Kinderrechte sind Menschenrechte. Rechte, die nicht verliehen werden, nicht verdient werden, sondern mit denen jedes Kind geboren wird.
Kinderrechte sind Menschenrechte. Rechte, die nicht verliehen werden, nicht verdient werden, sondern mit denen jedes Kind geboren wird.
Fast 30 Jahre nach der Einführung der UN-Kinderrechtskonvention steht es in vielen Ländern um die Kinderrechte nicht zum Besten. „Auch in Österreich ist noch Luft nach oben“, sagt Veronika Schippani, 1. Vorsitzende der Katholischen Jungschar der Erzdiözese Wien.
Das Recht auf Bildung, das Recht auf Spiel und Freizeit, das Recht auf elterliche Fürsorge, das Recht auf gewaltfreie Erziehung, das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung – das alles und noch mehr hat die UNO 1989 in ihre sogenannte Kinderrechtskonvention aufgenommen.
Insgesamt sind es 54 Artikel, die klar festhalten, dass Kinderrechte Menschenrechte sind. Rechte, die nicht verliehen werden, nicht verdient werden, sondern mit denen jedes Kind geboren wird.
Soweit zumindest die Theorie. In der Praxis sieht es leider oft ganz anders aus.
„Unsere Erfahrung ist, dass Kinder in der Gesellschaft oft übersehen werden oder unter falschen Gesichtspunkten gesehen werden“, sagt Veronika Schippani von der Katholischen Jungschar der Erzdiözese Wien: „Meist heißt es dann: ,Kinder sind unsere Zukunft‘. Aber das stimmt eigentlich nicht. Kinder sind nicht unsere Zukunft, Kinder sind unsere Gegenwart. Und es sollte nicht darum gehen, Kinder gut zu versorgen, damit sie in 20 Jahren die richtige Partei wählen.
Es sollte darum gehen, sie gut zu versorgen, damit es ihnen im Hier und Jetzt gut geht. Die Politik scheint aber vielmehr daran interessiert zu sein, dass Kinder gute Erwachsene werden.
Das ist nicht der Ansatz der Kinderrechte und auf gar keinen Fall der Ansatz der Jungschar“, sagt Veronika Schippani: „Und meiner Meinung nach sollte das auch nicht der Ansatz einer christlichen Haltung sein.“
Die Jungschar sieht es deshalb als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, Kindern in unserer Gesellschaft eine Stimme zu geben. „Wir sind Lobby für Kinder, machen ihre Sicht der Dinge und ihre Bedürfnisse sichtbar und hörbar“, so Veronika Schippani: „Wir orientieren uns dabei stark an der Botschaft Jesu, der gesagt hat: ,Stellt euch auf die Seite der Schwächeren.‘“ Und die Jungschar werde auch nicht müde zu betonen, dass Kinder festgeschriebene Rechte haben, die auch eingehalten werden müssen.
Als Jungschar melde man sich etwa zu Wort, wenn es Gesetzesänderungen in Österreich gibt, die Auswirkungen auf Kinder haben und mache aufmerksam, was diese Änderungen für Kinder tatsächlich bedeuten.
Die Jungschar Österreich sei außerdem Mitglied des Netzwerks Kinderrechte Österreich, dessen Ziel und Aufgabe, die Förderung und Umsetzung der UNO-Kinderrechtskonvention in Österreich ist.
Schon lange setze sich die Jungschar dabei auch dafür ein, dass die Kinderrechte wie auch die Menschenrechte in Österreich Verfassungsrang bekommen. „Für einige ist das 2011 gelungen“, sagt Veronika Schippani: „Aber ganz wichtige wie das Recht auf Schutz vor Diskriminierung und das Recht auf gleiche Chancen für alle fehlen noch, die haben noch keinen Verfassungsrang.“
Jedes Jahr startet die Jungschar rund um den 20. November, dem Tag der Kinderrechte, verschiedene Aktionen, die die Kinderrechte mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen sollen. Jedes Jahr steht dabei ein bestimmter Artikel der Kinderrechtskonvention im Mittelpunkt.
Heuer ist das der Artikel 27, der vom Recht auf einen „angemessenen Lebensstandard“ spricht. Wörtlich heißt es hier: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard an.“
„Für unsere Kampagne haben wir diesen Artikel unter den Slogan ,Genug für alle‘ zusammengefasst“, sagt Veronika Schippani. In der LugnerCity hat die Jungschar dazu am 17. und 18. November ein Kinderzimmer aufgebaut, anhand dessen gezeigt werden soll, was ein Kind alles braucht, um einen „angemessenen Lebensstandard“ zu haben.
„Kinder brauchen Verschiedenes um gut leben zu können, sagt Veronika Schippani. Zunächst gehe es dabei einmal um ganz grundlegende Dinge. „Ein Kind braucht Spielsachen.“ Das klinge im ersten Moment vielleicht seltsam, aber gerade beim Spielen gehe es auch um Entwicklung, um Förderung.
Was ein Kind noch brauche? „Es braucht Kleidung und Schuhe, die ihm passen. Es braucht einen Platz, an dem es schlafen kann. Es braucht einen Rückzugsort“, zählt Veronika Schippani auf.
