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10.06.2012

Unverständnis und Ablehnung

Wenn ich Gutes tue, dann kann das nur aus einer guten Quelle stammen.

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn

zum Evangelium am 10. Sonntag im Jahreskreis,

10.Juni 2012 (Mk 3,20-35)

Es gibt kaum etwas, dass so schwer zu ertragen ist wie Unverständnis und Ablehnung. Verstanden werden: das ist fast lebensnotwendig. Noch wichtiger ist: sich angenommen wissen. Ein Kind, das spürt: ich bin gewollt, bin angenommen, kann sich ganz anders entfalten als eines, das sich von den eigenen Eltern als ungewollt erfährt. Gegenseitiges Verstehen ist die Basis jeder Beziehung.

 

Mich bewegt die Frage: wie bist du, Jesus, damit fertig geworden, dass dir so viel Unverständnis und Ablehnung begegnet sind? Das muss doch sehr schwer zu tragen gewesen sein! Da war das Unverständnis der eigenen Familie. Die „lieben Verwandtschaft“ hat es nicht verstanden und noch weniger angenommen, dass du eines Tages einfach von Nazareth weggegangen bist, deinen Betrieb als Zimmermann verlassen und ein ganz neues Leben begonnen hast. In Armut, ohne fixen Wohnsitz, von Dorf  zu Dorf, von Stadt zu Stadt ziehend, als eine Art Wanderprediger, dem die Menschen scharenweise zuliefen. Als du vor lauter Menschengedränge kaum mehr zum Essen kamst, da sagten die Verwandten: Jetzt reicht es! Er ist verrückt geworden! Und sie wollten dich mit Gewalt wieder zurückholen, in ein „normales“ Leben.

 

Schlimmer war die Ablehnung, die dir die religiösen Autoritäten zeigten. Sie hielten dich nicht für verrückt, sondern für gefährlich. Besessen seist du! Deine Wunder, Heilungen und Befreiungen seinen Teufelswerk.  „Verteufelt“ werden, das ist wirklich schlimmste Ablehnung. Du hast so offensichtlich Gutes getan, vielen Menschen an Leib und Seele geholfen – und das soll das Werk der Dämonen sein? Wie sehr muss dich dieser Hass geschmerzt haben! Und trotzdem hast du geduldig deinen Gegnern erklärt: Der Teufel kann doch nicht gegen sich selbst sein! Wenn ich Gutes tue, dann kann das nur aus einer guten Quelle stammen.

 

Nun stellt sich mir aber noch eine andere Frage: Hat Jesus nicht auch selber anderen gegenüber Unverständnis und Ablehnung gezeigt? „Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir“ – so berichtet man Jesus. Die Antwort Jesu ist – so sieht es aufs Erste aus – alles eher als liebevoll. Statt aufzustehen und seine Mutter zu begrüßen, bleibt er sitzen und sagt, indem er auf die Menschen um sich herum zeigt: „Das hier sind meine Mütter und meine Brüder“.

 

Wer viel Unverständnis und Ablehnung erfährt, ist in Gefahr, selber hart und abweisend zu werden. Man bildet eine dicke Haut, und schottet sich ab, und man wird verschlossen. Ist Jesus selber so geworden?

 

Aus seiner Beziehung zu Gott, seinem Vater, schöpft Jesus die Kraft, nicht bitter und hart zu werden, trotz aller Ablehnung, trotz allem Unverständnis. Und nur das sagt er seiner Mutter, seinen Verwandten und letztlich uns allen: Meine Familie seid ihr, wenn ihr mit meinem Gott und Vater verbunden seid. Denn von ihm seid ihr angenommen und geliebt. Macht es den anderen gegenüber ebenso!

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Evangelium für den 10. Sonntag im Jahreskreis, 10.6.2012, (Mk 3,20-35)

In jener Zeit ging Jesus in ein Haus, und wieder kamen so viele Menschen zusammen, dass er und die Jünger nicht einmal mehr essen konnten.

 

Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen. Die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: Er ist von Beelzebub besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus.

 

Da rief er sie zu sich und belehrte sie in Form von Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben? Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben. Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben. Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und mit sich selbst im Streit liegt, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen.

 

Es kann aber auch keiner in das Haus eines starken Mannes einbrechen und ihm den Hausrat rauben, wenn er den Mann nicht vorher fesselt; erst dann kann er sein Haus plündern.

 

Amen, das sage ich euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften. Sie hatten nämlich gesagt: Er ist von einem unreinen Geist besessen.

 

Da kamen seine Mutter und seine Brüder; sie blieben vor dem Haus stehen und ließen ihn herausrufen. Es saßen viele Leute um ihn herum, und man sagte zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir. Er erwiderte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder.

 

Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.

 

 


 

Weiterführende Informationen:

 

  • Mehr Informationen über Kardinal Schönborn.
  • Mehr Texte über die Heilige Schrift.

 

 

Fragen an Kardinal Schönborn?

 

  • per Video auf www.fragdenkardinal.at
  • an sein Sekretariat.

 

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