In mehrjähriger Arbeit wollen Forscher die Entstehungsgeschichte des Kleinmariazeller Kirchengebäudes 50 Kilometer südöstlich von Wien rekonstruieren.
In mehrjähriger Arbeit wollen Forscher die Entstehungsgeschichte des Kleinmariazeller Kirchengebäudes 50 Kilometer südöstlich von Wien rekonstruieren.
Erstmalige Rekonstruktion des Werdegangs der Wienerwald-Basilika an der "Via Sacra".
Die rund 900-jährige Geschichte der Wallfahrtsbasilika Kleinmariazell im Wienerwald und des früher hier befindlichen Benediktinerklosters wird bald gelüftet: In mehrjähriger Arbeit wollen Forscher die Entstehungsgeschichte des Kirchengebäudes 50 Kilometer südöstlich von Wien rekonstruieren. Details zum Vorhaben wurden kürzlich in der St. Pöltner Landesbibliothek präsentiert. Durchaus seien "einzigartige Einblicke in die Welt des 12. Jahrhunderts" zu erwarten, erklärte Thomas Aigner, Präsident des ICARUS-International Centre for Archival Research und Direktor des St. Pöltner Diözesanarchivs, gegenüber "Kathpress".
Das am alten Pilgerweg "Via Sacra" gelegene Kleinmariazell sei einst "so wichtig wie Altenburg" gewesen, erklärte Aigner. Das Kloster wurde 1782 im Josephinismus aufgehoben, bestand jedoch bis zu seinem weitgehenden Abriss (1964-1967) weiter als eines der vollständigsten Klosterensembles, wenngleich nun überwiegend in Privatbesitz. Auf Initiative vor allem des Diakons Franz Eckert begann in den 1990er-Jahren die Revitalisierung und Renovierung der einstigen Klosterkirche. Nach über 200-jähriger Pause siedelte sich 2005 mit den Brüder-Samaritern wieder eine Ordensgemeinschaft an. In der Pfarrkirche, die seit 2007 "Basilika minor" und für ihre Fresken des Troger-Schülers Johann Bergel berühmt ist, wird heute der Märtyrerin Maria Restituta gedacht. Der Ort habe sich "wie ein Phönix aus der Asche" erhoben, seriöse Angaben zur Geschichte fehlten jedoch, so Aigner.
Im Dunkeln sind bislang vor allem die Jahrhunderte ab der Gründung, die offiziell mit dem Jahr 1136 angegeben wird, wobei Aigner jedoch von einem früheren Datum zwischen 1110 und 1120 ausgeht. Als legendenhafte Erbauer des "Cella Sanctae Mariae" gelten die Brüder Heinrich und Rapoto von Schwarzenburg-Nöstach, erste Bewohner dürften Benediktinermönche aus Niederbayern oder Göttweig gewesen sein. Auskünfte über die ersten Jahrhunderte, von denen bis heute noch die romanischen Portale zeugen, sollen Ergebnisse von umfassenden archäologischen Grabungen geben, die bereits vor über 20 Jahren durchgeführt wurden, nun aber erst - in Kooperation u.a. mit dem Bundesdenkmalamt - ausgewertet werden.
Die gesamte Geschichte des Klosters, angefangen von der ersten Kirche bis zum großzügigen Klosterausbau - ist geprägt von den Entwicklungen jeweiligen Epoche, betonte der St. Pöltner Historiker: Kleinmariazell war etwa im 15. Jahrhundert aktiver Teil der vom Stift Melk ausgehenden monastischen Reformbewegung, durchlief im 16. Jahrhundert im Zuge der Reformation eine und 100 Jahre später ein Wiederaufleben im Zuge der Gegenreformation. Wiederholt wurde das Kloster zerstört - wie 1683 durch die Türken - und wieder aufgebaut, zuletzt vom letzten Abt Jakob Pach (1752-1782), der dem Ort die vorerst letzte Blütezeit bescherte. Streitereien zwischen Konvent und Abt führten schließlich zur Aufhebung im Jahr 1782.
topothek Kloster Mariazell:
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