Die Wiener Theologen Zulehner, Tück und Pock zum Fortgang des Synodalen Prozesses.
In der Diskussion um die Fortsetzung des deutschen Reformprozesses "Synodaler Weg" hat sich der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner in der Ö1-Sendung "Im Fokus" zu Wort gemeldet. Angesichts des von Rom verhängten Stopps für die geplante Synodenkommission bzw. den Synodenrat stelle sich die Frage, wie die "unbestrittene Autorität des Amtes" mit der "grundsätzlichen Gleichheit in Würde und Berufung aller" in Einklang gebracht werden könne. Zulehner betonte die Notwendigkeit eines völlig neuen Amtsverständnisses, das sich von den einengenden Zügen des Absolutismus befreie.
Das derzeit vorherrschende Verständnis des Bischofsamtes, so Zulehner, gehe auf ein absolutistisches Denkmuster des Ersten Vatikanischen Konzils zurück. Dieses erlaube den Bischöfen, sich auf ihr eigenes Ermessen zu berufen, was zeige, dass die Notwendigkeit einer nachhaltigen Beratung noch nicht mit der unverzichtbaren Sorge um die Einheit der Kirche in Einklang gebracht worden sei.
Der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück kritisierte vor allem die Idee einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Bischöfe, die an die Verfassung der Kirche rühre und die Impulse von Papst Franziskus nicht angemessen aufnehme. Der jüngste Brief aus dem Vatikan, der den Prozess stoppte, sei nur der Höhepunkt einer Reihe von Interventionen aus Rom. Es sei wichtig, dass der Dialog zwischen Rom und den deutschen Bischöfen schnell wieder aufgenommen werde. Die Bischofssynode für eine synodale Kirche, die im Oktober zu ihrer zweiten Vollversammlung zusammentritt sei der richtige Ort, um die anstehenden Reformthemen offen zu diskutieren.
Der Pastoraltheologe Johann Pock, stellte in einem Gastkommentar in der Wochenzeitung "Die Furche" die Frage, wovor man in Rom eigentlich Angst habe. Die mögliche Zerstörung der weltweiten Einheit der Kirche sei kein überzeugendes Argument. Papst Franziskus habe von Anfang an regionale Entscheidungen unterstützt. Pock betonte, dass kirchenrechtliche Änderungen notwendig seien, um Reformen in der römisch-katholischen Kirche nachhaltig umzusetzen. Dabei solle man sich an dem alten römischen Rechtssatz "ius sequitur vitam" orientieren, wonach das Recht dem Leben der Menschen zu dienen habe und nicht das Leben dem Recht.