Im Laufe der nächsten Woche sollen die ersten zehn Syrien-Flüchtlinge nach Österreich kommen.
Im Laufe der nächsten Woche sollen die ersten zehn Syrien-Flüchtlinge nach Österreich kommen.
Vorschlagsliste mit 42 Schutzbedürftigen erstellt in Zusammenarbeit von katholischer Kirche mit Kirchen vor Ort - Syrisch-orthodoxer Bischofsvikar Aydin führt eigene Liste von aktuell 850 Empfehlungen mit Verwandtschaftsbezügen in Österreich.
Komplex gestaltet sich die Erstellung von Vorschlagslisten für die Auswahl syrischer Flüchtlinge durch die Kirchen: Wie eine "Kathpress"-Anfrage ergab, kursieren zwei unterschiedliche Listen, die dem Innenministerium als Grundlage für die Entscheidung der ersten 250 aufzunehmenden Personen seitens der Kirchen vorliegen. Einerseits legte die katholische Kirche in Zusammenarbeit mit Kirchen vor Ort eine Vorschlagsliste mit 42 schutzbedürftigen Personen vor. Eine weitere Liste potenziell Aufzunehmender stammt vom Bischofsvikar der syrisch-orthodoxen Kirche in Wien, Emanuel Aydin, der angab, im Namen des syrisch-orthodoxen Metropoliten von Jazirah und Euphrates, Matta Roham, zu handeln.
Zu den Vorwürfen, die Regierung dürfe nicht Menschen einer bestimmten Religion bevorzugen, sagt Michael Prüller, der Pressesprecher der Erzdiözese Wien: "In dieser Aktion, mit der die Regierung 500 Menschen aus der Krisenregion nach Österreich holt, werden Christen nicht deshalb berücksichtigt, weil sie Christen sind, sondern weil sie als Christen zu einer besonders gefährdeten Minderheit in Syrien gehören. Christen sind in Syrien nicht nur durch den Krieg im Allgemeinen bedroht, sondern auch von einer Terror-und Vertreibungskampagne durch islamistische Rebellengruppen." So seien zum Beispiel aus der Großstadt Aleppo fast alle der einst 80.000 christlichen Bürger vertrieben worden. Immer wieder komme es zu Terrorakten gegen christliche Ortschaften oder Stadtviertel, werden Priester und Laien entführt und ermordet. Der Christenanteil unter den aus Syrien geflohenen Menschen sei sehr hoch – "doppelt so groß, als es dem Prozentsatz von Christen an der syrischen Bevölkerung vor dem Bürgerkrieg entspräche".
Prüller: "Wenn der Staat in einer humanitären Aktion zusätzlich zu den syrischen Flüchtlingen, die ins Land kommen, noch aktiv 500 Menschen aus der Krisenregion holt, kommt er gar nicht umhin, eine Auswahl zu treffen. Er kann entweder den Zufall entscheiden lassen oder nach dem Kriterium vorgehen, dass besonders bedrohte Gruppen auch besonders berücksichtigt werden – wie zum Beispiel syrische Christen."
Im Laufe der nächsten Woche sollen die ersten zehn Syrien-Flüchtlinge nach Österreich kommen. Sie sollen Teil jener 250 von insgesamt 500 auszuwählenden Personen sein, die das Innenministerium basierend auf den kirchlichen Vorschlägen bestimmt. Die weiteren 250 Flüchtlinge sollen vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR vorgeschlagen werden.
"Auf unserer Liste sind Personen, die sich auf der Flucht befinden und sich großteils in den Nachbarländern Syriens, also zumeist in Jordanien, Libanon und der Türkei aufhalten. Sie wurden einerseits durch die Bischöfe und Geistlichen vor Ort ermittelt, andererseits durch deren Verwandte und Angehörige, die sich in Österreich befinden", so der syrisch-orthodoxe Bischofsvikar Aydin.
Auf dieser Liste seien ausschließlich syrisch-orthodoxe Christen. Ein Großteil von ihnen habe Angehörige in Österreich. Untergebracht werden sollen sie dementsprechend bei Verwandten und Bekannten in Österreich, so Aydin. "Die Liste wird tagtäglich größer, ich bekomme immer neue Anfragen und Ansuchen. Derzeit befinden sich 850 Personen darauf", sagte der Bischofsvikar. Welche Flüchtlinge tatsächlich nach Österreich kommen und welche nicht, entscheide letztlich das Ministerium. Er selbst, Aydin, assistiere in der Flüchtlingsfrage nur dem syrisch-orthodoxen Erzbischof Matta Roham.
Die zweite Liste mit 42 potenziell Aufzunehmenden entstammt der Zusammenarbeit von katholischer Kirche mit den Kirchen in der Krisenregion. "Es handelt sich um Vorschläge, die Entscheidung liegt freilich einzig beim Innenministerium", betonte der Sekretär Kardinal Christoph Schönborns, Hubert Philipp Weber, von der Erzdiözese Wien. Man habe bei der Auswahl der vorgeschlagenen Personen noch auf Empfehlungen des entführten syrisch-orthodoxen Metropoliten Mar Grigorios Yohanna Ibrahim zurückgreifen können, so Weber. Mar Grigorios wurde bei einem Überfall in der Nähe von Aleppo von Unbekannten verschleppt.
"Im Unterschied zu den Vorschlägen von Bischofsvikar Aydin befinden sich auf unserer Liste keine Personen mit Verwandtschaftsbezügen zu Österreich. Kriterium für die Erstellung war ausschließlich die Schutzbedürftigkeit", so der Erzbischöfliche Sekretär. Ursprünglich seien keineswegs nur Christen darauf gestanden, sondern auch einige muslimische Syrer. Da jedoch angesichts der dramatischen Notlage und den undurchsichtigen Zuständen in Syrien selbst und in den Flüchtlingslagern immer wieder einzelne Personen nicht mehr auffindbar seien, befänden sich auf der aktuellen Vorschlagsliste syrische Christen unterschiedlicher Konfessionen, darunter der aramäisch-katholischen, syrisch-katholischen, chaldäisch-katholischen, syrisch-maronitischen und rum-orthodoxen Kirche.
Diese 42 zu Aufnahme empfohlenen Flüchtlinge befinden sich derzeit im Libanon und Jordanien und sollen - im Falle eines positiven Bescheids durch das Innenministerium - über Beirut nach Wien kommen. "Für eine Unterbringung innerhalb der in Österreich lebenden syrischen Community ist gesorgt", so Weber.
Neben den Kirchen greift das Innenministerium auf Vorschläge des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR zurück. Man wähle Personen nach einem Kriterienkatalog des UNHCR gemäß der obersten Prämisse der Schutzbedürftigkeit aus, so der Leiter des UNHCR-Büros in Österreich, Christoph Pinter, im Ö 1-Morgenjournal am Freitag: "Wenn sich darunter dann Personen befinden, die Anknüpfungspunkte nach Österreich haben, werden diese ziemlich sicher bevorzugt behandelt werden, weil es natürlich Sinn macht, solche Leute nach Österreich zu holen."
Unter besondere Schutzbedürftigkeit fallen laut dem UNHCR etwa medizinische Notfälle, Gewaltopfer, Kinder und Frauen. Noch zu klären sei, aus welchen Nachbarländern Syriens die Flüchtlinge nach Österreich kommen werden.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gab am Donnerstag bekannt, dass nach Übermittlung völkerrechtlicher Verpflichtungen an das UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) die ersten Syrien-Flüchtlinge bis Montag in Österreich ankommen können.
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