrauens sehen, dass der Papst kommt“, sagt Erich Leitenberger, Pressesprecher der ökumenischen Stiftung „Pro Oriente“ im Interview mit dem SONNTAG. „Die große Mehrheit der ägyptischen Bevölkerung, auch die muslimische Mehrheit verfolgt nicht die Linie der Islamisten.“
Es gibt seit Jahresbeginn Ankündigungen der Islamisten, dass sie die Kopten gezielt treffen wollen. Es sind daraus Konsequenzen gezogen worden, indem die Sicherheitsvorkehrungen bei Kirchen, Klöstern, kirchlichen Einrichtungen wesentlich verstärkt worden sind.
Aber eine hundertprozentige Sicherheit ist durch Polizeimaßnahmen oder durch Einsatz des Militärs nicht zu erreichen. „Für die Kopten gehört das Martyrium für den Glauben zu ihrer Geschichte. Dieses spirituelle Konzept des Martyriums begleitet sie von den ersten Tagen der Evangelisierung an bis heute. Es gibt wahrscheinlich den koptischen Christen die Kraft, in einer schwierigen Situation ohne Hass und ohne Furcht zu leben“, sagt Erich Leitenberger.
Die koptische Kirchengeschichte vom ersten Jahrhundert bis heute ist durch eine ungewöhnlich große Zahl nicht nur von Heiligen, sondern von sehr vielen Märtyrern gekennzeichnet. Die Geschichte der Märtyrer ist unter den koptischen Gläubigen sehr präsent – von Kindheit an. „Die koptische Kirche hat ein sehr interessantes Sonntagsschulsystem. Es ist viel mehr als ein schlichter Religionsunterricht, eine Vermittlung der koptischen Geschichte und Spiritualität, eine Vermittlung natürlich insbesondere des Evangeliums.
Daher wachsen die Kopten mit diesem Bewusstsein auf, dass es immer wieder den Ernstfall des Glaubens geben kann, wo es darum geht, in Treue zu Jesus Christus und zum Evangelium zu stehen.“
Der ehemalige langjährige Chefredakteur der Katholischen Presseagentur „Kathpress“ Erich Leitenberger erinnert an die schwierige Situation auf der Sinai-Halbinsel, insbesondere im Nordteil mit der Provinzhauptstadt Al-Arisch: „Es mussten seit Beginn des Jahres viele koptische Familien die Halbinsel verlassen, weil sie einem kontinuierlichen Druck und Drohungen von islamistischer Seite ausgesetzt waren. Es hat mindestens acht Mordfälle im kurzen Abstand hintereinander gegeben, in Al-Arisch und in anderen Orten im nördlichen Sinaigebiet.
Ungezählte Menschen haben sich veranlasst gesehen, über den Suezkanal nach Westen entweder in die Stadt Ismailia, eine große bedeutende Industriestadt am Suezkanal, oder überhaupt nach Kairo zu gehen.“ Darüber hinaus ist die koptische Gemeinschaft vor allem in jenen Gebieten, wo sie zahlenmäßig sehr stark ist, in Oberägypten, einer ständigen Konfrontation mit islamistischen Kräften ausgesetzt. Koptische Intellektuelle verweisen sehr offen auf ein mangelndes Vorgehen der ägyptischen Sicherheits- und Justizbehörden.
Leitenberger: „Wenn es in einem kleinen Dorf oder in einer kleinen Stadt Probleme gibt, ist die ägyptische Methode immer, dass es zu einem sogenannten Versöhnungstreffen zwischen Repräsentanten der koptischen Kommunität und Repräsentanten der islamistischen Strömungen kommt. Diese Treffen gehen, wie die Kritiker meinen, zumeist eher zum Nachteil der Kopten aus.“ Viele koptische Vertreter wünschen sich, dass die staatlichen Behörden konsequent die Gesetze anwenden und Verbrechen – vom Einbruch, Abfackeln eines Hauses bis hin zu leichter oder schwerer Körperverletzung und zu Mordtaten – bestrafen. „Das würde in der koptischen Bevölkerung ein stärkeres Sicherheitsbewusstsein erzeugen“, sagt Leitenberger.
Es wurde oft darauf hingewiesen, dass die Kopten die Absetzung des islamistisch gesonnenen Präsidenten Mursi und die Machtübernahme durch den jetzigen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi begrüßt hätten. „Da mag einiges dran sein, wenn man sich von al-Sisi verspricht, dass er eine konsequente Politik der Gleichberechtigung verfolgt. Er hat in zahllosen öffentlichen Auftritten immer wieder betont, es geht ihm darum, ein neues Ägypten zu bauen, in dem alle Bürger gleiche Rechte und gleiche Pflichten haben, ganz unabhängig von ihrer Religion“, sagt Leitenberger und nennt als Beispiel die Gleichberechtigung beim Neubau und bei der Restaurierung von Gotteshäusern, egal um Kirche oder Moschee. Oder die gleichen Karrieremöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung, im Justizwesen, beim Militär, bei der Polizei – für Muslime und Christen.
Apostolische Reise von Papst Franziskus nach Ägypten
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