Genau im Blick: Ein ungeborenes Baby in der 12 Schwangerschaftswoche während einer Ultraschalluntersuchung.
Genau im Blick: Ein ungeborenes Baby in der 12 Schwangerschaftswoche während einer Ultraschalluntersuchung.
In Österreich gibt es keine Daten über Schwangerschaftsabbrüche. Doch ohne eine solche Statistik fehlt jegliche Basis für Prävention und Unterstützungsangebote für Betroffene. Davon ist die aktion leben österreich überzeugt und startet die Bürgerinitative „Fakten helfen!“
Für die renommierte Chirurgin Hildegunde Piza ist es einfach inakzeptabel: „Jede Hüft- und Knieoperation, jede Blinddarmentfernung muss nach klaren Vorgaben im zentralen Register des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen gemeldet werden. Nicht so ein Schwangerschaftsabbruch. Dabei ist das doch ein Eingriff mit einer hohen psychischen und sozialen Komponente sowie schwerwiegenden, mitunter auch seelischen Folgen für die Betroffenen." Es wäre also mehr als vernünftig diese Daten statistisch zu erfassen und offenzulegen, so die erfahrene Ärztin, denn „nur wer die Fakten und Motive kennt, kann helfen und Lösungen anbieten."
Tatsache ist, dass anonyme Statistiken darüber, wie viele Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, in vielen europäischen Ländern heute selbstverständlich sind. In Deutschland etwa werden nicht nur die „nackten Zahlen" erhoben, sondern es gibt auch noch sogenannte qualitative Studien, die die Motive und Beweggründe der Frauen erfassen.
Die Erkenntnisse aus den gewonnenen Daten bilden schließlich die Grundlage für alle Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen für die Betroffenen. In Deutschland hat sich das System bewährt: Hier ist seit einigen Jahren sogar ein Rückgang der Schwangerschaftsabbrüche zu verzeichnen.
Die aktion leben österreich fordert seit vielen Jahren eine seriöse Datenerhebung über Schwangerschaftsabbrüche. Dieser Forderung verleiht die Organisation nun mit der von ihr eingebrachten Bürgerinitiative „Fakten helfen!" Nachdruck.
Konkret fordert die aktion leben österreich den österreichischen Nationalrat darin auf, die gesetzlichen Grundlagen für eine bundesweite anonymisierte Statistik über Schwangerschaftsabbrüche sowie die regelmäßige wissenschaftliche und anonyme Erforschung der Gründe für Schwangerschaftsabbrüche und deren jährliche Veröffentlichung zu schaffen.
Erfasst werden sollen etwa das Alter der Frau, die Zahl der geborenen Kinder und der eventuell vorangegangenen Abbrüche, die Form der Verhütung und die Dauer der Schwangerschaft – „nicht mehr und nicht weniger als zu einer gewissenhaften Anamnese gehört", so Martina Kronthaler, Generalsekretärin der aktion leben österreich. Die Daten sollten durch den behandelnden Arzt gesammelt und dann anonymisiert an das Statistische Zentralamt übermittelt werden.
Wichtig ist den Initiatoren zu betonen, dass es ihnen um eine Datenerhebung im Sinne einer „absoluten Einbahnstraße" gehe, das heißt: die Daten lassen keinerlei Rückschlüsse auf die Identität der Frauen zu, die einen Abbruch vornehmen ließen, oder auf die durchführenden Krankenhäuser oder Ordinationen.
Die Bürgerinitiative läuft noch bis zum 15. Dezember und hat neben Hildegunde Piza schon viele prominente Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden. „Eine Regierung muss wissen, wie viele Schwangerschaftsabbrüche es gibt und warum sich Frauen dazu entschließen", ist etwa Helmut Kukacka, Staatssekretär a.D. und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände und Kartellvorsitzender des MKV überzeugt: „Möglicherweise sind die Antworten nicht angenehm und zeigen, dass manches versäumt wurde. Doch umso größer ist die Chance, durch gesicherte Fakten zum Schwangerschaftsabbruch einen wichtigen Beitrag zu einer familienfreundlichen Gesellschaft zu leisten."
Auch die bekannte Gynäkologin, Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger schließt sich den Forderungen der aktion leben an. Sie verweist auf ihre Erfahrung in der Begleitung von Frauen: „Die Freiheit der persönlichen Entscheidung jeder Frau ist mir ein hohes Anliegen. Gleichwohl erscheint es mir, dass in unserer Gesellschaft mit ihrem reduktionistischen materialistischem Weltbild und ihrem Machbarkeitswahn das Geschenkhafte einer Schwangerschaft immer mehr in den Hintergrund zu rücken droht."
„Die Bürgerinitiative „Fakten helfen" ermutigt uns, vertieft über das Thema Schwangerschaftsabbruch nachzudenken", sagt Weihbischof Stephan Turnovszky: „Es geht darum, Menschen in subjektiv empfundenen Notsituationen zu helfen. Auf der Basis von Zahlen und Fakten können wir gemeinsam adäquate Angebote setzen, damit es erst gar nicht zu Abtreibungen kommt. Wir brauchen in Österreich eine grundsätzlich lebensfreundliche Haltung, die Kinder willkommen heißt."