Genetiker Markus Hengstschläger und ORF-Moderatorin Claudia Stöckl beim Talk in der Akademie für Evangelisation in Wien.
Genetiker Markus Hengstschläger und ORF-Moderatorin Claudia Stöckl beim Talk in der Akademie für Evangelisation in Wien.
"Akademie für Evangelisation" startete mit "Talk"-Abend ins neue Kursjahr.
"Die Welt braucht eine Revolution der Zärtlichkeit": Über dieses Papstzitat haben bei einem "Talk"-Abend der Akademie für Evangelisation im Wiener Figlhaus am Mittwochabend, 8. Oktober 2014 ORF-Moderatorin Claudia Stöckl, der Genetiker Markus Hengstschläger sowie Michael Prüller, Kommunikationschef der Erzdiözese Wien, diskutiert.
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass eine "Revolution der Zärtlichkeit" mit solidarischem Handeln über individuelle Befindlichkeit hinaus verbunden sein muss. Claudia Stöckl bezeichnete es als Pflicht der reichen Industrienationen, dem Elend der ärmeren Regionen etwas entgegenzusetzen. Die Auffassung, man könne als Einzelperson nichts bewirken, halte sie für grundfalsch. Wenn jeder sich auf die ihm mögliche Art und Weise engagieren würde, hätte dies in Summe große Auswirkungen, so die Journalistin, die sich seit Jahren für Straßenkinder in Kalkutta einsetzt.
Genetiker und Buchautor Hengstschläger betonte, dass es im Menschen eine gewisse Veranlagung zum solidarischen Handeln und zur Empathie geben müsse. Das lasse sich zwar nicht durch medizinische Tests oder Experimente beweisen, er gehe aber davon aus, dass der Mensch ansonsten im Laufe seiner Geschichte nicht überlebt hätte. Weiters stellte sich Hengstschläger gegen die Meinung, die Menschheit würde sich durch ihre Gier nach Fortschritt letztlich selbst zerstören. Erst durch den Fortschritt wäre es nämlich möglich, von den Ungerechtigkeiten, die in anderen Teilen der Welt geschehen, zu erfahren. Allerdings: Wir seien zwar immer bestens über Missstände informiert, nur entschlossen dagegen vorgehen würden die Wenigsten, so der Genetiker.
Michael Prüller ortete zwar keinen Rückgang des Engagements der Menschen, viele würden sich aber immer weniger bereitwillig an Institutionen binden und sich stattdessen freier für unterschiedliche Dinge einsetzen. Diesen Umstand bemerkten auch die Kirchen verstärkt. Deswegen sei es für die katholische Kirche umso wichtiger, wieder mehr auf die Menschen zuzugehen und die Begegnung ins Zentrum ihrer Theologie zu stellen, so Prüller. Gerade Papst Franziskus würde diese Theologie des Begegnens und der Berührung auf einzigartige Weise vorleben.
Die "Akademie für Evangelisation", ein im Figlhaus unmittelbar hinter dem Wiener Burgtheater beheimatetes katholisches Bildungszentrum, präsentierte ein vielfältiges Kursprogramm für das Studienjahr 2014/15. Neben einer Reihe von "Talk"-Veranstaltungen mit prominenten Gästen werden auch drei große Lehrgänge zu den Themen Medienkompetenz, Europa sowie Dialog und Mission angeboten. Ziel des Bildungsprogramms ist es, verschiedene gesellschaftliche Bereiche wie Medien, Kultur und Politik mit Tiefenschärfe aus christlicher Perspektive zu beleuchten und den Dialog darüber interkonfessionell, interdisziplinär und interkulturell zu fördern.
Getragen wird die Akademie von der Gemeinschaft Emmanuel. Die Vereinigung, die seit 1973 besteht, wurde 1998 vom Heiligen Stuhl anerkannt und ist heute in rund 60 Ländern tätig. Insgesamt zählt die Gemeinschaft derzeit etwa 10.000 Mitglieder. In Österreich gehören ihr rund 120 Frauen, Männer und Jugendliche an.