Die Pummerin steht für Wiederaufbau und Hoffnung Österreich, sagt Kardinal Schönborn.
Die Pummerin steht für Wiederaufbau und Hoffnung Österreich, sagt Kardinal Schönborn.
50-Minütige Dokumentation zeichnet am Ostermontag bewegte Geschichte der Glocke nach. Kardinal Schönborn: Pummerin steht für Wiederaufbau und Hoffnung Österreichs
26. April 1952: Eine jubelnde Menschenmenge empfängt die Pummerin am Wiener Stephansplatz. Sieben Jahre lang musste die Bevölkerung nach der Zerstörung der berühmten Glocke beim Brand des Stephansdoms am 12. April 1945 ohne "die Stimme Österreichs" auskommen. Als die neu gegossene Pummerin am 27. April 1952 zur Eröffnung des wiederaufgebauten Doms erstmals wieder läutet, ist das für viele das Zeichen einer neuen Identität Österreichs nach dem Zusammenbruch der Monarchie, der Katastrophe des "Anschlusses" an Hitler-Deutschland und dem folgenden Weltkrieg. Regisseur Peter Beringer erzählt in einer neuen ORF-III-Dokumentation die bewegte Geschichte der Pummerin. Am Donnerstag, 17. März 2016, wurde der Film im Beisein von u.a. Kardinal Christoph Schönborn im Wiener Ringturm vorgestellt.
In 50 Minuten informiert die Dokumentation über die größte Glocke Österreichs und zeigt die enge emotionale Verbindung der Bevölkerung zur Pummerin. Originale Video- und Tonaufnahmen und Zeitzeugenberichte versetzen den Zuschauer zurück in die 1950er-Jahre und machen die Hoffnung auf einen Neubeginn für Österreich spürbar. Regisseur Beringer traf Experten und Zeitzeugen, darunter Kardinal Christoph Schönborn, die Kirchenhistorikerin Annemarie Fenzl, Schauspieler und Regisseur Otto Schenk sowie den Journalisten Hugo Portisch.
Der Wiener Dombaumeister Wolfgang Zehetner und der Glockenexperte Jörg Wernisch geben in der Doku Einblicke in die praktischen und technischen Herausforderungen, die mit dem Guss der neuen Glocke im Jahre 1951, dem Transport und der Neuinstallierung im Nordturm 1957 verbunden waren. Aufnahmen einer Kameradrohne ermöglichen außerdem bisher ungekannte Blicke auf die Glocke und das Innere des Nordturms.
Die TV-Premiere der neuen ORF-Dokumentation am Ostermontag, 28. März, ist eingebettet in einen mehrteiligen "ORF III Themenmontag" ganz im Zeichen von Kirche und Glaube. Zur Einstimmung erzählen prominente Österreicher in der ORF-III-Eigenproduktion "Gedanken zur Pummerin" (20 Uhr) von ihren persönlichen Erfahrungen an die historische Glocke. Zu Wort kommen u.a. Kardinal Schönborn, Bundespräsident Heinz Fischer, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Kulturminister Josef Ostermayer, Landeshauptmann Josef Pühringer, Zeitzeuge Karl Blecha, Annemarie Fenzl, die frühere Diözesanarchivarin der Erzdiözese Wien, sowie zahlreiche weitere Persönlichkeiten.
Geläutet wird die Pummerin zu den wichtigsten Kirchenfesten, und wenn ein Papst oder der Erzbischof von Wien sein Amt antritt oder stirbt. Sie antwortet aber auch auf große und schicksalhafte politische Ereignisse: So erklang sie etwa bei der Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955 oder als die Ermordung John F. Kennedys 1963 bekannt wurde. Die Signalwirkung der Glocke wird auch immer dann sichtbar, wenn sie zur Probe läutet. "Dann läuten auch die Telefone in der Pfarrkanzlei, und die Anrufer fragen, was denn passiert ist", erzählte Annemarie Fenzl.
