(v.l.n.r.) Gesundheits-Stadträtin Sandra Frauenberger, ärztliche Direktorin des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder, Katharina Reich, und Obfrau der Wiener Gebietskrankenkassa, Ingrid Reischl.
(v.l.n.r.) Gesundheits-Stadträtin Sandra Frauenberger, ärztliche Direktorin des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder, Katharina Reich, und Obfrau der Wiener Gebietskrankenkassa, Ingrid Reischl.
Im Jahr 2011 öffnete im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien die erste Ambulanz für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung Österreichs ihre Pforten. Im Pressegespräch informierten Gesundheits-Stadträtin Sandra Frauenberger, Gebietskrankenkassa-Obfrau Ingrid Reischl und die ärztliche Direktorin des Krankenhauses, Katharina Reich, darüber.
Menschen mit Mehrfachbehinderung einen gleichwertigen und unkomplizierten Zugang zum Gesundheitswesen zu ermöglichen – das sei das ursprüngliche Ziel der drei Kooperationspartner gewesen, erzählt Stadträtin Sandra Frauenberger zu Beginn des Gesprächs. Dies wird in der Mehrfachbehindertenambulanz der Barmherzigen Brüder seit mittlerweile fünf Jahren umgesetzt.
Es ist nicht leicht, bei Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung Diagnosen zu stellen. Häufig können sich diese nicht ausreichend artikulieren. Haben sie Schmerzen, können sie das Angehörigen nicht immer mitteilen. Auch für Ärzte ist es kein leichtes Unterfangen herauszufinden, was genau den Patienten der Mehrfachbehindertenambulanz fehlt.
„Man muss sich individuell auf die Patienten einstellen. Kommunikation und Eingehen auf die Bedürfnisse der Patienten sind wichtige Meilensteile beim Erreichen der Diagnose“, betont Katharina Reich, ärztliche Direktorin des Krankenhauses. Es brauche dabei viel Geduld und Empathie. Das Team der Mehrfachbehindertenambulanz mache das möglich, und zwar „auf dem Niveau, auf dem es alle Patienten verdient haben“. Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkassa, ist ebenfalls überzeugt: „Menschen mit Behinderung haben die gleichen Rechte auf eine Gesundheitsversorgung wie alle anderen auch.“
Brigitta Weiss, die Schwester einer Patientin der Mehrfachbehindertenambulanz, wird im Rahmen des Pressegesprächs ebenfalls dazu eingeladen, ihre Erfahrungen mit dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder zu schildern. „Um meine Schwester anfangs hierher zu bekommen, mussten wir ihr erst einmal Hausschuhe kaufen. Wir kamen dann in das Krankenhaus und meine Schwester zeigte dem Portier stolz ihre Schuhe. Er stand auf und schaute sie sich an. Danach zeigte meine Schwester einer Reinigungskraft ihre Schuhe und auch diese schaute sie sich an. Das wäre, glaube ich, in einem anderen Institut gar nicht möglich, dass die Leute so auf die Personen eingehen und sich die Schuhe meiner Schwester ansehen.“
Ein anderes Mal ließ sich ihre Schwester nicht liegend in den OP-Saal bringen. Deshalb durften Brigitta Weiss und ihre Schwester zu Fuß hineingehen. Noch am selben Abend konnten sie aufgrund des guten Zustandes der Patientin das Krankenhaus verlassen, obwohl normalerweise nach eben dieser Untersuchung eine Nächtigung vorgesehen wäre. „Diese zwei Situationen muss ich weitererzählen, denn sie waren besonders. Dass man in einem Spital so empfangen wird, ist eigentlich nicht üblich“, so Weiss.
Ingrid Reischl spricht ebenfalls aus eigener Erfahrung, als sie weitere Projekte für mehrfachbehinderte Patienten vorstellt. Sie hat eine erwachsene Tochter mit Mehrfachbehinderung. Der geplante Gesundheits- und Kommunikationspass, kurz GeKo, ist ihrer Meinung nach eine großartige Innovation. „Keiner sollte meine Tochter mit ‚Frau Reischl‘ ansprechen. In diesem Pass ist also enthalten, dass man sie mit ‚Anna‘ ansprechen soll. Es ist ein Riesenvorteil, dass Ärzte und Pflegepersonal diese Informationen, an die man sonst gar nicht herankommt, durch diesen Pass schon haben“, sagt sie. Um das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder ein wenig zu entlasten, wurden mittlerweile weitere Partner in der Arbeit mit mehrfachbehinderten Menschen gefunden. Im 22. und 23. Bezirk gibt es daher mittlerweile zwei zahnmedizinische Einrichtungen, die auf Menschen mit schwerer Behinderung spezialisiert sind.