Papst Franziskus hat bei einer großen Messe in Bogota die kolumbianische Gesellschaft zu einem gemeinsamen Neuanfang aufgerufen.
Papst Franziskus hat bei einer großen Messe in Bogota die kolumbianische Gesellschaft zu einem gemeinsamen Neuanfang aufgerufen.
Fischzug des Petrus ermutigt Kolumbien, trotz gescheiterter Versuche erneut die "Initiative des Friedens und des Lebens" zu ergreifen.
Papst Franziskus hat bei einer großen Messe in Bogota die kolumbianische Gesellschaft zu einem gemeinsamen Neuanfang aufgerufen. Den Menschen in Kolumbien könne es gelingen, "eine wahrhaft lebendige, gerechte und solidarische Gemeinschaft zu werden, wenn sie das Wort Gottes hören und annehmen", sagte er am Donnerstagabend (Ortszeit), 7. September 2017 bei dem Gottesdienst zum Abschluss seines ersten Besuchstags in dem südamerikanischen Land. Nach Angaben der Stadtverwaltung nahmen über 1,3 Millionen Gläubige an der Messe unter freiem Himmel im Simon-Bolivar-Park teil. 800.000 waren zuvor erwartet worden.
In seiner Predigt verwies der Papst auf den Fischzug des Petrus als ermutigendes Beispiel für die Kolumbianer. Wie der Fischer, der trotz vieler Arbeit nichts gefangen habe, könnten die Kolumbianer sich mit endlosen Diskussionen aufhalten und gescheiterte Versuche aufzählen, so Franziskus. Wie einst Galiläa sei auch Kolumbien ein fruchtbares, an sich reiches Land - allerdings getrübt von Ungerechtigkeit, Korruption, Missachtung und der "Finsternis des Rachedurstes und des Hasses".
Petrus aber habe alles hinter sich gelassen, um sich in einen neuen Fischer zu verwandeln - mit großem Erfolg. Auf ähnliche Weise habe es in Kolumbien Menschen gegeben, die zuerst "Initiativen des Friedens und des Lebens" ergriffen hätten. "In Bogota und in Kolumbien ist eine sehr große Gemeinschaft unterwegs, gerufen, ein robustes Netz zu werden, das alle in der Einheit versammelt", betonte der Papst. Er rief zugleich zu besonderem Einsatz für den Schutz des Lebens auf, vor allem dann, wenn es schwach sei: im Mutterschoß, als Säugling, als alter, kranker und ausgegrenzter Mensch.
Im Simon-Bolivar-Park hatte 1986 auch Johannes Paul II. (1978-2005) eine große Messe gefeiert. Damals stand das Gedenken an die Katastrophe von Armero im Mittelpunkt. Die Stadt war im November 1985 durch eine Schlamm- und Geröllawine nahezu ausgelöscht worden, 25.000 Menschen starben.
Eine Selbstverpflichtung der Kirche Kolumbiens für den Einsatz zur Versöhnung im Land sprach Bogotas Erzbischof Ruben Salazar Gomez am Ende der Messfeier vor dem Papst aus. Besonders dem Lebensschutz, den Opfern von Ungerechtigkeit und Gewalt wolle man sich widmen, sowie auch den Armen, Kranken, Schwachen und Verletzlichen der Gesellschaft. "Wir werden mit Nachdruck dafür weiterkämpfen, dass sich Gerechtigkeit und Frieden durchsetzen", so der Kardinal.
Notwendig sei dies, da der Bürgerkrieg und die Gewalt im Land große Teile der Bevölkerung Kolumbiens in die Armut gestürzt habe; Millionen fehle sogar die Grundlegendsten Dinge für ein Leben in Würde wie Ernährung, Gesundheit, Arbeit, ein Dach über dem Kopf oder eigenes Land, sagte Salazar. Das Evangelium sei vor diesem Hintergrund "wie Balsam", bringe Trost, Hoffnung und Frieden und ermutige zu solidarischem Einsatz für die Zukunft des Landes.
Nach der Messe begrüßte der Papst die beiden venezolanischen Kardinäle Baltazar Porras Cardozo und Jorge Urosa Savino sowie drei weitere Bischöfe aus dem Nachbarland und unterhielt sich kurz mit ihnen, wie ein Vatikansprecher anschließend mitteilte. Die Oberhirten hatten mit anderen ausländischen Bischöfen auf Einladung der Kolumbianischen Bischofskonferenz an dem Gottesdienst teilgenommen. Zuvor hatte der der Vatikan zu Spekulationen über eine Begegnung des Papstes mit venezolanischen Bischöfen betont, es werde kein formelles Treffen stattfinden.