Ihren meistbeachteten Auftritt hat die Pummerin jedes Jahr zum Jahreswechsel. Schlag Mitternacht markiert sie am 31. Dezember den Start ins neue Jahr. Seit 1952 wird das Läuten zu Silvester auch im Fernsehen übertragen - für ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz macht das die Glocke zum "TV-Star", wie er am Donnerstagabend bei der Preview betont. Nur das Nachrichten-Format "Zeit im Bild" habe sich so lang gehalten wie die Übertragung der Pummerin zu Silvester.
Für Kardinal Schönborn sind Glocken etwas "Heiliges". Sie werden, wie sonst nur Menschen, mit dem Chrisamöl gesalbt. Glockenweihen behält sich der Kardinal deshalb meist selbst vor. "Das will ich schon selber machen", merkte er am Donnerstagabend im Ringturm scherzhaft an. Die Pummerin erkenne er unter hunderten Glocken am Geläute. Für die Generation seiner Eltern, Großeltern und seine eigene sei die Pummerin untrennbar mit dem Schicksal Österreichs verbunden, wie der Wiener Erzbischof sagte.
Die Dokumentation erfüllt für den Kardinal einen wichtigen Bildungsauftrag. "Das tut unserem Land gut. Wir dürfen unsere Geschichte nicht vergessen und auch nicht unsere Identität nicht verlieren. Da gehört die Pummerin dazu, die Symbol des Wiederaufbaus und der Hoffnung für Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg ist."
Am 12. April 1945 gibt die Halterung der alten Pummerin während eines Dombrands nach - die Glocke stürzt in den Kirchenraum hinab und zerschellt. Sieben Jahre später fährt ein Tieflader im Triumphzug am 26. April 1952 in Richtung Stephansplatz. Auf der Ladefläche: die neue Pummerin. Tausende Menschen säumen die Straßen entlang des Wegs der Glocke in Richtung Dom. Am Stephansplatz angekommen, weiht und salbt Kardinal Innitzer die über 20 Tonnen schwere Glocke noch am selben Tag. Seit 1957 hängt sie nun im Nordturm des Stephansdoms.
Gegossen wurde die neue Pummerin im Auftrag des Bundeslandes Oberösterreich durch die Oberösterreichische Glocken- und Metallgießerei in St. Florian. Sie besteht aus dem geborgenen Material der alten Glocke, Teilen zweier ebenfalls abgestürzter Glocken aus dem Stephansdom und etwas Material aus den Beständen der Glockengießerei.
Die "Stimme Österreichs" erklingt im Nominal c0 +4/16 bei Vollschwung 34 mal pro Minute und hat einen Nachhall von etwa 200 Sekunden. Sie hat einen Durchmesser von 314 cm, ist insgesamt 294 cm hoch und hat eine maximale Wandstärke von 23 cm. Sie wiegt samt Klöppel und zusätzlichem Material knapp 21 Tonnen. Damit ist sie, nach der St. Petersglocke im Kölner Dom (24.000 kg) und Maria Dolens im italienischen Rovereto (23.000 kg), die drittgrößte Glocke West-und Mitteleuropas, die fünftgrößte freischwingende der Welt und die zweitgrößte freischwingende in einer Kirche.
Gezeigt wird die ORF-Dokumentation "Pummerin - Die Stimme Österreichs" am Ostermontag, 28. März, um 20.15 Uhr. Der Film ist als Live-Stream bzw. nach der TV-Ausstrahlung als Video-on-Demand in der ORF-TVthek abrufbar. Die Dokumentation ist eine Koproduktion von ORF III und EMB Media in Kooperation mit "Unser Stephansdom" - Verein zur Erhaltung des Stephansdoms, der "Wiener Städtischen Versicherung" und der "Erste Bank".
ORF-Dokumentation
"Pummerin - Die Stimme Österreichs"
Ostermontag, 28. März, um 20.15 Uhr
Archiv:
Triumphaler Empfang für die neue Pummerin vor 60 Jahren
Pummerin läutet am 12. April zum Gedenken an Dombrand von 1945