Wolfgang (l.) und Ulrike (r.) Moser aus Wien haben den 17-jährigen Ebi (m.) ins Herz geschlossen: „Wir sind eine Familie!“
Wolfgang (l.) und Ulrike (r.) Moser aus Wien haben den 17-jährigen Ebi (m.) ins Herz geschlossen: „Wir sind eine Familie!“
Ulrike und Wolfgang Moser aus Wien haben trotz anfänglicher Vorurteile in ihrem Umfeld einen minderjährigen Flüchtling aus Afghanistan bei sich zuhause aufgenommen. Seit Herbst 2015 wohnt der mittlerweile 17-jährige Ebi bei ihnen im Haus. Und seitdem ist weit mehr als bloß Freundschaft entstanden...
Wenn man ins Haus von Familie Moser kommt, fühlt man sich auf Anhieb wohl. Mit den Worten: „Grüß Gott – bitte kommen Sie herein“ wird man an der Tür freundlich begrüßt. Drinnen gibt es dann gleich mal Kaffee und eine Roulade, die Ulrike Moser selbst gebacken hat. Es wird gescherzt und gelacht.
Das Einfamilienhaus in Kagran ist gemütlich eingerichtet, an den Wänden hängen Familienfotos. Hinter dem Haus befindet sich ein gepflegter Garten mit einem kleinen Teich und bunt blühenden Blumen.
„Ebi kommt gleich runter, er macht nur noch schnell die Hausaufgaben“, erklärt unterdessen Wolfgang Moser. Denn er und seine Frau beherbergen seit Herbst 2015 den 17-jährigen Ebi aus Afghanistan. „Wir haben ja selbst vier Kinder, die sind aber allesamt schon aus dem Haus. Mit Ebi haben wir jetzt ein fünftes Kind, denn wir haben ihn so sehr ins Herz geschlossen wie unsere eigenen Kinder“, sagen Ulrike und Wolfgang über den Buben, den sie bei sich aufgenommen haben.
Familie Moser ist eine von mehreren Familien in Wien, die einen minderjährigen Flüchtling bei sich beherbergen. Und das trotz vereinzelter Vorurteile, die es am Anfang im Bekanntenkreis gegeben hat: „Man hat uns gesagt, wir sollten das lieber nicht machen. Denn die Sorge war, dass wenn wir einen nehmen, dass er dann auch seine Geschwister, Eltern, Onkel, Tanten – quasi die ganze Familie - zu uns ins Haus mitnehmen würde. Gegen dieses Vorurteil hatten wir am Anfang anzukämpfen.“
Doch Ulrike und Wolfgang Moser haben Ebi trotzdem bei sich aufgenommen und erzählen voller Stolz: „Wir haben ihn so gern. Er ist eine große Bereicherung für unser Leben. Er ist ein anständiger Kerl und unsere Kinder und vor allem Enkelkinder lieben ihn. Er hilft uns im Haushalt, er ist zielstrebig und fleißig in der Schule. Und er hat uns auch kulinarisch bereichert. Wir haben gemeinsam so ein ‚Grünzeug‘ gekocht. Das schmeckt sehr gut. Und wir wiederum haben ihm sehr viel Chili besorgt, worüber er sich sehr gefreut hat. Denn was Ebi an Chili essen kann, ist beachtlich.“
In diesem Moment kommt Ebi dazu und setzt sich zu uns an den Tisch. Sofort kann man nachvollziehen, warum seine Gasteltern ihn so loben. Der junge Bursch hat eine ungemein positive Ausstrahlung, begrüßt einen offen und freundlich und spricht schon sehr gut deutsch. „Ich bin so dankbar, dass mich Uli und Wolfgang bei sich aufgenommen haben und dass sie mich so liebevoll unterstützen. Die beiden sind wie meine Eltern geworden. Wolfgang hat mir im Winter sogar Skifahren beigebracht, wofür ich ihm besonders dankbar bin. Skifahren ist der coolste Sport überhaupt, auch wenn Wolfgang sagt, dass ich eine ‚Wildsau‘ bin, da ich schneller fahre als er“, sagt Ebi schmunzelnd.
Neben dem Skifahren lernt er in seiner Freizeit in Wien Gitarre spielen, geht gerne ins Fitnessstudio, er malt bei Kursen an der Albertina und er bekommt privaten Englisch-Unterricht. Ebi besucht die vierte Klasse der Neuen Mittelschule und hat in seiner Klasse viele Freundschaften mit österreichischen Jugendlichen geschlossen.
Über die Hintergründe seiner einsamen und langwierigen Flucht nach Österreich möchte er nicht sprechen, aber man merkt an seiner Körpersprache, dass er dabei sicher viel durchleben musste.
Stattdessen blickt Ebi voller Zuversicht nach vorne: „Dank Uli und Wolfgang geht es mir in Wien super gut. Ich möchte die Schule gut abschließen und gebe mir sehr viel Mühe. Denn Talent alleine reicht im Leben nicht, es ist wichtig, hart zu arbeiten. Wenn ich die Schule abgeschlossen habe, möchte ich gerne Zahnarzt werden – das ist mein Traumberuf. Und irgendwann würde ich gerne einmal in Kanada wohnen, zumindest für ein paar Jahre“, sagt der junge Mann voller Zuversicht und Zielstrebigkeit.
Was ihm denn an Österreich besonders gut gefällt, möchte ich gerne von ihm wissen. Seine Antwort darauf überrascht mich: „Ich habe in meiner Zeit in Österreich vor allem gemerkt, dass wir Menschen alle gleich sind, egal woher wir kommen. Man vergisst zwar nie, woher man kommt, man vergisst nie seine Heimat und schon gar nicht seine Familie. Das alles prägt einen. Trotzdem sind Menschen immer Menschen – mit den selben Emotionen, Ängsten und Hoffnungen. Unabhängig davon, wo sie wohnen.“
Nachdem mir Ebi alle Interviewfragen beantwortet hat, klopft ihm Wolfgang Moser anerkennend auf die Schulter und sagt: „Gut gemacht.“ Dann schaut er mich an und führt fort: „Unser Bub…“
Zurück kommt ein dankbares Lächeln und Nicken von Ebi.
Und wer Menschenkenntnis hat, weiß, dass hier nichts gespielt oder aufgesetzt ist. Da sitzen gerade drei Menschen am Tisch, die sich gegenseitig bereichern.
Ebi aus Afghanistan hat das Glück, dass er bei richtig guten Menschen untergekommen ist, die ihn fördern und die nicht auf die Vorurteile anderer gehört haben. Und auch Herr und Frau Moser haben Glück, dass Ebi in ihr Leben getreten ist und ihr Haus und Leben wieder mit neuem jugendlichen Flair bereichert.
Mit ihrem Engagement möchte Familie Moser auch vielen anderen österreichischen Familien Mut machen, es ihnen gleich zu tun. Wolfgang Moser: „Ich lebe nach dem Pfadfindermotto: ‚Versuche die Welt ein klein wenig besser zu verlassen, als wie du sie vorgefunden hast.‘ Geben wir Menschen wie Ebi die Chance auf eine bessere Zukunft!“
Kontakt:
Ksenija Andelic.
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