Ein „angemessener Lebensstandard“ habe darüber hinaus auch viel mit sozialer Teilhabe zu tun. „Da gehört etwa dazu auf den Schulskikurs mitfahren zu können, in eine Musikschule oder einen Fußballverein gehen zu können, Ballet, Judo oder sonst etwas lernen zu können.“
Das alles sei in vielen Familien in Österreich nämlich leider gar keine Selbstverständlichkeit. Der Grund? Viele Familien in Österreich leben in Armut.
Etwa 300.000 Kinder, rund 20 Prozent aller Kinder in Österreich, gelten als armutsgefährdet. „Und das obwohl Österreich eines der reichsten Länder Europas ist“, sagt Veronika Schippani: „Beim Thema Kinderarmut hat man schnell einmal Bilder von Kindern in Afrika und Asien im Kopf, die in zerfetzter Kleidung am Straßenrand sitzen.
Aber auch in Österreich ist Kinderarmut Realität, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Das vergisst man oft. Und das wollen wir mit unserem Engagement und unseren Aktionen Kindern, aber auch Erwachsenen vor Augen führen.“
Denn arm zu sein, das beeinflusse das Leben eines Kindes und seine Chancen für die Zukunft enorm. „Arm zu sein, bedeutet nicht nur, dass man nicht auf Urlaub oder Skikurs fahren kann.
Ist ein Kind arm, ist es auch von vielen Freizeitbeschäftigungen so gut wie ausgeschlossen“, sagt Veronika Schippani: „Eine Musikschule kostet Geld. In Fußball, Ballett, Judo zu gehen kostet Geld.“
Und auch was die Entwicklungschancen und Bildungsangebote betrifft, würden Kinder aus ärmeren Familien ganz schnell ins Hintertreffen geraten: „Denken Sie nur mal an das Thema Nachhilfe. Die kann sich nur eine Familie leisten, die gut situiert ist.“
Die Jungschar versuche gerade da einen Kontrapunkt zu setzen. „Jungschar ist gratis und für alle offen – ganz egal, wie viel Geld die Eltern haben.“
Das Programm in den Jungscharstunden in den Pfarren ist bunt, lustig und abwechslungsreich. Man greife aber auch oft kindgerecht Themen auf, die zum Nachdenken anregen, die den Kindern Probleme dieser Welt, unserer Gesellschaft vor Augen führen – wie eben auch die Aktionen rund um den Tag der Kinderrechte. „Und wir versuchen als Jungschar einen Raum zu schaffen, in dem das Konkurrenzdenken nicht so präsent ist, einen Raum, in dem das Vergleichen keinen so hohen Stellenwert hat. Bei uns geht es nicht darum, wer sich was leisten kann.“
Neben der Aktion in der LugnerCity wird es in den kommenden Wochen übrigens auch einen Koffer geben, zusammengestellt von den Expertinnen und Experten der Jungschar, der allerlei Dinge enthalten wird, die zeigen, was Kinder brauchen, um in Österreich gut leben zu können.
Unter anderem wird sich darin dann ein Spielzeug finden, das als Symbol für das Recht zu spielen steht. Oder auch ein Buch, das das Recht auf Bildung symbolisieren soll.
Den Koffer können sich Gruppenleiterinnen und –leiter dann im Jungscharbüro ausborgen und für Jungscharstunden verwenden. Das Thema „gut leben“ und „arm sein“ soll damit für Kinder begreifbarer gemacht werden.
Darüber hinaus gebe es über das Jungscharbüro eine Menge Informationen zum Thema Kinderrechte, außerdem regelmäßige Fortbildungen für die Jungscharleiterinnen und –leiter sowie Vorlagen für Gruppenstunden.
Für die Zukunft wünscht sich Veronika Schippani, dass alle Artikel der Kinderrechtskonvention „in Österreich endlich Verfassungsrang bekommen.“ Damit wären Kinderrechte dann verbindlich und einklagbar und die Gesetzgebung müsste darauf achten, dass sie auch eingehalten werden.
Nähere Infos zur Arbeit und den Angeboten der Jungschar rund um das Thema Kinderrechte auch unter: wien.jungschar.at
Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes.
Sie legt in 54 Artikel Grundwerte im Umgang mit Kindern fest - unabhängig der sozialen, kulturellen, ethnischen oder religiösen Unterschiede.
Die UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen zählt die folgenden zu den 10 wichtigsten Kinderrechten
Ziel der Kinderrechtskovention ist, dass Schutz und Hilfe für Kinder nicht mehr allein von Mitgefühl oder Moral abhängig sind, sondern die Staaten verpflichten sollen, alles zu tun, um Kindern menschenwürdige Lebensbedingungen zu bieten.
Zwar haben alle Staaten der Welt mit Ausnahme der USA die Konvention ratifiziert, die Ratifizierung der Kinderrechte hat aber leider keinen rechtsverbindlichen Charakter, das heißt die konkrete Umsetzung der Kinderrechte ist den jeweiligen Staaten überlassen.
Seit 16. Februar 2011 sind einige Kinderrechte der UN-Konvention in der österreichischen Bundesverfassung verankert. Darunter der Vorrang des Kindeswohl und die Beteiligung und Berücksichtigung der Meinung von Kindern und Jugendlichen.
Nähere Informationen sowie
finden Sie unter: www.unicef.at/kinderrechte
die Kinderrechtskonvention kinderfreundlich erklärt (download)
weitere Informationen zu
die Zeitung der Erzdiözese Wien
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E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at