Halle (Saale) am 9. Oktober.
Halle (Saale) am 9. Oktober.
Vor der Synagoge von Halle hatte es am Mittwoch einen Anschlag gegeben, bei dem nach bisherigen Erkenntnissen zwei Menschen getötet wurden.
Zahlreiche deutsche katholische Bischöfe haben sich nach den Schüssen vor und auf eine Synagoge in Halle an der Saale bestürzt geäußert und ihre Solidarität mit den Juden in Deutschland bekundet. "Ich bin erschüttert über die Nachrichten aus Halle", schrieb der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki nach Angaben der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf Twitter: "Beten wir für die Opfer und ihre Angehörigen und arbeiten wir gemeinsam daran, dass Juden in Deutschland nie wieder Angst haben müssen."
Auch der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch äußerte sich über den Kurznachrichtendienst: "Es lässt mich verzweifeln, dass immer noch Juden bei uns nicht in Frieden und ohne Angst leben können. Ich stehe an der Seite unserer jüdischen Nachbarn und trauere mit ihnen." Darüber hinaus schrieb Koch: "Wir werden nicht zulassen, dass Hass gleich welcher Art, insbesondere aber der Hass auf das Judentum, sein Ziel erreicht, unsere Gesellschaft zu spalten!"
Auch der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige und der evangelische mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer brachten ihre Erschütterung zum Ausdruck. Der aus Halle stammende Feige nannte es "eine menschliche Katastrophe, dass Juden in Deutschland nicht in Frieden leben und den Versöhnungstag Jom Kippur feiern können". Er äußerte die Hoffnung, "dass diese abscheuliche Tat konsequent aufgeklärt wird". Kramer nannte die Tat "abscheulich und unerträglich". Alle Menschen guten und friedlichen Willens seien aufgerufen, "einem Klima des Hasses und jeglicher Gewalt entgegenzutreten", so der evangelische Bischof.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat die Attacke von Halle scharf verurteilt. "Ich bin entsetzt und erschüttert über den feigen Anschlag", erklärte er am Mittwoch in Bonn. Die Täter hätten offensichtlich gezielt die Synagoge von Halle ausgesucht, um am höchsten jüdischen Feiertag Blut zu vergießen.
"Wir stehen solidarisch an der Seite der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Antisemitismus oder gar blinde Gewalt dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben", sagte der Kardinal. "Wir sind den Juden in unserem Land, unseren Schwestern und Brüdern, gerade in diesen Stunden eng im Gebet verbunden."
Vor der Synagoge von Halle hatte es am Mittwoch, 9. Oktober 2019 einen Anschlag gegeben, bei dem nach bisherigen Erkenntnissen zwei Menschen getötet wurden. Ein schwer bewaffneter Täter habe vergeblich versucht, in das jüdische Gotteshaus einzudringen, in dem sich bis zu 80 Menschen aufgehalten hätten, berichtete der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Max Privorozki.
Nach Angaben der Polizei wurde bislang ein Tatverdächtiger festgenommen. Die genauen Hintergründe sind bislang allerdings unklar. Juden in aller Welt haben am Mittwoch ihren höchsten Feiertag Jom Kippur (Versöhnungstag) begangen.
Jüdisches Leben auf dem heutigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit rund 1.700 Jahren. Der älteste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 321 aus Köln. Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten 1933 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches rund 570.000 Juden. In der Folge des Holocaust wurden etwa 180.000 von ihnen ermordet, sehr viele flohen. 1950 gab es nur noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Eine Zukunft jüdischen Lebens im Land der Täter schien unwahrscheinlich und war innerjüdisch umstritten.
Derzeit beziffert der deutsche Zentralrat der Juden die Zahl der Mitglieder in den 105 zum Zentralrat gehörenden jüdischen Gemeinden auf rund 100.000. Der größte Teil davon kam in den vergangenen Jahren aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion.
Spitzenorganisation sowie politischer Sprecher ist der 1950 gegründete Zentralrat der Juden in Deutschland. Er gibt die Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine" heraus, trägt die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg und unterstützt die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.
Die größten Gemeinden sind in Berlin, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Die meisten jüdischen Gemeinden nennen sich Einheitsgemeinden, die verschiedene Strömungen unter einem Dach vereinen wollen, aber eher orthodox geprägt sind. Inzwischen gründete sich in manchen Städten zusätzlich eine liberal ausgerichtete Gemeinde.
Zur neuen Vielfalt gehören auch Gruppen, die für eine säkulare jüdische Kultur eintreten. In mehreren deutschen Städten gibt es mittlerweile jüdische Museen, neben Berlin etwa in Frankfurt am Main, Köln und München. Jüdische Einrichtungen stehen unter ständigem Polizeischutz. Antisemitische Ausschreitungen und Übergriffe, Bedrohungen und Beschimpfungen haben zuletzt zugenommen.