Die großen Themen bei der Telefonseelsorge sind seit der Gründung dieselben: Einsamkeit, Beziehungsprobleme, psychische Erkrankungen.
Die großen Themen bei der Telefonseelsorge sind seit der Gründung dieselben: Einsamkeit, Beziehungsprobleme, psychische Erkrankungen.
Leiterin der Tiroler Telefonseelsorge Höpperger im "Sonntag"-Interview: "Eine der Ursachen ist sicher die zunehmende Individualisierung". Heute mehr Vierzigjährige in Frühpension als noch vor 30 Jahren, "weil Leistungsfähigkeit wichtiger geworden ist".
Die Einsamkeit in Österreich ist im Zunehmen. Darauf hat die Leiterin der Tiroler Telefonsseelsorge, Astrid Höpperger, hingewiesen. "Die Einsamkeit wächst, eine der Ursachen ist sicher die zunehmende Individualisierung", so Höpperger im Interview mit dem Tiroler "Sonntag" wörtlich.
So sei etwa die Zahl der Scheidungen in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch gestiegen. "Tendenziell scheinen Beziehungen einfach brüchiger geworden zu sein, auch weil die Menschen extrem hohe Ansprüche aneinander stellen, weil sie sich finanziell eine Trennung leisten können und weil es gesellschaftlich nicht mehr sanktioniert wird", so Höpperger.
Die Telefonseelsorge Innsbruck wurde vor 40 Jahren gegründet, seit 30 Jahren leitet die Theologin und Psychotherapeutin Höpperger die Einrichtung. Die großen Themen seien seither immer dieselben: Einsamkeit, Beziehungsprobleme, psychische Erkrankungen, so Höpperger. Was sich allerdings über die Jahre geändert habe, ist die Art, wie sich diese Themen zeigen: "Auch vor 30 Jahren waren Leute einsam und haben sich einen Partner gewünscht, aber damals gab es z.B. noch kein Onlinedating. Oder: Wer psychisch erkrankt ist, hatte immer schon Probleme die Arbeitsstelle zu halten und nicht aus dem Arbeitsmarkt hinauszufallen. Die Situation hat sich jedoch verschärft, denn heute wird in einer Firma kaum jemand mitgetragen, der nicht voll leistungsfähig ist."
Heute gebe es mehr Vierzigjährige in Frühpension als noch vor 30 Jahren, "weil Leistungsfähigkeit wichtiger geworden ist". Eine Basis für Leistungsfähigkeit sei psychische und körperliche Gesundheit, "wobei die psychische besonders in den Vordergrund rückt".
Zur Frage, weshalb die Statistik der Telefonseelsorge die 40- bis 59-Jährigen als stärkste hilfesuchende Altersgruppe ausweist, meinte Höpperger: "In diesem Lebensabschnitt kann vermutlich am meisten passieren. Es macht einen großen Unterschied, ob man mit 25 Jahren den Arbeitsplatz verliert oder mit 55. Und wenn einen mit 25 die Freundin verlässt, ist man wahrscheinlich auch optimistischer als wenn man um die 50 ist." Solche Ereignisse seien zwar stets schlimm, aber im Alter zwischen 40 bis 60 hätten sie eine andere Tragweite. "Man hat sich schon was erarbeitet, man hat mehr zu verlieren."
Die Telefonseelsorge biete keine Lebensberatung und auch keine Psychotherapie an, sondern "Zuhören". Diese emotionale Unterstützung verfolge kein klar definiertes Ziel wie die Lebensberatung oder die Psychotherapie, man verstehe sich aber auch als Drehscheibe, "und wenn jemand etwas sucht, geben wir konkret Auskunft, geben z.B. die Adresse der nächstgelegenen Schuldenberatung weiter". Grundsätzlich gehe es eher darum, "Anfragenden zu helfen, selber auf einen nächsten kleinen Schritt zu kommen, wenn das gewollt wird".
Die Telefonseelsorge ist österreichweit unter der kostenlosen Notrufnummer 142 erreichbar.
Hilfesuchende können sich aber auch via Mail oder Online auf verschiedene Weise an die Telefonseelsorge wenden.