Papst Franziskus hat am Donnerstagnachmittag, 4. August 2016 einen Kurzbesuch in Assisi absolviert.
Papst Franziskus hat am Donnerstagnachmittag, 4. August 2016 einen Kurzbesuch in Assisi absolviert.
Franziskus spendet bei Kurzbesuch in der Stadt seines Papstnamenspatrons eine Stunde lang spontan die Beichte.
Papst Franziskus hat am Donnerstagnachmittag, 4. August 2016 einen Kurzbesuch in Assisi absolviert. Ziel des als privat bezeichneten Besuchs in der Stadt seines Papstnamenspatrons war die Kirche Santa Maria degli Angeli. Dort betete der Papst anlässlich des 800. Jahrestags des sogenannten "Perdono di Assisi" (Vergebung von Assisi), eines Ablasses, den der Heilige Franz von Assisi (1182-1226) für die Portiuncula-Kapelle in der Basilika erwirkt hatte.
Überraschend stellte sich der Papst in der Kirche Santa Maria degli Angeli spontan als Beichtvater zur Verfügung. Er setzte er sich in den Beichtstuhl und spendete im Laufe fast einer Stunde 19 Gläubigen das Bußsakrament, unter ihnen zahlreiche Jugendliche, aber auch eine ältere Frau im Rollstuhl und zwei Priester. Ein junger Pfadfinder bekannte anschließend, Franziskus habe ihn gemahnt, nicht zu lügen - "sonst kriegst du eine Nase wie Pinocchio".
Die begleitenden Bischöfe und Priester rief der Papst auf, sich ebenfalls den Gläubigen in der Basilika für das Sakrament der Versöhnung anzubieten. Nach einem Moment sichtlicher Verblüffung begannen die Franziskaner in der Kirche mit den anderen Besuchern den Rosenkranz zu beten. Obwohl der Aufenthalt nur zwei Stunden dauern sollte, galten ganztägig strenge Sicherheitsvorkehrungen.
In seiner Ansprache forderte der Papst alle Christen, die irgendeinen Groll hegten, zur Vergebung auf. Die Vergebung sei jedenfalls "der direkte Weg zu dem Platz, den wir Himmel nennen; und hier in Portiuncula spricht alles von der Vergebung". Die Vergebung, für die der heilige Franziskus "sich zum Kanal gemacht habe, trete im aktuellen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit noch stärker in den Vordergrund. Es werde deutlich, wie der Weg der Vergebung die Kirche und die Welt wirklich erneuern könne, betonte Franziskus.
Kritik äußerte der Papst für eine gängige Doppelmoral: "Wenn wir den anderen etwas schulden, beanspruchen wir Barmherzigkeit; wenn wir dagegen eine Schuldforderung haben, rufen wir nach Gerechtigkeit", sagte er. Gottes Vergebung hingegen kenne keine Grenzen, auch wenn man immer in die gleichen Sünden zurückfalle. "Es ist eine volle, allumfassende Vergebung, mit der er uns die Gewissheit gibt, dass er, obwohl wir in dieselben Sünden zurückfallen können, Erbarmen mit uns hat und nicht aufhört, uns zu lieben", sagte Franziskus. Die Vergebung Gottes überschreite alle Vorstellungen und erreiche "jeden, der zutiefst in seinem Herzen zugibt, dass er einen Fehler begangen hat, und zu Gott zurückkehren möchte. Gott schaut auf das Herz, das um Vergebung bittet", hob Franziskus hervor.
Niemand dürfe sich der Aufgabe entziehen, Barmherzigkeit in der Welt von heute zu bezeugen, so der Papst. "Die Welt braucht Vergebung; zu viele Menschen leben eingeschlossen im Groll und hegen Hass, weil sie unfähig sind zu vergeben. Und so verderben sie ihr eigenes Leben und das anderer, anstatt die Freude der Unbeschwertheit und des Friedens zu finden", sagte Franziskus.
An dem Gebet in der Basilika nahmen auch zwei Imame aus der Region teil. Vor 30 Jahren, 1986, hatte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) die Vertreter anderer christlicher Kirchen und Religionen erstmals zu einem Gebetstreffen nach Assisi eingeladen. Die im Programm vorgesehene Begegnung mit Ordensleuten und Priestern in der Krankenstation des benachbarten Franziskanerklosters holte der Papst mit fast einstündiger Verspätung nach. Vom Generaloberen des Franziskanerordens, Michael Perry, war der Papst bereits bei seiner Ankunft begrüßt worden.
Vor seiner Abfahrt grüßte Franziskus die Menschen vor der Kirche, die teils seit Stunden ausgeharrt hatten. Angesichts der sommerlichen Hitze hatte sich der Platz merklich geleert. Franziskus mahnte auch dort noch einmal zur Barmherzigkeit: "Wenn wir vergeben, vergibt auch der Herr", sagte er und fügte scherzend an: "Wenn einer hier keine Vergebung nötig hat, soll er die Hand heben."
Portiuncula (lateinisch für "kleiner Flecken") ist der volkstümliche Name der frühromanischen Kapelle innerhalb der barocken Basilika Santa Maria degli Angeli, rund dreieinhalb Kilometer unterhalb von Assisi. Der wichtige Wallfahrtsort ist eng mit der Entstehung des Franziskanerordens verknüpft. Der Ordensgründer und Heilige Franz von Assisi baute die verfallene Kapelle laut der Überlieferung nach einer göttlichen Vision wieder auf; er starb dort am 3. Oktober 1226.
Auch die Heilige Klara (1193/94-1253) betete oft in der Portiuncula und nahm dort den Nonnen-Habit entgegen. Auf Geheiß von Papst Pius V. (1566-1572) wurde später die Basilika über dem kleinen Gotteshaus errichtet, die 1697 fertiggestellt wurde.
Besondere Bedeutung gewann die Portiuncula wegen des mit ihr verbundenen vollkommenen Ablasses, einem Nachlass zeitlicher Bußstrafen für die Sünden, die man gebeichtet hat und die hinsichtlich der Schuld schon vergeben sind. Der Portiuncula-Ablass ist seit dem 13. Jahrhundert Teil der franziskanischen Ordensidentität. Der heilige Franz hatte 1216 von Papst Honorius III. die Ablassgewährung für Gläubige erbeten, die am 2. August die Kapelle besuchen.