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11.07.2019 · Aus der Diözese · Spiritualität

Auf der Suche nach dem Glück: Gesegnete Mahlzeit

„Ein gutes Essen zu genießen, ist weit mehr als Nährstoffe zu uns zu nehmen und uns damit am Leben zu erhalten“, sagt Karl-Heinz Steinmetz.

Ein gutes Essen ist eine Wohltat für Körper, Geist und Seele. Aber warum und vor allem unter welchen Begleitumständen macht uns Essen – in unserer vom Überfluss geprägten Welt – noch glücklich und zufrieden?


Ein Gespräch mit dem Theologen und Medizinhistoriker Karl-Heinz Steinmetz im Rahmen unserer Sommerserie „Auf der Suche nach dem Glück“.

Mein Sohn und ich haben beschlossen, uns für unsere Sommerserie, für unsere Suche nach dem Glück, auch einer unserer Lieblings- Sommerbeschäftigungen zu widmen: Dem Eis essen. Wir testen uns deshalb derzeit durch alle möglichen Eissalons. Das trifft sich auch noch gut, denn unser Lieblingseissalon hat vor einiger Zeit geschlossen und seither fühlen wir uns eistechnisch fast ein bisschen „heimatlos“.

 

Ein Luxusproblem, zugegeben, aber gerade bei dem derzeit herrschenden Wetter, bietet es sich ja geradezu an, nach einem Ersatz zu suchen. Und erfreulicherweise gibt es in der weiteren – aber mit dem Fahrrad durchwegs gut erreichbaren – Umgebung den einen oder anderen Anbieter.

 

Als wir letztens also wieder vor einem neuen, sprich uns unbekannten, Eissalon stehen, sagt mein Sohn fröhlich: „Keine Frage, Eis essen macht mich glücklich und zufrieden. Und Schnitzel essen, nebenbei bemerkt, auch.“


Ein für mich nachvollziehbarer Gedanke. Prinzipiell. Aber, so frage ich mich, kann man bei gutem Essen, bei Lieblingsessen tatsächlich von „glücklich und zufrieden machen“ sprechen. Muss ich, wenn ich mich auf die Suche nach dem Glück mache, sozusagen auch in einer Küche nachschauen?


Mehr als Nährstoffaufnahme

Macht uns essen glücklich und zufrieden und wenn ja, warum, frage ich deshalb wenige Tage später den Theologen und Medizinhistoriker Karl-Heinz Steinmetz. Ich habe ihn um ein Interview zu diesem Thema gebeten, weil er sich seit vielen Jahren mit Traditioneller Europäischer Medizin (TEM) beschäftigt und weiß, was das Christentum im Bereich Ernährungslehre anbieten kann.  


„Ein gutes Essen mit Freunden und Familie zu genießen, ist weit mehr als Nährstoffe zu uns zu nehmen und uns damit am Leben zu erhalten“, sagt Karl-Heinz Steinmetz.

 

„Bei einem guten Essen geht es damit auch nicht nur darum, dass die Speisen den Geschmack der Mitessenden treffen. Da geht es vor allem um eine gute Atmosphäre am Tisch, mit guten Gesprächen, angenehmer Musik, passenden Genussgetränken. Ein gutes Essen ist eine Wohltat für Körper, Geist und Seele.

 

Ein Höhepunkt des Menschseins, wenn Sie so wollen, ist das Mahlhalten.“ Ein gutes Essen in diesem Sinne habe damit natürlich auch durchwegs das Potential, glücklich und zufrieden zu machen.

 

„Zeit nehmen fürs Essen, für ein Gespräch, für das Miteinander – das tut gut“, ist Karl-Heinz Steinmetz überzeugt. Ob es sich dann bei diesem Essen um ein mehrgängiges Menü handle, oder eine Mahlzeit, die „nur“ aus einem guten Brot, Butter und einem Glas Wein – oder für all jene, die kein alkoholisches Getränk zu sich nehmen wollen ein anderes Genussgetränk wie eine selbstgemachte Kräuterlimonade oder einen Smoothie – besteht, sei da durchaus nebensächlich. „Selbstgewählte Reduktion auf wenige gute Dinge kann ja etwas sehr Feines sein.“


Europäische Weisheiten nicht vergessen

„Das Thema Ernährung hat ja generell einen wichtigen Stellenwert in der Traditionellen Europäischen Medizin“, sagt er: „Aus früheren Jahrhunderten gibt es sehr spannende Kochbücher. Da kann man viel herausholen.

