Über Jahrhunderte war einer der besterhaltenen gotischen Innenräume Wiens zugeschüttet. Wiederentdeckt wurde die um 1220/30 entstandene Kapelle 1973 im Zuge des U-Bahnbaus und für Besucher geöffnet.
Über Jahrhunderte war einer der besterhaltenen gotischen Innenräume Wiens zugeschüttet. Wiederentdeckt wurde die um 1220/30 entstandene Kapelle 1973 im Zuge des U-Bahnbaus und für Besucher geöffnet.
Wiedereröffnung: Gotischer Sakralraum, der 1973 beim U-Bahnbau entdeckt wurde, kann nach siebenjähriger Renovierungszeit wieder besucht werden.
Wien verfügt ab sofort wieder über ein mittelalterliches Kleinod im Herzen der Stadt: Die Virgilkapelle unter dem Stephansplatz ist nach siebenjähriger Renovierungszeit ab Samstag, 12. Dezember 2015, wieder zugänglich. In einem kleinen Nebenraum des imposanten gotischen Sakralraumes mit einer Höhe von elf Metern und sechs Mal zehn Metern Fläche wurde eine kleine Ausstellung über Wien im Mittelalter gestaltet. Verantwortlich für Renovierung und Publikumsbetrieb der Virgilkapelle ist das Wien Museum. Dessen Direktor Matti Bunzl war wie auch Kuratorin Michaela Kronberger am Donnerstag beim Pressegespräch anlässlich der Wiedereröffnung am Standort in der U-Bahn-Passage am Stephansplatz anwesend.
Über Jahrhunderte war einer der besterhaltenen gotischen Innenräume Wiens zugeschüttet. Wiederentdeckt wurde die um 1220/30 entstandene Kapelle 1973 im Zuge des U-Bahnbaus und für Besucher geöffnet. Doch die Feuchtigkeit setzte den Wänden zu, nach einem Wasserrohrbruch 2008 musste die Kapelle geschlossen werden. Eine neue Klimaanlage stabilisiert das Raumklima jetzt bei rund 70 Prozent Luftfeuchtigkeit, damit wird Schimmelbildung verhindert.
Die Virgilkapelle konnte bereits nach ihrer Entstehung im Wien der Babenbergerzeit nur über das darüber liegende Magdalenenkirchlein durch eine Falltür betreten werden, deren Grundriss im Straßenpflaster des Stephansplatzes heute noch sichtbar ist. Wer der Bauherr war, ist bis heute unbekannt; aus dem 13. Jahrhundert sind dazu keinerlei schriftlichen Quellen erhalten. Die Kapelle diente - mit einem Altar für den heiligen Virgil ausgestattet - zunächst einer reichen Kaufmannsfamilie als Andachtsraum, später trafen sich hier Bruderschaften. Aus der Anfangszeit stammen auch die Wandmalereien, deren Bedeutung bis heute ungeklärt ist. "In jeder der sechs ursprünglichen Nischen wurde ein großes Radkreuz eingebracht. Zu welchem Zweck, weiß man nicht", erklärte Kuratorin Kronberger.
Nun erschließt ein neu gestalteter, besucherfreundlicher Eingang auf der Ebene der U-Bahn-Passage die Virgilkapelle. Die anschaulich gestaltete Ausstellung informiert kompakt über die Kapelle selbst, über ihre Lage im Schatten des Stephansdoms, dem bedeutendsten Gotteshaus Wiens, aber auch über Bewohner, Alltagsleben, Religion und Bildung im Mittelalter. Einen Schwerpunkt bildet die räumliche Entwicklung Wiens ausgehend von den römischen Wurzeln bis ins 16. Jahrhundert. Aufbereitet wurden auch die neuesten Forschungsergebnisse zur früheren Maria-Magdalena-Kapelle auf dem Stephansplatz.
Am Wochenende vom 12./13. Dezember lädt das Wien Museum zu Tagen der offenen Tür bei freiem Eintritt. Danach kostet eine Normalpreiskarte 5 Euro, zugänglich ist die Virgilkapelle täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr. Der Raum soll auch für Gottesdienste zur Verfügung stehen, aber auch für Lesungen und Konzerte genutzt werden.
Mit der Wiedereröffnung ist auch eine musikalische Besonderheit verbunden: Der estnische Komponist Arvo Pärt erfüllte einen aus diesem Anlass angenommenen Kompositionsauftrag und komponierte eine "Kleine Litanei". Gewidmet ist das vierminütige Vokalstück dem Arnold-Schoenberg-Chor und dessen Leiter Erwin Ortner.
Wien Museum