Erst in jüngster Zeit hätten Psychiatrie und Psychologie gezeigt, wie groß der Einfluss gewaltsamer und pornografischer Bilder auf Heranwachsende sei.
Erst in jüngster Zeit hätten Psychiatrie und Psychologie gezeigt, wie groß der Einfluss gewaltsamer und pornografischer Bilder auf Heranwachsende sei.
Teilnehmer von internationaler Kinderschutztagung der Päpstlichen Universität Gregoriana rufen mit "Erklärung von Rom" Politik, Religionsgemeinschaften, Unternehmen, Medizin und Bildungseinrichtungen zum gemeinsamen Kampf gegen Missbrauch und Kinderpornografie auf.
Die katholische Kirche ist aufgrund ihrer eigenen Vergangenheit mit Kindesmissbrauch nach den Worten von Papst Franziskus "besonders verpflichtet, sich energisch und vorausschauend für den Schutz Minderjähriger einzusetzen". Die Kirche habe Fehler gemacht, aber auch viel gelernt, sagte Franziskus zum Abschluss eines internationalen Kinderschutz-Kongresses am Freitag in Rom. Den teilnehmenden Experten versicherte er, die Kirche sei entschlossen und bereit, beim Kampf für mehr Kinderschutz zu helfen.
Der Kongress "Child Dignity in the Digital World" (Die Würde der Minderjährigen in der digitalen Welt) hatte vier Tage lang in Rom an der päpstlichen Universität Gregoriana beraten. Am Freitag verabschiedete er eine Erklärung, die zu einem international koordinierten Kampf gegen Kindesmissbrauch und Ausbeutung im Internet aufruft.
Der Papst sagte, der Schaden, den Pornografie bei Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen anrichte, dürfe nicht unterschätzt werden. Erst in jüngster Zeit hätten Psychiatrie und Psychologie gezeigt, wie groß der Einfluss gewaltsamer und pornografischer Bilder auf Heranwachsende sei. Die Verbreitung immer drastischerer Darstellungen beeinflusse auch das gesellschaftliche Verständnis von Liebe und Beziehungen überhaupt.
Es reiche auch nicht, allein auf immer bessere technische Filter zu setzen. Technische Entwicklungen bedürften stets einer ethischen Begleitung. Ferner warnte der Papst vor der Vorstellung, das Internet sei ein Bereich unbegrenzter Freiheit. Gesetzgeber und Strafverfolgungsbehörden müssten auch dort das Gemeinwohl und die Schwachen schützen. Missbrauch und Gewalt hätten nichts mit der Ausübung von Freiheit zu tun, sondern seien kriminelle Handlungen.
"Die weltweite Gemeinschaft verrät ihre Kinder", heißt es in der "Erklärung von Rom", die am Freitag im Beisein von Papst Franziskus unterzeichnet wurde, und mit der die Teilnehmer der Kinderschutztagung Politik, Religionsgemeinschaften, Unternehmen, Medizin und Bildungseinrichtungen zum gemeinsamen Kampf aufrufen. Millionen Kinder würden auf unsägliche Weise missbraucht und ausgebeutet. Nur langsam werde etwa der langfristig große, schädliche Einfluss von Pornografie deutlich. Das Bewusstsein für diese dramatische Bedrohung eines Großteils der jungen Generationen müsse dringend geschärft werden.
Ausdrücklich werden in der Erklärung die politischen und religiösen Führer aufgerufen, in ihren Ländern und Glaubensgemeinschaften das Bewusstsein für diesen Skandal zu schärfen. Alle Verantwortlichen - Regierungen, Gesetzgeber, Privatindustrie und Religionsgemeinschaften - sollten sich schließlich auch dafür einsetzen, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu Internetinhalten haben, die Erwachsenen vorbehalten sind.
Parlamente sollten Gesetze für einen größeren Schutz von Kindern und die schärfere Verfolgung von Tätern schaffen, Internetunternehmen bessere Technologien entwickeln, um die Verbreitung pornografischer Bilder zu unterbinden. Justiz und Strafverfolgungsbehörden müssten ihre internationale Zusammenarbeit verstärken. Soziale und medizinische Einrichtungen weltweit schließlich sollten die Opfer von Missbrauch besser identifizieren, ihnen helfen und sie betreuen können. Dazu müssten sie mehr Mittel erhalten.
Der Kongress "Child Dignity in the Digital World", der seit Dienstag internationale Experten verschiedener Disziplinen in Rom versammelt hatte, wurde organisiert vom Zentrum für Kinderschutz an der Päpstlichen Universität Gregoriana und "WeProtect", einem internationalen Bündnis gegen Kindesmissbrauch, das von der britischen Regierung sowie dem US-Justizministerium und der EU-Komission getragen wird. Zum Auftakt hatte der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin betont, für Christen sei Kindesmissbrauch nicht nur ein Verbrechen, sondern ein Sakrileg.
Die vielfältigen Notwendigkeiten beim Kinderschutz im Internet machte etwa Joanna Shields, Beauftragte für Internetsicherheit der britischen Premierministerin Theresa May, bei der Konferenz deutlich. Es beginnt beim "Cybermobbing", wenn also Kinder und Jugendliche sich über das Internet gegenseitig verleumden und belästigen, geht über das "Sexting", bei dem junge Menschen sexualisierte Bilder von sich verschicken, die natürlich leicht in die Hände Dritter geraten können, und endet beim sexuellen Missbrauch von Kindern vor allem in Entwicklungsländern, der auf Bestellung über das Internet live in die ganze Welt übertragen wird.
Anders als Parolin, der das Thema nicht erwähnte, sprach der Generalobere der Jesuiten, Arturo Sosa, in seinem Konferenzbeitrag auch die Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche an. Man stelle sich der "schmerzhaften Realität des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester, Ordensleute und andere pastorale Mitarbeiter". Weil Erziehung von Anfang an ein Markenzeichen des Jesuitenordens gewesen sei, engagiere er sich auch jetzt so stark.
Maßgeblich organisiert hat den Kongress der deutsche Jesuit Hans Zollner, Professor für Psychologie und Leiter des Kinderschutzzentrums an der Gregoriana. "Die Missbrauchsfälle, die in der katholischen Kirche bekanntgeworden sind, haben nicht zuletzt zur Gründung unseres Kinderschutzzentrums und auch der päpstlichen Kinderschutzkommission geführt", sagte er im Gespräch mit "Kathpress".
Mit dem Kongress wolle man nun über das hinausgehen, was es inzwischen an innerkirchlichen Bemühungen um das Thema gebe, und bringe Vertreter aus Kirche, Wissenschaft, Politik und Unternehmen zusammen. Die katholische Kirche mit ihrer Zentrale in Rom sei offensichtlich eine Institution, die eine solche Plattform schaffen könne.
Auch Psychologen und Sexualwissenschaftler, Neurologen und Kriminalisten diskutierten in der päpstlichen Universität darüber, wer die Opfer und wer die Täter von Kindesmissbrauch im Internet sind, welche Auswirkungen die Internetpornografie auf Kinder und Jugendliche hat, und wie sich neue technische Entwicklungen, etwa des Livestreamings, auswirken: "Das Internet schafft Gelegenheiten, die es vor zehn Jahren noch nicht gegeben hat", sagte etwa die britische Psychologin Ethel Quayle, die sich mit digitaler Kinderpornografie beschäftigt.
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