Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Kann man denn als Vater zurücktreten?
Als ich vor einem Jahr vom Rücktritt Papst Benedikts erfuhr, hat es mir schon den Boden unter den Füßen weggezogen. Es war mir immer eine Stärkung zu wissen, dass die ganze Welt verloren gehen kann – aber der Papst weiter treu sein Amt verrichten würde. Und hatte denn der Heilige Geist die Kardinäle wirklich geführt bei der Wahl - wenn jetzt der Papst selber so viel sagt wie: Es sitzt der falsche Mann auf dem Stuhl Petri?
Und dann das für mich emotional stärkste Argument: Kann man denn als „il Papa“, als Vater schlechthin, zurücktreten? Ich kann doch auch nicht so einfach meinen Vaterpflichten entsagen? Einer meiner Söhne, ein ebenso frommer wie logischer Denker, hat diese Denkblase sofort zum Platzen gebracht, indem er erwiderte: „Das ist doch ganz was anderes: Wir werden in vier Wochen einen neuen Papst haben, aber einen neuen Vater können wir uns nicht wählen.“
Das hat mir den Boden unter den Füßen zurückgebracht. Der Papst ist eben nur der Papst – er braucht den ganzen monarchischen Nimbus nicht. Nur Gott ist der unbedingt verlässliche Vater. Und wie gnadenreich hat dieser Rücktritt gewirkt: Hat er doch so viel an Fassade und Brimborium weggeräumt und im Papsttum das Bild der Demut, der Einfachheit und des Dienstes wieder ganz klar hervortreten lassen. Das Pontifikat von Franziskus ist so gesehen nicht nur die logische Folge, sondern baut in seiner Wucht und Wirkung auch auf diesem Rücktritt auf. Wenn das nicht Führung durch den Heiligen Geist ist, was dann?
Leitartikel vom 16. Feber 2014