Jugendliche aus ganz Europa können am Europäischen Solidaritätskorps teilnehmen.
Jugendliche aus ganz Europa können am Europäischen Solidaritätskorps teilnehmen.
Das Europäische Solidaritätskorps schafft Möglichkeiten für junge Menschen, an Freiwilligenprojekten im eigenen Land oder im Ausland teilzunehmen. Eine Initiative der Europäischen Union mit dem Ziel, notwendige Solidarität in Europa zu fördern und zu stärken.
Ein Gespräch mit Jörg Wojahn, Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich und EU-Botschafter.
Welchen Stellenwert hat Solidarität für unsere Gesellschaft?
Solidarität ist Teil der grundlegenden DNA der Europäischen Union. Einer der Gründe, warum wir überhaupt existieren, ist, dass reichere Länder solidarisch sind mit weniger wohlhabenden Ländern. Diese Solidarität der Länder ist innerhalb der EU notwendig und auch außerhalb Europas. Wir sehen uns nämlich definitiv nicht nur in einer europäischen Blase, sondern als Bewahrer des Multilateralismus und der Solidarität auch nach außen.
Wie definiert die EU Solidarität?
In einer Gemeinschaft, in der Menschen und Staaten zusammenleben, hat jeder seine Stärken und Schwächen. Solidarität bedeutet, dass man so über die eigenen Grenzen hinaus zusammenarbeitet, dass man mit den eigenen Stärken den anderen bei deren Schwächen hilft. Das hat letztlich sehr viel mit Gerechtigkeit zu tun. Wir sind eine Rechtsgemeinschaft, in der sich idealerweise alle Bürger gerecht behandelt fühlen sollten. Die EU hat deshalb den klaren Auftrag, die soziale Stellung innerhalb der Länder anzugleichen.
In Europa gibt es einen zunehmend stärker werdenden Nationalismus und vielerorts einen politischen Rechts-Ruck. Ist das eine Gefahr für Solidarität?
Nationalismus ist die größte Gefahr für das Projekt Europäische Union überhaupt! Nationalismus ist ein Ausdruck von Egoismus und bringt Menschen dazu, dass sie im Verkennen ihrer eigenen Interessen handeln. Nur dort, wo Solidarität gelebt wird, geht es letztendlich den Menschen gut und nur dort entstehen wirtschaftliche Erfolgsgeschichten, die uns allen gut tun.
Was für Erfolgsgeschichten?
Spanien ist zum Beispiel als armes Land in die EU gekommen. Heute ist es hingegen hoch technisiert und führend in der Telekommunikation und auf anderen Sektoren. Doch wir brauchen gar nicht so weit weg zu schauen: Auch die Region um Bratislava hat seit der EU-Ost-erweiterung einen großen Wohlstand erreicht, der mittlerweile auf Augenhöhe mit Wien liegt. Und das strahlt aus bis ins Burgenland, wo Leute aus Bratislava nach Parndorf und Hainburg zum Einkaufen kommen, oder in den Thermen im Nordburgenland urlauben. Dieser Umstand kurbelt jetzt im Burgenland die Wirtschaft an und zeigt uns quasi vor der eigenen Haustür, wie positiv sich die Solidarität der EU auswirken kann.
Abseits von Ihrer Funktion als Diplomat: Wo sind Sie solidarisch?
Wir haben als Familie ein Patenkind in Burkina Faso, das wir unterstützen.
Und ich versuche im Alltag Menschen mit kleinen Beiträgen zu unterstützen, indem ich zum Beispiel immer die Obdachlosenzeitung kaufe und bedürftigen Menschen Geld gebe. Das ist mir sehr wichtig.
Wie kann Religion zur Solidarität beitragen?
Religion ist prädestiniert für die Unterstützung der Solidarität. Barmherzigkeit und Caritas sind zentrale Elemente einer solidarischen Gesellschaft. Aber dabei ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. Deswegen gilt es, nicht nur solidarisch mit Leuten aus der eigenen Familie, Region und Religion zu sein. Sondern wahre Solidarität bedeutet, auch denen zu helfen, die einem nicht nahe stehen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, die eine andere Religion und eine andere Kultur haben.
Was muss noch getan werden?
Als EU sind wir gefragt, durch praktische Solidarität noch besser unterstützend zu wirken – vor allem auch finanziell. Deswegen sind spezielle Sozialfonds sehr wichtig, die auf Minderheiten und sozial schwache Menschen ausgerichtet sind. Gerade auf Minderheiten in nationalistischen Staaten, in denen ganze Gruppen ausgeschlossen werden.
Außerdem möchten wir das Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, damit noch mehr Verständnis da ist, was die EU bringt. Stabile Wirtschaft, soziale Systeme, Agrarförderungen, Friede – das alles ist nicht selbstverständlich, sondern das sind Früchte der Solidarität der EU.
Welche Rolle spielt dabei das Europäische Solidaritätskorps?
Damit wollen wir Solidarität für junge Menschen ganz konkret spürbar und erlebbar machen. Man kann sich bewerben und entweder im eigenen Land oder in einem anderen EU-Land bei einem solidarischen Projekt oder Einrichtung für eine Zeit lang mitarbeiten. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Anreise werden dabei zur Gänze übernommen. Das Europäische Solidaritätskorps ist deshalb für uns als EU ein sehr zentrales Projekt, das Grenzen überschreitet und ganz konkret zu einer solidarischen Gesellschaft beiträgt.
Europäisches Solidaritätskorps
Informationen und Anmeldung online unter:
www.solidaritaetskorps.at
Übersicht über alle Projekte und Organisationen. Und: Suchfunktion für offene Einsatzplätze für Freiwilligendienste in ganz Europa.
Online unter: europa.eu/youth/volunteering/project_de. Für alle Jugendlichen im Alter zwischen 17 und 30, die gerne an solidarischen Projekten und Organisationen im In- und Ausland mitarbeiten möchten.
Diakon Árpád Paksánski der Pfarre Hildegard Burjan ist Projektverantwortlicher für den Europäischen Freiwilligendienst in der Pfarre.