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18.09.2011

Lass den Neid!

Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn

zum Evangelium für den 25. Sonntag im Jahreskreis,

18. September 2011 (Mt 20,1-16a)

Das heutige Evangelium spricht eine soziale Situation an, die heute noch in vielen Teilen der Welt Alltag ist: das Leben der „Taglöhner“: Menschen, die kleine fixe Arbeit haben. Sie stehen am Marktplatz und warten, ob jemand sie für den Tag engagiert. Werden sie angeworben, dann haben sie Glück gehabt - für einen Tag! Was wird morgen sein? Werden die Kinder etwas zu essen haben? Wird der Vater einen (kärglichen) Tageslohn heimbringen?

 

Im Gleichnis Jesu haben einige Glück gehabt: sie wurden schon in der Früh für Weinbergsarbeit angeheuert. Ein Tageslohn wird vereinbart: ein Denar. Das reicht gerade für das Nötigste, für einen Tag. Reich wird er damit nicht.

 

Dramatischer ist die Situation der anderen. Sie finden zwar auch Arbeit, aber spät und daher nur mit ganz geringen Lohnaussichten. Einige bekommen Arbeit ab neun Uhr vormittags („dritte Stunde“), andere zu Mittag („sechste Stunde“), einige um drei Uhr nachmittags („neunte Stunde“). Jetzt lohnt es sich kaum mehr, denn was sie noch verdienen können, ist höchstens ein Hungerlohn. Aber besser als gar nichts.

 

Herumstehen und warten, frustriert und enttäuscht, und mit leerem Magen. So ist die Situation derer, die der Weinbergsbesitzer um fünf Uhr nachmittags („elfte Stunde“) am Marktplatz vorfindet. Sie wissen: heute gehen wir leer aus. Heute heißt es Hungerleiden. Der Gutsherr aber ist so „verrückt“, ihnen dennoch Arbeit zu geben: für eine Stunde!

 

Umso größer die Überraschung, als sie bei der Auszahlung des Tageslohnes als Erste drankommen und einen vollen Tageslohn erhalten. In einer Welt ohne Sozialversicherung, ohne Arbeitslosengeld, ohne Pensions- und Krankenversorge ist das ein kleines Wunder, über das sich alle nur freuen können. Auch der Letzte hat bekommen, was er dringend zum Leben braucht, er und seine Familie.

 

Warum erzählt Jesus dieses Gleichnis, das erschütternd die soziale Wirklichkeit seiner Zeit widerspiegelt? Ich denke, Jesus will zwei Dinge deutlich machen. Da ist zuerst die „Neidgenossenschaft“. Die Arbeiter, die den ganzen Tag in der Hitze gearbeitet haben, finden es ungerecht, dass die so spät Angeworbenen den gleichen Lohn bekommen. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ - so fordern sie.

 

Neid ist eines der am weitesten verbreiteten Laster unserer Gesellschaft. Wir  müssen klar unterscheiden: Kampf gegen Ungerechtigkeit ist nicht Neid. Wenn Frauen schlechter entlohnt werden als Männer, so ist das eine Ungerechtigkeit, die zu Recht zu bekämpfen ist. In der Geschichte, die Jesus erzählt, geschieht den Arbeitern der ersten Stunde kein Unrecht. Sie erhalten den vereinbarten Tageslohn. Ihr Protest entspringt dem Neid. Und der ist ein böses Gift: “Bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?“ - fragt der Gutsherr, der nicht will, dass die Spätgekommenen hungrig weggehen müssen.

 

Gottes Güte ist das eigentliche Thema der Erzählung Jesu. Stört uns Seine Güte? Sind wir neidisch, wenn Er Seine Gaben frei verschenkt? Lass den Neid! Freue dich an Gottes guten Gaben, die er anderen schenkt!

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Evangelium für den 18. Sonntag im Jahreskreis, 18.9.2011, (Mt 20,1-16a)

In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen sein Haus verließ, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben.

 

Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. Um die dritte Stunde ging er wieder auf den Markt und sah andere dastehen, die keine Arbeit hatten. Er sagte zu ihnen: geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. Und sie gingen. Um die sechste Stunde und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder auf den Markt und machte es ebenso. Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, dir dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg!

 

Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen von den letzten, bis hin zu den ersten.

 

Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar. Als dann die ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar.

 

Da begannen sie, über den Gutsherrn zu murren, und sagten: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt; wir aber haben den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze ertragen.

 

Da erwiderte er einem von ihnen: Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem letzten ebenso viel geben wie dir.

 

Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin? So werden die Letzten die Ersten sein.

 

 


 

Weiterführende Informationen:

 

  • Mehr Informationen über Kardinal Schönborn.
  • Mehr Texte über die Heilige Schrift.

 

 

Fragen an Kardinal Schönborn?

 

  • per Video auf www.fragdenkardinal.at
  • an sein Sekretariat.

 

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