In Damaskus herrscht große Hoffnungslosigkeit unter den Menschen und Unsicherheit.
In Damaskus herrscht große Hoffnungslosigkeit unter den Menschen und Unsicherheit.
Menschen ohne Hoffnung, soziales Gefüge in Syrien "völlig zerstört".
Der Jesuitenflüchtlingsdienst JRS ist zutiefst besorgt über die Lage der Zivilbevölkerung in Damaskus und Ost-Ghuta in Syrien. "Auf beiden Seiten leiden die Menschen", sagte JRS-Nahost-Regionaldirektor P. Nawras Sammour SJ am Samstag, 10. März 2018 in einem Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur "Kathpress" in Wien. Während Streitkräfte des Assad-Regimes Ost-Ghuta bombardieren, beschießen die dort belagerten Rebellengruppen das Zentrum von Damaskus mit Mörsergranaten. "Alle sind traumatisiert", schilderte Sammour, der selbst aus dem syrischen Aleppo stammt. Vor allem Zivilisten auf beiden Seiten zahlten den Preis für die Kriegshandlungen.
Der Jesuit war zuletzt in der vergangenen Woche in der Stadt Damaskus. Der "Jesuit Refugee Service" (JRS) betreibt dort in Jarmana, Dwel'a und dem Altstadtviertel Bab Touma mehrere Bildungszentren für Kinder sowie Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung der Bevölkerung und medizinischen Hilfe für chronisch Kranke wie Diabetespatienten. Weil diese mehrheitlich von Christen bewohnten Gebiete besonders nah an Ost-Ghuta liegen, sind sie seit Wochen stark von Granatenbeschuss betroffen. "Kinder und Frauen sind gestorben, es viele Verletzte", berichtete Sammour. Nach Ost-Ghuta konnte der JRS-Direktor wegen der Kampfhandlungen nicht gelangen. "Aber wir konnten die Flugzeuge, die Bombardierungen hören."
In Damaskus herrsche große Hoffnungslosigkeit unter den Menschen und Unsicherheit. Auch der JRS habe den Betrieb seiner Zentren in den vergangenen Wochen immer wieder vorübergehend einstellen müssen. Niemand wisse, wann wieder Bomben fallen. "Man kann an einem Tag den Eindruck haben, es ist alles in Ordnung - und fünf Minuten später explodiert in der Nähe eine Mörsergranate", so der Jesuit.
Gerade aus Sicht vieler junger Menschen sei Syrien zu einem Land ohne Zukunft geworden. "Das gesamte soziale Gefüge in Syrien ist völlig zerstört", sagte Sammour. Hinzu kommt die quälende Unsicherheit nach sieben Jahren Krieg und die immer neuen Entwicklungen des Konflikts. Noch vor wenigen Monaten etwa habe in Damaskus niemand gedacht, dass es im Zentrum der Hauptstadt noch einmal Beschuss geben könne, so der Ordensmann. Nun sei das Leben der Menschen vom Krieg betroffen wie nie zuvor.
Diese Unsicherheit werde auch nach Ende der Kampfhandlungen in und um Damaskus nicht verschwinden, ist Sammour überzeugt. Verheerend sei, dass nun auch unter jenen Syrern, die überhaupt die Möglichkeit haben zu emigrieren und bisher trotz des Krieges in Damaskus ausgeharrt haben, viele das Land verlassen wollen. "Sie sind einfach völlig verzweifelt." Die Menschen in Syrien bräuchten "Signale für die Zukunft", wie sie der JRS durch seine Hilfseinrichtungen zu geben versuche. "Als Kirche müssen wir ein Botschafter der Hoffnung sein."
"Die Vereinten Nationen und die Europäische Union sehen dem furchtbaren Leiden der Menschen bislang weitgehend hilflos zu. Dieses Bild von Ohnmacht der Völkerfamilie ist unerträglich", beklagte unterdessen der Geschäftsführer des deutschen katholischen Hilfswerks "Misereor" eine Hilflosigkeit der internationalen Gemeinschaft sieben Jahre nach Beginn des Syrienkrieges. "Wenn die UN ihrem Mandat gerecht werden und für den Schutz der Zivilbevölkerung endlich etwas ausrichten wollen, dann müssen sie jetzt handeln", sagte Martin Bröckelmann-Simon am Freitag in Aachen. Aus der Ferne lasse sich der Konflikt nicht lösen.
Misereor appellierte an die Völkergemeinschaft, sich entschlossener für ein Ende der Gewalt einzusetzen. "Alle bisherigen politischen Versuche sind kläglich gescheitert", so Bröckelmann-Simon. "Wir brauchen dringend wirkungsvolleres Handeln, um den Krieg endlich zu beenden." Das Hilfswerk tue mit seinen Partnern alles, um Menschen zu helfen und ihnen Hoffnung zu geben. "Aber Hilfsorganisationen können das Morden nicht beenden, das ist eine politische Aufgabe, der sich die Gemeinschaft aller Nationen stellen muss."
Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sieht im Leiden der syrischen Zivilbevölkerung einen "beschämendem Ausdruck eines gescheiterten politischen Willens". "Die sieben Kriegsjahre haben eine gewaltige menschliche Tragödie hinterlassen. Um der Überlebenden willen ist es höchste Zeit, diesen zerstörerischen Konflikt zu beenden", sagte UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi.
In den sieben Jahren Krieg sind nach Angaben von UNHCR Hunderttausende Menschen gestorben und 6,1 Millionen innerhalb Syriens aus ihren Häusern vertrieben worden. Darüber hinaus haben 5,6 Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern Zuflucht gesucht.
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