Hochkarätige internationale Konferenz mit dem Titel "Disclosing 1917" im Jerusalemer Pilger-Hospiz.
Hochkarätige internationale Konferenz mit dem Titel "Disclosing 1917" im Jerusalemer Pilger-Hospiz.
Bugnyar: "Ereignisse von damals prägen "tief und unwidersprochen unsere Gegenwart".
Die Ereignisse von Herbst und Winter 1917 - Ende der osmanischen Herrschaft in Palästina, Beginn der britischen Mandatszeit, Balfour-Deklaration über Errichtung einer jüdischen Heimstätte, Sykes-Picot-Abkommen über Grenzziehungen sowie militärisches Engagement Österreichs gemeinsam mit den Osmanen - prägen "tief und unwidersprochen unsere Gegenwart": Das betonte der Rektor des Österreichischen Pilger-Hospizes, Markus Bugnyar, bei der Eröffnung einer hochkarätigen internationalen Konferenz mit dem Titel "Disclosing 1917" am Mittwoch, 6. Dezember 2017 im Jerusalemer Pilger-Hospiz. Bugnyar und der frühere ungarische Sonderbotschafter Georg Habsburg-Lothringen führten in das Thema ein.
Das Österreichische Hospiz sei ein idealer Ort für den bis Samstag dauernden Reflexionsprozess international anerkannter Experten, so der Hospizrektor: "Zum einen liegen wir inmitten der Altstadt Jerusalems, diesem völkerrechtlich definitiv umstrittensten Teil der Heiligen Stadt, die seit damals nicht mehr zur Ruhe gekommen ist, Schauplatz der Sehnsüchte für manchen Betrachter zu vieler Völker. Nirgendwo sonst ist der Nahost-Konflikt dermaßen präsent. Zum anderen beförderte die Abwesenheit der regierenden Patriarchen meinen Vorgänger, Rektor Franz Fellinger, den späteren Weihbischof der Stadt, in den Rang des höchsten Klerikers am Ort, der General Allenby am Jaffa-Tor zu empfangen hatte: Ausgangspunkt für eine einzigartige Verflechtung zwischen unserem Haus und der britischen Mandatsmacht, die uns im Laufe der folgenden Jahrzehnte oftmals von Nutzen sein sollte."
Die Siegermächte des Großen Krieges hätten 1917-1923 Grenzen gezogen, wo keine gewesen seien. "Sie haben Völker, die keine waren, in Staaten zusammen gezwängt, deren Implosion wir heute, exakt 100 Jahr später, beobachten können. Wir sind Zeugen geworden eines arabischen Spätherbstes, der sich - allen Beschwörungen zum Trotz - nicht in Richtung westlichen Demokratieverständnisses entwickeln wird", analysierte Bugnyar.
Es zeige sich, dass die Nachkriegsordnung des Ersten Weltkrieges sich nicht bewährt habe. Sie befördere heute von Neuem hegemoniale Interessen der "Big player" in der Region, mit einem ungewissen Ausgang. "Jerusalems Schicksal ist je nach Standpunkt bereits festgeschrieben - doch so diametral widersprüchlich, dass nichts wirklich entschieden scheint."
Themen der Konferenz sind die damaligen Ereignisse und ihre Konsequenzen: Vor 100 Jahren - am 11. Dezember 1917 - kapitulierte die osmanische Stadtregierung Jerusalems und übergab die Stadt kampflos den Briten. Nach 673 Jahren unter muslimischer Herrschaft war die Heilige Stadt damit erstmals wieder in christlicher Hand. Die Übergabe Palästinas an die Briten hatte Nachwirkungen, die bis heute für Konflikte sorgen.
Das genaue Konferenzthema lautet "Disclosing 1917 - The Great War and it's Aftermath in the Near East" (Erschließungen zu 1917 - der große Krieg und seine Nachwirkung in Nahost). Außer Habsburg und Bugnyar referieren die Historikerin Alma Hanning (Bonn), die Historiker Nicholas Saunders (Bristol), Benny Michelsohn (Israel), Tobias Hirschmüller (KU Eichstätt), Günther Kronenbitter (Augsburg), David Nicolle (Edinburgh), Marcus Patka (Wien), John Peaty (London), Walter Posch (Wien), Friedrich Schipper (Heiligenkreuz), Erwin Schmidl (Innsbruck), Sir Hew Strachan (St. Andrews/Schottland), Eran Tearosh (Jerusalem) und Helmut Wohnout (Wien) sowie der Diplomat Botschafter Janos Hovari (Budapest-Ankara) und der Militärexperte Major Wilfried Schimon (Bundesheer).
Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs brach das Osmanische Reich dann endgültig zusammen. Großbritannien erhielt nach seiner Militärverwaltung 1920 auch das offizielle Mandat des Völkerbunds für Palästina. Im Dienst eigener Kolonialinteressen verstrickten sich die Briten jedoch in widersprüchlichen Versprechungen, die bis heute nachwirken. Den Arabern versprachen sie in der Husain-McMahon-Korrespondenz Unterstützung im Streben nach Unabhängigkeit, den Juden mit der Balfour-Erklärung die Schaffung einer "Nationalen Heimstätte". Mit den Franzosen, die ebenfalls ein Auge auf Palästina geworfen hatten, waren sie im geheimen Sykes-Picot-Abkommen von 1916 über eine Teilung des Nahen Ostens, inklusive heutigen Grenzen etwa zwischen Irak und Syrien, übereingekommen. Viele der Streitpunkte dieser Zeit dauern seit damals an.
Die Einnahme Jerusalems durch den britischen General Edmund Allenby am 11. Dezember 1917 ist auch Thema einer Ausstellung im Davidsturm-Museum in der Jerusalemer Altstadt. Eröffnet wird die Schau "Ein General und ein Gentleman - Allenby an Jerusalems Toren" mit einer historischen Nachstellung der Übergabe der Stadt an Allenby am kommenden Montag (11.12.), wie das Museum am Mittwoch mitteilte.
In der bis September 2018 dauernden Ausstellung werden unter anderem die weiße Fahne, mit der die Osmanen ihre Kapitulation erklärten, sowie die vom damaligen Bürgermeister der Stadt an Allenby ausgehändigten Schlüssel zu sehen sein. Thema der Ausstellung seien ferner Legenden rund um die britische Einnahme der Stadt.
Allenby war im Juni 1917 Oberbefehlshaber der britischen Truppen in Ägypten geworden und hatte sich über Beerscheva und Gaza im Süden und Jaffa im Norden bis Jerusalem durchgekämpft, wo er der Bevölkerung den Schutz der heiligen Stätten und Kultfreiheit versprach.