Regisseur Dietrich Brüggemann diskutierte in der "Langen Nacht der Kirchen" mit Religionspädagogen Jäggle und Publizist Friedrich über seinen Berlinale-prämierten Streifen.
Der Film "Kreuzweg" des deutschen Regisseurs Dietrich Brüggemann macht gerade durch seine überzeugende Darstellung des Gegenteils deutlich: "Die Voraussetzung für Glauben ist Freiheit." Zu dieser Ein- und Wertschätzung des bei der jüngsten Berlinale prämierten Streifens kam der Wiener Religionspädagoge Martin Jäggle am Freitagabend, 23. Mai 2014, in der "Langen Nacht der Kirchen". Jäggle diskutierte mit dem Regisseur und dem in der Wochenzeitung "Die Furche" für Religion und Film zuständigen Journalisten Otto Friedrich im Anschluss an eine Filmvorführung im "Cine Center" in der Wiener Innenstadt.
Brüggemann verfasste gemeinsam mit seiner Schwester Anna ein Drehbuch über Christentum in rigidester Ausprägung: Die 14-jährige Maria versucht die strengen Vorgaben einer Gemeinschaft nach dem Muster der Priesterbruderschaft Pius XII. in ihrem Teenagerleben umzusetzen, lehnt auf Geheiß ihrer fast karikaturhaft "enggläubig" (O-Ton Jäggle) gezeichneten Mutter jede Lebensfreude als unstatthaft ab - und scheitert letztlich an den unlebbaren Ansprüchen ihrer Opferideologie. Dietrich Brüggemann entfaltet das Seelenleiden seiner jungen Protagonistin auch formal in den 14 Bildern des Kreuzwegs.
Derartige Fehlformen von Religiosität gibt es auch heute noch, ist sich Jäggle sicher. Glaubenserziehung in einer evangeliumsgemäßen Weise muss nach den Worten des Theologen "Respekt vor dem Kind von Anfang an" zeigen. Eltern sollten ihre christliche Überzeugung so leben, dass ihre Kinder sie danach fragen und "Geschmack daran bekommen".
Dietrich Brüggemann berichtete, in Jugendjahren selbst mit seiner Familie Kontakt zur Piusbruderschaft gehabt zu haben, dieses Milieu und den dortigen Sprachduktus somit aus eigener Erfahrung zu kennen. Er sehe seinen Film als "religiös", aber nicht als Statement gegen das Christentum an sich. Dieses biete vielen Menschen Heimat und Trost. Anlässe für Filme sind nach Brüggemanns Ansicht Tragik und Komik, "gelingenden Glauben" müsse jemand anderer zum Inhalt machen, antwortete er auf eine Frage aus dem Publikum.
Otto Friedrich hatte bereits in der jüngsten Ausgabe der "Furche" dem Film attestiert, "beklemmend authentisch" zu veranschaulichen, "wie ein verquerer katholischer Glaube in die Psychose treibt oder gar der Menschenwürde entgegensteht, die ebendieser Glaube hochhalten sollte". In der Diskussion am Freitagabend sprach er "Kreuzweg" Relevanz über den Religionsbereich hinaus zu: Fundamentalismus sei ein gesamtgesellschaftliches Thema, Freiheit gerade heute oftmals bedroht.
In den österreichischen Kinos ist Brüggemanns bereits mit dem Ökumenischen Preis der diesjährigen Berlinale ausgezeichneter Film "Kreuzweg" ab Freitag zu sehen.
Eindrücke aus der Langen Nacht der KirchenBildergallerie zur Langen Nacht 2014 |
Lange Nacht der Kirchen 2014 |
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