Und überall bezeugen die Steine unserer Kirchen, Kapellen und Marterl, dass Menschen hier Christus bei sich aufgenommen haben.
Und überall bezeugen die Steine unserer Kirchen, Kapellen und Marterl, dass Menschen hier Christus bei sich aufgenommen haben.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum Palmsonntag, 4.04.2004
(Lk 22,14-23,56)
Ostern in Jerusalem: das höchste jüdische Fest! Gefeiert wird die Befreiung aus Ägypten, als das jüdische Volk aus der Sklaverei in Ägypten loskam und aus der Bedrohung durch Pharaos Heeresmacht wunderbar durch das Rote Meer hindurch gerettet wurde.
Jahr für Jahr wird bis heute Pesach als das bedeutendste Fest des jüdischen Kalenders gefeiert. Damals, zur Zeit Jesu, kamen Unmengen von Pilgern nach Jerusalem, bis zu hunderttausend. Die Stadt war nicht nur völlig überfüllt, sie war auch in Hochspannung. Denn nach jüdischem Glauben ist Pesach nicht nur ein Fest der Erinnerung an den Exodus, den rettenden Auszug aus Ägypten. Es ist auch ein Fest der Hoffnung. An Ostern, so erwarten viele, soll Israel neuerlich gerettet werden. Zu Ostern soll der Messias kommen, der sein Volk aus aller Not befreien soll. Dementsprechend groß war Jahr für Jahr die Spannung in Jerusalem: Wird heuer vielleicht der ersehnte Erlöser kommen?
Die Alarmbereitschaft der römischen Besatzungstruppen war deshalb auf Stufe eins. Immer wieder kam es an Ostern in Jerusalem zu Aufständen der Juden gegen die Römer, die von diesen blutig und grausam niedergeschlagen wurden. Die Anführer wurden dann gerne zur Abschreckung durch die Kreuzigung hingerichtet.
Das also ist der Hintergrund für das heutige Evangelium, den Einzug Jesu in Jerusalem. Noch ein Hinweis zum Verständnis: Die Jerusalempilger, die oft tagelang zu Fuß unterwegs waren, freuten sich ganz besonders auf den Moment, an dem sie den ersten Blick auf Jerusalem werfen konnten. Das war auf dem Ölberg, östlich von Jerusalem. In den Dörfern vor dem Ölberg hielten die Pilger deshalb an und bereiteten sich auf den Einzug in Jerusalem vor, wie das viele Mariazellwallfahrer auch heute tun, wenn sie nahe dem Ziel sind.
Auch Jesus bereitete sich bei jeder Wallfahrt vor. In diesem Jahr (es dürfte das Jahr 30 gewesen sein) tut er aber etwas Besonderes. Er lässt sich einen Esel holen und setzt sich auf ihn. Und als sie auf den Ölberg kommen, an den Ort, wo man zum ersten Mal Jerusalem und den prachtvollen Tempel sieht, da bricht Begeisterung aus, und Jesu Begleitung beginnt, ihm zuzujubeln. Der Grund ist klar: Sie glauben, dass er der ersehnte Messias, der Retter seines Volkes ist. Jetzt, wenige Tage vor dem Osterfest, zieht er in Jerusalem ein. Jetzt beginnt die Befreiung. Sie rufen ihm zu, er sei der König von Israel, der im Namen Gottes kommt. Frieden werde er bringen, und das kann nur heißen: eine gute, neue Zeit.
Wie viele bemerkten diese kleine Schar, die da mit Jesus in die Stadt einzieht? Die römische Beatzung hat nicht eingegriffen. Wäre es ein großer Menschenstrom gewesen, sie hätten sicher eingegriffen. Einige besorgte Pharisäer wollen die Jünger Jesu zum Schweigen bringen: Macht keinen Wirbel, sonst greifen die Römer wieder ein! Jesu Antwort wurde zum Sprichwort: „Wenn sie schweigen, werden die Steine reden.“
Jesus kommt ohne großen Lärm in seine Stadt, in den Tempel, das Haus seines Vaters. Nur wenige beachten seine Ankunft. Nicht mit großem Pomp, sondern bescheiden auf einem Esel zieht er ein. Bis heute ist es so geblieben. Jesus kommt meist unspektakulär in unser Leben.
Aber sein Kommen bringt Freude und Hoffnung. Durch den Glauben können wir ihn empfangen. Wie viele Generationen vor uns haben gläubig Christus die Türen ihres Lebens geöffnet! Und überall bezeugen die Steine unserer Kirchen, Kapellen und Marterl, dass Menschen hier Christus bei sich aufgenommen haben.
In jener Zeit ging Jesus nach Jerusalem hinauf. Als er in die Nähe von Betfage und Betanien kam, an den Berg, der Ölberg heißt, schickte er zwei seiner Jünger voraus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt.
Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr ihn los?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn.
Die beiden machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie den jungen Esel losbanden, sagten die Leute, denen er gehörte: Warum bindet ihr den Esel los? Sie antworteten: Der Herr braucht ihn. Dann führten sie ihn zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und halfen Jesus hinauf. Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf der Straße aus.
Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten.
Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe! Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, bring deine Jünger zum Schweigen!
Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.