Warum freut es dich nicht, dass Gott die Verlorenen sucht und sich über ihre Rettung freut?
Warum freut es dich nicht, dass Gott die Verlorenen sucht und sich über ihre Rettung freut?
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 4. Fastensonntag, 18. März 2007,
(Lk 15, 1-3.11-32)
Die Geschichte vom "verlorenen Sohn" gehört zu den bekanntesten Gleichnissen Jesu. Und sicher zu den berührendsten. Wen Jesus mit dem Vater meint, der geduldig wartet, ist jedem klar: Er spricht von Gott und Seiner unfassbaren Barmherzigkeit. Aber wer sind die beiden Söhne?
In beiden kann ich etwas von mir selber finden. Jesus will, dass ich mich ehrlich anschaue. Bin ich in meinem Leben mehr dem jüngeren oder eher dem älteren Bruder ähnlich?
Wie geht es dem Jüngeren? Er will seine Freiheit, seine Unabhängigkeit. Er will seinen Erbteil genießen, ohne Verantwortung. Eine ganz moderne Versuchung. Ein Beispiel: Die Welt hat uns Gott der Schöpfer gegeben. Wir aber wollen sie genießen, nur für uns haben. Wir verprassen unser Erbteil, die Umwelt, die wir eigentlich bewahren sollten. Werden wir umkehren und uns wieder daran erinnern, dass es einen Schöpfer gibt, unseren Vater, der uns diese Welt zum Hegen, nicht zum Verwüsten geliehen hat?
Ist der jüngere Bruder nicht ein Bild unseres Elends eines gottfernen Lebens? Selbst wenn es uns materiell gut geht, ohne Ihn sind wir "fern der Heimat", die Seele hungert nach Sinn. "Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen."
Aber wie wird Gott mich aufnehmen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Er mir nicht böse ist. Wie stellen wir uns Gott vor? Meist anders, als Jesus Ihn uns zeigt. Dass Er so anders ist als wir denken, das ist Jesu wichtigste Botschaft: Er wartet auf dich! Er will dir nichts Böses! Du bist ja Sein Kind! Was immer du angestellt hast!
Und der Ältere? Er ist der Typ des anständigen Menschen: "Ich habe niemanden umgebracht, habe nichts gestohlen, habe immer fleißig gearbeitet, treu meine Kirchensteuer gezahlt und meine Spende gegeben." Ja, alles das ist gut und schön.
Aber warum bist du so griesgrämig? Warum verachtest du deinen Bruder, der im Leben viel verhaut hat? Warum freut es dich nicht, dass Gott die Verlorenen sucht und sich über ihre Rettung freut? Sie sind doch Menschen wie du, deine Brüder, die Gott liebt und rettet. Freu dich darüber und verurteile die nicht, die so weit weg waren. Sei froh, dass du nie in die Not der Gottferne gekommen bist.
Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen.
Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte: Weiter sagte Jesus:
Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner. Dann brach er auf und ging zu seinem Vater.
Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.
Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen.
Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.