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31.08.2008

Das Leiden – ein Skandal?

Aber was nützt die beste Gesundheit des Leibes, wenn die Seele von Bosheit, Neid und Hass vergiftet ist?

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn

zum Evangelium am 22. Sonntag im Jahreskreis,

31. August 2008 (Mt 16,21-27)

Gott behüte! Leiden? Niemals! Wie gut kann ich Petrus verstehen. Dass Jesus leiden soll, will er ganz und gar nicht annehmen: „Das darf mit dir nicht geschehen!“ Wer wünscht schon seinem Nächsten Leiden? Werden wir nicht alles tun, um Leiden zu vermeiden, oder wenigstens zu lindern? Petrus sagt aus ehrlichem Herzen Nein zum Leiden seines geliebten Meisters. Weil er ihn so sehr mag, will er unbedingt, dass ihm nichts passiert, dass ihn kein Leid trifft.

 

Die Reaktion Jesu ist überraschend, schockierend. Er schimpft Petrus einen Satan, eben diesen Petrus, dem er kurz zuvor das große „Felsenwort“ gesagt hat: „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen!“ Der Felsenmann – ein Satan? Warum diese überaus heftige Reaktion Jesu?

 

„Du bist mir ein Skandal!“ So lautet wörtlich die Antwort Jesu: „Du willst mich zu Fall bringen“, so wird es übersetzt. Nicht das Leiden ist für Jesus der Skandal, sondern die Ablehnung des Leidens: „Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“, so erklärt Jesus dem Petrus seine scharfe Reaktion. Klar: wir Menschen wollen nicht das Leiden! Es wäre ja wirklich krankhaft, wenn jemand das Leiden um des Leidens willen wollte. Aber will Gott das Leid des Menschen? Will Gott, dass Jesus, sein Sohn, leidet? Wo ist da der Skandal? Im Leiden? Oder bei einem Gott, der uns leiden lässt?

 

Jesus sagt sein Leiden voraus. Er werde in Jerusalem viel leiden müssen Warum dieses Müssen? Könnte er es nicht vermeiden? Genau das will Petrus: vermeiden, dass Jesus leidet. Will Gott das nicht auch? Schickt er uns das Leiden? Oder lässt er es zu? Oder kann er es gar nicht verhindern? Sieht er ohnmächtig zu? Eines ist sicher: Er schaut nicht weg! Er wendet sich nicht ab, wenn wir leiden. Jesus weiß sich eins mit Gott, seinem Vater, wenn er Ja sagt zum eigenen Leiden. Es stimmt: Jesus hätte sich das Kreuz ersparen können. Er wollte es nicht. Und er hat Petrus aufgefordert: Stelle dich hinter mich, nicht gegen mich! Nimm auch du dein Kreuz an, wie ich es getan habe. Im Kreuz ist Segen. Im Leiden liegt Sinn.

 

In seinem Urlaub in Brixen ist Papst Benedikt auch mit Südtiroler Priestern zusammengetroffen. Einer von ihnen hat dem Papst seine Geschichte erzählt: Er ist kurz nach seiner Priesterweihe an MS (Multiple Sklerose) erkrankt. Seither leidet er an dieser fortschreitenden Lähmung. Für ihn sei Papst Johannes Paul II ein so großes Vorbild gewesen, wie er sein Leiden angenommen und getragen habe. Papst Benedikt hat das bestätigt und gesagt, Papst Johannes Paul II habe „uns eine neue Liebe zu den Leidenden gelehrt“.

 

Jesus fügt ein wegweisendes Wort hinzu: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt (wörtlich: seine Seele verliert)?“ Gesundheit ist ein wunderbares Geschenk. Aber was nützt die beste Gesundheit des Leibes, wenn die Seele von Bosheit, Neid und Hass vergiftet ist? Wichtiger ist eine heile Seele, ein lauteres Herz als alle Fitness und Wellness. Glücklich macht nur eine Seele, die in Frieden mit Gott ist. Manchmal hilft auch ein Leid dazu, dass die Seele gerettet wird.

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Evangelium für den 22. Sonntag im Jahreskreis, 31.8.2008, (Mt 16,21-27)

In jenen Tagen begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären, er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten vieles erleiden; er werde getötet werden, aber am dritten Tag werde er auferstehen.

 

Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe; er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht geschehen!

 

Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

 

Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.

 

Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?

 

Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommen und jedem Menschen vergelten, wie es seine Taten verdienen.

 

 


 

Weiterführende Informationen:

 

  • Mehr Informationen über Kardinal Schönborn.
  • Mehr Texte über die Heilige Schrift.

 

 

Fragen an Kardinal Schönborn?

 

  • per Video auf www.fragdenkardinal.at
  • an sein Sekretariat.

 

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