Die ursprüngliche Botschaft des Geburtsfestes Jesu sei zwar im Zuge der Kommerzialisierung und Banalisierung entstellt, aber nicht umgebracht worden, betonte die Theologin.
Die ursprüngliche Botschaft des Geburtsfestes Jesu sei zwar im Zuge der Kommerzialisierung und Banalisierung entstellt, aber nicht umgebracht worden, betonte die Theologin.
Wiener Liturgiewissenschaftlerin Fischer: "Selbst am heuer verbotenen Punschstand und im kindlich-nostalgischen Sentiment werden Impulse zum Guten und zur Nächstenliebe konkret".
Weihnachten muss nicht unbedingt einen religiös-kirchlichen Charakter haben: Auch ein "säkulares Weihnachtsfest" bringe die Sehnsucht nach Frieden und Versöhnung zum Ausdruck. Das hat die Wiener Theologin und Programmleiterin der "Akademie am Dom", Ingrid Fischer, betont. "Selbst am heuer verbotenen Punschstand und im kindlich-nostalgischen Sentiment werden Impulse zum Guten und zur Nächstenliebe konkret, wie u.a. das inzwischen unverzichtbare Spendenaufkommen für karitative Zwecke zeigt", so die Liturgie-Expertin.
Weihnachten gehöre niemanden, auch wenn die Art, wie man Weihnachten feiere, mit bestimmten Besitzansprüchen verbunden wären, stellte die Theologin klar. "So unterschiedlich die Motive sein mögen, sie nehmen einander nichts weg", antwortete Fischer auf die Frage "Wem gehört Weihnachten?", zu der sie jüngst auch eine eigene Online-Veranstaltung organisierte.
"Alle, die Weihnachten feiern, beanspruchen das Geburtsfest Christi in ihrer Weise für sich", egal ob Christinnen und Christen, aber auch aus verschiedenen Gründen Nicht-Glaubende oder religiös Indifferente. "Sogar manche liberale muslimische und jüdische Gläubige kennen Baum, Bescherung für die Kinder und ein familiäres Festessen."
Die Frage, wie nun Weihnachten zu feiern sei oder wer dieses Fest feiern dürfe, beantwortet sich auch aus der Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte des Festes. "Es dauert ja 300 Jahre, bis die Kirche überhaupt ein Geburtsfest gefeiert hat - und dann entstehen fast zeitgleich sogar zwei: Weihnachten im Westen und Epiphanie im Osten", erklärte Fischer.
Zu großen Beliebtheit des Festes habe auch sein Datum zur Wintersonnwende beigetragen, das die Theologin als attraktiv und von großer Symbolkraft bezeichnete, "weshalb man vermutet hat, der unbesiegte Sonnengott der Römer habe sein angeblich 'uraltes' Geburtsfest an Jesus Christus 'abtreten' müssen". Die Geburtserzählungen nach dem Matthäus- und Lukas-Evangelium ließen wiederum erkennen, für wen der Messias komme: für Israel und "die Völker", für das Menschengeschlecht seit Adam und alle Menschen "guten Willens".
Das zur Wintersonnenwende verortete Weihnachtsfest gelte zumindest in der nördlichen Hemisphäre, wo es im Dezember dunkel und kalt ist, von Anfang an als "erfolgreicher existenzieller Mutmacher in den Dunkelheiten des Lebens".
Die ursprüngliche Botschaft des Geburtsfestes Jesu sei zwar im Zuge der Kommerzialisierung und Banalisierung entstellt, aber nicht umgebracht worden, betonte die Theologin. "Was es zu sagen hat, kann am besten aus den liturgischen Texten und Gesängen des Weihnachtsfestkreises - der Eucharistiefeiern und der Tagzeitenliturgie - gelernt werden, die 'alle Jahre wieder' kommen, aber ein Leben lang nicht ausgeschöpft werden können", so Fischer über den biblischen und christologischen Reichtum.
"Das mir persönlich Kostbarste ist seine österliche Botschaft vom 'Wunderbaren Tausch', in dem Gott arm wird, um den Menschen reich zu machen", sagte die Theologin. Das impliziere jedoch nicht die teils überzogenen Ansprüche an das Fest - "alles muss perfekt, idyllisch und gefühlvoll sein - das endet nicht selten in Überforderung, Enttäuschung, manchmal leider Gewalt". Da das christliche Weihnachtsfest aus der Ostererfahrung komme, müsse auch Leid, Trauer und Scheitern nicht ausblendet werden. "Das Verständnis der Krippe vom Kreuz her ist ebenso ernüchternd wie wohltuend: Das Jawort Gottes, das er auch in der größten Katastrophe, am Kreuz, nicht zurücknimmt, ist immer schon gesprochen - und liegt am Weihnachtsabend in der Krippe", so Fischer abschließend.