Kolumne von Michael Prüller vom 24.10.2013.
Der Moment der Diözesanversammlung, der mich am meisten berührt hat, kam am Samstag bei der Messe. Die Organisatoren hatten sich etwas Besonderes ausgedacht: Das Buch mit dem Evangelium sollte von hinten im Stephansdom von einem Mitfeiernden an den anderen weitergereicht werden, immer eine Reihe weiter nach vorn, bis es so zum Ambo gelangt und dort vorgelesen werden kann.
Die meisten hatten wohl die Anweisung dazu im Liederheft nicht gelesen, denn das Evangeliar startete eine kleine Irrfahrt. Manche, die es in die Hand bekamen, starrten es verdutzt an und mussten genötigt werden, es weiterzugeben. Andere gaben es rasch und verlegen an den Menschen neben ihnen weiter. Es schlingerte manchmal mehr seitwärts als vorwärts, kam aber schließlich doch an.
Das Ganze war auf den Bildschirmen im Dom gut zu sehen und war mit allen Überraschungen und Irrläufen auch komisch. Mittendrin ist mir aber plötzlich klar geworden: So ist es! So berührt der Herr uns ja wirklich mit seinem Wort – wir sind unvorbereitet, verwundert, verlegen. Und wir geben das Evangelium unbeholfen weiter, verkrampft, unachtsam oder auch mit großer Geste.
Mich überkam der Gedanke: Du, Gott, vertraust dich, vertraust dein Wort und seine Weitergabe ganz uns an, diesem komischem Trüppchen! So klein machst du dich – und so sehr setzt du auf uns! Damit umzugehen lernen, das ernst zu nehmen, davon uns überwältigen zu lassen – das ist die eigentliche Reform, um die es geht.