 

Spannend ist, das viele dieser alten Rezepte gar nicht mit genauen Mengenangaben arbeiten, sondern mit Verhältnissen. Da lernt man dann ganz anders kochen, ganz anders kosten, probiert aus, nimmt sich die Freiheit.“

 

Aber nicht nur, sich diese Freiheit zu nehmen, anders zu kochen, sei eine Weisheit der TEM. Eine andere ist zum Beispiel auch das „4/5 Essen“: „Da geht es darum zu spüren, wie der Magen langsam voll wird, zu spüren – wo ist meine Sättigungsgrenze und dann aufzuhören zu essen.

 

Eben 4/5 zu essen, nicht 5/5“, sagt Karl-Heinz Steinmetz: „Viele essen ja über die Sättigungsgrenze hinweg und genau das nicht zu tun, kann durchaus auch eine meditative Übung sein.“


Was die Traditionelle Europäische Medizin darüber hinaus rate? „Man soll gerne essen, es genießen und dann 4 bis 5 Stunden verdauen“, sagt Karl- Heinz Steinmetz: „Dieses dauernde Snacken zwischendurch ist eigentlich ganz schlecht.

 

Der Verdauungstrakt braucht Ruhe.“ Eine Ruhe, die der Zellgesundheit auch extrem gut tut. „Wenn man 14 bis 15 Stunden durchgehend nichts isst – da kann man ja auch die Nacht dazu nehmen, dann fällt das leichter – kann der Körper gut entgiften.“


Und auch in Bezug auf die Getränke – bei Tisch – hat die TEM Tipps: „Wasser trinken ist wichtig, gar keine Frage. Zum Essen hat Wasser aber eigentlich keinen großen Stellenwert“, betont Karl-Heinz Steinmetz: „Konkret rät die Traditionelle Europäische Medizin dazu, das Wasser trinken vom Essen zu trennen. 

 

Beim Essen sollte es nur Genussflüssigkeit geben – ein Glas Wein, ein Smoothie, fermentierte Getränke. Wasser trinken kann man zwischen den Mahlzeiten – da ist genug Zeit.“ Ein Tagesplan schaue dann in etwa so aus: Um 8 Uhr frühstücken, bis 10, 11 Uhr richtig viel trinken, ohne Einschränkung. Kurz vor dem Essen stellt man dann das Wassertrinken wieder ein.


Der Mensch ist ein Lustwesen

Und wieviel „Ungesundes“, was aber vielleicht unheimlich gut schmeckt, ist jetzt eigentlich nach den Richtlinien der TEM erlaubt, frage ich Karl-Heinz Steinmetz.

 

„Menschen sind – unter anderem – natürlich auch Lustwesen“, sagt er: „Da gehört die Gaumenlust auch dazu – die Freude daran, Dinge, vielleicht auch neue Geschmacksrichtungen auszuprobieren, etwas zu verkosten.“

 

Immer nur nach dem Lustprinzip zu gehen, sei aber sicherlich der falsche Weg und macht, „um bei ihrem Thema zu bleiben bestimmt auch auf Dauer nicht glücklich und zufrieden. Theologisch aufgeladen würde ich formulieren: Spätestens seit dem Sündenfall wissen wir, dass es nicht die beste Idee ist, der Lust immer nachzugeben.“  


Ernährungswissen braucht Zeit

Eine abschließende Frage habe ich jetzt noch an den Experten: Kann man gesundes und lustvolles Essen lernen?

 

Ja sicherlich, sagt Karl-Heinz Steinmetz, aber das ist bestimmt auch mit Anstrengung verbunden. „Eine Anstrengung aber, die sich lohnt.

 

Ernährungswissen braucht Zeit. Und bestimmt muss man auch viel ausprobieren, sich viel Wissen aneignen.“ Ganz klar rät Karl-Heinz Steinmetz, sich dabei auch von der eigenen Geschichte inspirieren zu lassen. „Ich meine damit unsere eigene europäische Geschichte. Traditionelles europäisches Wissen, wie eben die TEM – da gibt es wirklich spannende Dinge. Und am Ende steht natürlich die Herausforderung, alles Schöne und Gute, dem wir begegnet sind, auch ins Leben hinein zu holen.“

erstellt von: Der SONNTAG / Andrea Harringer
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Weitere Informationen:

Am Institut für Traditionelle Europäische Medizin bietet Karl-Heinz Steinmetz
gemeinsam mit seinem Team verschiedenste Seminare und Workshops rund um das Thema TEM an.

 

Nähere Informationen unter www.institem.com

 


 

Serie Auf der Suche nach dem Glück

Teil 1: Warum ist es für uns Menschen so wichtig, glücklich zu sein und wie kann man das Glück finden?

 

Teil 2: Jeder Tag ein Abenteuer

 


weitere Informationen zu

 

Der SONNTAG
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
1010 Wien
T +43 (1) 512 60 63
F +43 (1) 512 60 63-3970

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