Ringturm mit dem Schleier der Agnes.
Ringturm mit dem Schleier der Agnes.
"Wiener Städtische" schlägt mit großflächiger Präsentation zeitgenössischer Kunst Brücke zum Stift Klosterneuburg und dessen Gründungslegende. Arnulf Rainer: "Wollte kein katholischer Christo sein"
Der österreichische Künstler Arnulf Rainer hat anlässlich der diesjährigen Verhüllung des Wiener Ringturms mit seinem großflächigen Werk "Schleier der Agnes" auf den christlichen Einfluss auf sein Schaffen verwiesen. In den 1950er-Jahren, am Anfang seiner künstlerischen Laufbahn, sei er sehr beeinflusst von der "negativen Theologie" gewesen, die inhaltliche Aussagen über Gott als unangemessen ablehnt. Er habe versucht, dies ins Bildnerische zu übersetzen und sei damals sehr fasziniert von "dieser Welt der Dunkelheit und der dunklen Formen" gewesen, so der 84-jährige Rainer in einem "Kurier"-Interview am Montag.
Bei der Ringturmverhüllung habe er daran gedacht, das ganze Gebäude in einen schwarzen Schleier zu hüllen, "aber erst einmal wollte ich kein katholischer Christo sein (der zusammen mit seiner Frau Jeanne-Claude Verhüllungsaktionen an Gebäuden wie dem Berliner Reichstag durchführte, Anm.), und zweitens war es eine Bedingung, dass die Verhüllung nicht schwarz ist, denn die Büros dahinter zehren vom Licht der Fenster".
Mit dem an den Gründungsmythos des Stifts Klosterneuburg, die sogenannte Schleierlegende rund um den heiligen Leopold und seine Gattin Agnes, erinnernde Rainer-Werk "Schleier der Agnes" setzt die "Wiener Städtische" die alljährliche Verhüllung des Ringturmes am Schottenring fort. Die feierliche Enthüllung der bedruckten Bahnen, die eine Fläche von rund 4.000 Quadratmetern einnehmen, ist für Montagnachmittag angekündigt; das Werk ist über die Sommermonate an der Fassade des markanten Hochhauses zu sehen. Arnulf Rainer verwies gegenüber dem "Kurier" auf eine Serie von Schleierbildern, die er in den 1990er-Jahren schuf, und aus denen er ein paar Vorschläge für den Ringturm auswählte.
Trotz der Bezugnahme auf das mit der "Wiener Städtischen" seit langem kooperierende Stift Klosterneuburg sei das Schleiermotiv nicht nur in katholischen Kontexten zu finden, sagte Rainer. Der Schleier sei ein Kleidungsstück und im Fall einer Schleiertänzerin "auf keinen Fall katholisch", "es hängt davon ab, was der Betrachter hineinprojiziert".
Der aus Baden stammende Künstler von Weltrang erinnerte an den legendären Priester, Mäzen und Kunstförderer Msgr. Otto Mauer (1907-73), in dessen "Galerie nächst St. Stephan" Rainer wie auch eine Handvoll anderer, mittlerweile berühmter Künstler oft ausstellte. Mauer sei ein Kämpfer für den Dialog zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst gewesen, der trotz bestehender Vorbehalte seinen Einfluss in der Kirche geltend gemacht habe. "Jetzt ist längst die nächste Generation der Geistlichen und Entscheidungsträger in der Kirche da", so Rainer, Otto Mauers "Überzeugungskraft setzt sich heute fort", parallel zu einer generell größeren Offenheit gegenüber der Moderne. Beispiele aus dem Frühwerk Rainers wie auch seiner einstigen Partnerin, der ebenfalls im Umfeld Otto Mauers tätigen und jüngst verstorbenen Maria Lassnig, sind noch bis 24. August im Essl Museum in Klosterneuburg zu sehen (www.essl.museum).
Heuer wurde die langjährige Partnerschaft zwischen Stift Klosterneuburg und Wiener Städtischer zum Anlass genommen, den Gründungsmythos des Stifts, die sogenannte Schleierlegende rund um den heiligen Leopold und seine Gattin Agnes, als Leitmotiv der Ringturmverhüllung 2014 aufzugreifen. Erstmals findet begleitend zur Verhüllung eine Ausstellung statt, die von 17. Juni bis 11. Juli 2014 im Ringturm zu sehen ist. Im Mittelpunkt steht Rainers Originalwerk sowie Werke aus dessen Serie "Schleier und Schleifenbilder" - ein Zyklus abstrakter Malereien aus den 1990er Jahren. Der zweite Teil der Ausstellung gibt Einblick in die Gründungsgeschichte des Stifts.