Jeder Abschied hinterlässt Trauer, vor allem wenn er endgültig ist. Der Abschied, von dem heute die Rede ist, war von dieser Art. Jesus verlässt seine Freunde, und das auf eigene Weise: „Er wurde zum Himmel emporgehoben.“ „Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken“, schreibt Lukas in seinem ausführlichen Bericht in der Apostelgeschichte. Dieses Ereignis gibt dem heutigen Fest seinen Namen: „Christi Himmelfahrt“. In Österreich ist dieser kirchliche Feiertag dank Konkordat auch staatlich, was vielen die Möglichkeit gibt, ein verlängertes Wochenende zu genießen. Es überrascht nicht, dass dies für viele ein Grund zur Freude ist.
Überraschend ist hingegen die Reaktion der damals vom Abschied Jesu Betroffenen. Lukas sagt in seinem Bericht, die Freunde Jesu seien „in großer Freude nach Jerusalem zurückgekehrt, als Jesus für sie nicht mehr sichtbar war“. „Wir würden das Gegenteil erwarten. Wir würden erwarten, dass sie ratlos und traurig zurückkehren“, schreibt Papst Benedikt in seinem Jesus-Buch. Wie soll ihr Leben weitergehen ohne die Nähe Jesu, mit dem sie so verbunden waren? Ich stelle mir vor, wie schwierig es für sie gewesen sein muss, jetzt den Auftrag zu erfüllen, den Jesus ihnen gegebene hat: Sie sollen überall Zeugen dafür sein, dass Jesus auferstanden ist und lebt: „Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem … und bis an die Grenzen der Erde.“
Im Grunde ist es bis heute nicht anders: Christen haben nach wie vor den Auftrag, Zeugnis zu geben, dass Jesus lebt und wirkt. Das fühlt sich recht unmöglich an. Wie soll ich glaubhaft bezeugen, dass dieser Jesus, der wie ein Gescheiterter dasteht, doch der Retter und Erlöser ist, nicht nur für seine damaligen Freunde, sondern für alle Menschen? Was gab damals seinen Jüngern eine solche Freude, als er sie verließ? Und warum hat diese Freude nie ganz aufgehört, bis heute?
Die „Himmelfahrt“ Jesu war nicht eine Art Raumfahrt, ein Entschwinden in irgendeine Tiefe des Kosmos. Sie ist eine neue, bleibende Art, wie Jesus gegenwärtig ist. Sie ist der Grund, warum die Jünger Jesu eine solche Freude erlebten. Papst Benedikt sagt es ganz einfach: „Christentum ist Gegenwart“, Nähe Gottes, Erfahrung, dass Jesus bei uns ist. Dafür gibt der Bericht des Lukas heute ein starkes Bild. Jesus führt seine Jünger auf eine Anhöhe bei Jerusalem. „Dort erhob er seine Hände und segnete sie. Und es geschah: Während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben.“ Jesus ist nicht mehr an einen Ort gebunden. Weil er bei Gott ist („im Himmel“), ist er bei uns Menschen. Seine segnenden Hände hält er über unsere Welt und über alle Menschen, unsichtbar, aber wirksam. Was brauchen wir Wichtigeres als seine segnenden Hände? Ich liebe ein Lied, das gut zum heutigen Fest passt: „Herr, wir bitten: Komm und segne uns, lege auf uns deinen Frieden. Segnend halte Hände über uns. Rühr uns an mit deiner Kraft.“