"Wer der Bildung für Nachhaltigkeit die Spiritualität verweigert, beraubt die Erde um den Himmel", sagt Johann Hisch, Direktor des "Vereins der Freunde von Pilgrim".
"Wer der Bildung für Nachhaltigkeit die Spiritualität verweigert, beraubt die Erde um den Himmel", sagt Johann Hisch, Direktor des "Vereins der Freunde von Pilgrim".
Dimension der Spiritualität in der Umweltbildung liefert "wesentliche Beiträge für Integration und Inklusion". Bereits 161 Bildungseinrichtungen sind Teil des "Pilgrim"-Netzwerkes.
Das Schul-Zertifikat "Pilgrim" trägt seit elf Jahren dazu bei, dass sich Jugendliche mit religiösen Aspekten von Umwelt und Nachhaltigkeit befassen. Das hat Johann Hisch, früherer Direktor des Wiener Religionspädagogischen Instituts (RPI) und nun Direktor des "Vereins der Freunde von Pilgrim", am Montag, 16. Juni 2014, in einem Interview mit "Kathpress" erklärt. Anlass gab die jüngste "Pilgrim"-Zertifizierung von 14 österreichischen Schulen, Pädagogischen Hochschulen und Bildungshäusern im Wiener Don Bosco Haus, mit der sich nunmehr 161 Einrichtungen an der Initiative beteiligen.
"Pilgrim"-Schulen verknüpfen im Unterricht Bildung für Nachhaltige Entwicklung mit Religion, Ethik und Philosophie. Dies bringt laut Hisch viel "Mehrwert", würden Religionen doch mit ihrem je eigenen Verständnis von "Welt" der Nachhaltigkeits-Debatte völlig neue Ansätze liefern: "Das Christentum betont die Schöpfung als Geschenk Gottes, dem der Mensch mit Respekt und Verantwortung begegnet und Zusammenhänge erkennt. Im Islam hingegen ist der Mensch zuerst Diener Allahs und tut alles um seinetwillen", so Hisch. Auch die Qualität der Begegnung wachse mit diesem Verständnis von- und füreinander, "Pilgrim" fördere Integration und Inklusion.
Allgemein beobachte er aber in der Gesellschaft gegenläufige Trends, zumal die Mitarbeit der Religionen beim Thema Nachhaltigkeit "strukturell unterbunden" werde, so Hisch. Dies komme teuer zu stehen: "Wer der Bildung für Nachhaltigkeit die Spiritualität verweigert, beraubt die Erde um den Himmel", so der Bildungsexperte. Die Erde drohe zu einem "Flatscreen" zu verkommen, der nach Belieben und ohne Achtsamkeit auf die Schöpfung ein- oder ausgeschaltet werden könne.
Ausgangspunkt für "Pilgrim" bildete 2002 ein Forschungsprojekt, das die Spiritualität neben Ökologie, Ökonomie und Sozialem als "vierte Dimension" in der Nachhaltigkeits-Bildung beschrieb. Schulen übernahmen das "Pilgrim"-Motto "Bewusst leben - Zukunft geben", das Bewusstsein für die Schöpfung habe sich seither aber gewandelt, berichtete Hisch: "Mit der einstigen Moralkeule der Umweltverantwortung kommt man nicht weit, zeigte sich. Vielmehr geht heute darum, Schüler zu einer neuen Beziehung zur Schöpfung - zu Pflanze und Tier genauso wie zum anderen Menschen - zu verhelfen."
Wie sehr sich auch die Kirchen und Religionsgemeinschaften für die ökumenische und interreligiöse "Pilgrim"-Idee interessieren, zeigte die Anwesenheit höchstrangiger Vertreter bei der Verleihung am 5. Juni: Neben St. Pöltens Diözesanbischof Klaus Küng nahmen Metropolit Arsenios Kardamakis (Griechisch-Orthodoxe Kirche), Superintendent Thomas Hennefeld (Evangelische Kirche H.B.), Bischof John Okoro (Altkatholische Kirche), Fuat Sanac (Islamische Glaubensgemeinschaft) und Gerhard Weissgrab (Buddhistische Religionsgesellschaft) an der Veranstaltung teil, zudem auch Vertreter aus dem Wissenschaftsministerium.
Kurze Einblicke, wie "Pilgrim"-Schulen ihre Selbstverpflichtung zu ganzheitlichem, zukunftsfähigem Umgang mit der Umwelt umsetzen, geben die Projekte der neu hinzugekommenen Schulen, darunter "Erlebnis Wasser", "Unser täglich Brot" bis hin zu sozialen Themen wie "Unsere Welt - unser Frieden". Die 161 Einrichtungen mit ihren 54.000 Schülern verstehen sich laut Hisch als "Netzwerk", mit regelmäßigem Austausch der 600 Lehrer in Studientagen und Workshops. Knapp zwei Drittel der Einrichtungen stammen aus dem öffentlichen, ein Drittel aus dem privaten Schulbereich. Bereits gestartet ist die Expansion der Idee: Auch in den Niederlanden gibt es zwölf "Pilgrim"-Schulen, die ersten fünf nun auch in Polen.