Kardinal Urosa hatte laut kolumbianischen Medien kurz vor der Messe am Donnerstag erklärt, er wolle den Papst über die "wirklich verzweifelte Situation" in Venezuela informieren. Dabei verwies er auf die humanitäre Krise, sagte aber auch, er wolle die "ernste politische Lage" ansprechen. Venezuelas Präsident Nicolas Maduro tue alles, um ein totalitäres und marxistisches System zu errichten, so Urosa.
Papst Franziskus selbst hatte auf dem Weg nach Kolumbien am Mittwoch zum Gebet für Venezuela aufgerufen. Das Land müsse zu einer "guten Stabilität" und zu einem Dialog mit allen finden, sagte er vor mitreisenden Journalisten. Während des Überflugs über Venezuela sandte er wie bei solchen Anlässen üblich ein Grußtelegramm an den Staatspräsidenten. Abweichend jedoch von Standardformulierungen mahnte er darin zu nationaler Einheit und Rechtsstaatlichkeit. Er bete, "dass alle im Land Wege der Solidarität, Gerechtigkeit und Eintracht ebnen", schrieb er an Maduro.
Als der Papst im Papamobil den Simon-Bolivar-Park in Richtung Apostolischer Nuntiatur verließ, wurden die bereits zwölf Stunden vor Ort verharrenden Gottesdienstbesucher von einem großen Feuerwerk überrascht, gefolgt von einem Konzert mit namhaften Künstlern Kolumbiens.
Wie bereits bei seiner Ankunft am Vortag, wurde der Papst auch am Donnerstagabend vor der Nuntiatur von einer großen Menschenmenge erwartet, darunter auch etliche Senioren, Studenten, Musiker und Menschen mit Behinderungen. Ein Mädchen einer Gruppe von Frauen mit Trisomie 21 richtete an den Papst eine Botschaft, in der sie ihn um Einsatz dafür bat, dass "Verletzbarkeit" als "Wesensmerkmal der Menschheit" anerkannt werde.
Der Papst war sichtlich berührt, bedankte sich und bekannte: "Ich bin selbst sehr verletzbar. Alle sind wir verletzbar." Er rief dazu auf, dass Verletzbarkeit respektiert und mit Zärtlichkeit behandelt werde; so könne diese menschliche Eigenschaft "Früchte für die anderen" bringen.
Papst Franziskus hat in einer immer wieder von Jubel unterbrochenen Ansprache an zehntausende Menschen auf der Plaza Bolivar in Bogota der Jugend Kolumbiens Mut zugesprochen, unbeirrt weiter am Frieden im Land zu arbeiten. "Ich bin sicher, dass in euch das notwendige Potenzial steckt, um das Land aufzubauen, von dem wir immer geträumt haben", sagte er am Donnerstagvormittag (Ortszeit), 7. September 2017 vor der Residenz des Erzbischofs, Kardinal Ruben Salazar Gomez. Junge Menschen seien fähig, "etwas sehr Schwieriges zu tun, nämlich zu verzeihen".
Immer wieder gab es Applaus des Publikums, das den gesamten Platz füllte. Der Papst wandte sich bei seiner aus einem Fenster heraus gehaltenen Ansprache, die deutlich länger dauerte als geplant, immer wieder auch in kurzen freien Einwürfen auf Spanisch an seine Zuhörer.
"Es ist bemerkenswert, wie ihr euch nicht von alten Geschichten einwickeln lasst", lobte Franziskus, "wie ihr verwundert schaut, wenn Erwachsene Vorfälle der Spaltung wiederholen, nur weil wir in unserem Groll verharren". Die wichtigste Botschaft aber sei, so der Papst: "Gott liebt euch ... und ermutigt euch, weiter den Frieden zu suchen und zu ersehnen, und zwar echten, dauerhaften Frieden."
Die Kraft, die Gesellschaft zum Besseren zu verändern, gebe ihnen Jesus Christus. Sein "Feuer der Liebe" reiche, um die ganze Welt zu entzünden. Dabei bewahrten sich junge Menschen ein Gespür, das Leiden anderer Menschen zu erkennen. "Helft uns Älteren, uns nicht an den Schmerz und an die Verlassenheit zu gewöhnen", sagte Franziskus. Allerdings erlebten auch schon Jugendliche, dass nicht alles schwarz und weiß sei, so Franziskus. Die Gefahr, dabei alles zu relativieren, bestehe nicht, wenn man den Schmerz leidender Menschen verstehe.
Am Schluss seiner Ansprache wandte sich der Papst an die Kolumbianer jedes Alters: "Mögen euch die Schwierigkeiten nicht niederdrücken, die Gewalt nicht entmutigen, das Böse nicht besiegen!"
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