DER TAUCHER thematisiert Gewalt in der Familie und, wie sich diese auf Kinder und Jugendliche auswirkt.
DER TAUCHER thematisiert Gewalt in der Familie und, wie sich diese auf Kinder und Jugendliche auswirkt.
41 Frauen wurden im vorigen Jahr in Österreich ermordet. Oft von ihren Ehemännern oder (Ex-)Partnern. Irgendwas läuft falsch in unserer Gesellschaft, sagt Regisseur Günter Schwaiger. Er setzt sich in seinem neuen Film „Der Taucher“ mit häuslicher Gewalt auseinander.
Am 25. November gibt es eine Sondervorführung zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.
Ich glaube, es ist eines der größten Probleme, die wir hier im ,Westen‘ haben“, sagt Günter Schwaiger über die Gewalt in Familien und Beziehungen. Die Täter sind meist Männer, die Opfer Frauen – und die Kinder.
Diesen Kindern hat Günter Schwaiger seinen neuen Film „Der Taucher“ gewidmet, der rund um den internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen anläuft
Kinostart 29. November, Sondervorführungen ab 25. November 2019
Es ist der zweite Film, den Günter Schwaiger über häusliche Gewalt gedreht hat. In seinem Dokumentarfilm „Martas Koffer“ (2013) begleitet er eine Spanierin, die einen Mordversuch ihres Ex-Mannes überlebte und nach dessen Entlassung aus dem Gefängnis versteckt leben muss. Auch ein Täter kommt zu Wort und ein Therapeut, der mit gewalttätigen Männern arbeitet.
In seinem neuen Film „Der Taucher“, einem Spielfilm, geht Günter Schwaiger besonders auf die Kinder ein, die in einem gewalttätigen Umfeld aufwachsen. „Bei ,Martas Koffer‘ hat es mich sehr berührt und betroffen gemacht, wie die Kinder damit umgegangen sind. Ich habe gemerkt, wie schwer es für Kinder ist, mit diesen traumatischen Gewalterfahrungen umzugehen und sie zu überwinden.“
Um ein solches Trauma zu überwinden, muss es bewusst gemacht werden. „Wenn es verdrängt wird, kommt es oft zur späteren Wiederholung – entweder als Opfer oder als Täter“, sagt Günter Schwaiger und betont: „Es braucht immer Hilfe von außen.“
Das Drehbuch zu „Der Taucher“ hat er auf Grundlage von Recherchegesprächen mit ExpertInnen, Betroffenen und Tätern geschrieben.
Was mit einem Mord endet, hat oft mit einer Beleidigung begonnen. Oder mit einem „Witz“ auf Kosten der Frau, vor Freunden und Bekannten. „Psychische Gewalt wird unterschätzt. Sie ist immer der Beginn,“ sagt Günter Schwaiger, „die Frau wird dadurch entwertet, man nimmt ihr den Selbstwert und sie wird isoliert.“
Psychische Gewalt ist auch das Kontrollieren der Partnerin – Handy und soziale Medien bieten da zusätzliche Möglichkeiten, die Auswirkungen sind bereits spürbar, so Günter Schwaiger: „Es gibt eine neue, ganz vehemente Art von psychischer Gewaltausübung bei Jugendlichen über die neuen Medien.“
„Es kann nicht sein, dass mindestens 50 Prozent der Bevölkerung – das sind die Frauen – Gefahren ausgesetzt sind, die die anderen 50 Prozent – wir Männer – verüben, und wir nicht darüber nachdenken, was falsch läuft “, meint Günter Schwaiger, „es kann doch nicht sein, dass wir nicht fähig sind, gleichgestellte, friedliche Beziehungen zu führen.
Seit 2013 hat sich die Zahl der Tötungsdelikte an Frauen verfünffacht. Irgendetwas stimmt nicht in unserer Gesellschaft.“ Mit dem Thema setze sich niemand gerne auseinander, es sein ein Tabuthema. Und es werde gern auf die Migration geschoben, auf Menschen, die sich nicht wehren können. Wie sich aber an Verbrechen wie dem Fünffach-Mord in Kitzbühel zeige, ist es ein Problem, dass es überall gibt – übrigens auch in allen sozialen Schichten.
Günter Schwaiger vermutet patriarchale Strukturen als Hintergrund für die Gewalt: „Es gibt zwar an der Oberfläche in vielen Aspekten eine Gleichstellung zwischen Mann und Frau. Aber unter dieser Oberfläche gibt es immer noch ein Verhalten, dass Männer in einer Konflikt- oder Trennungssituation ihrer (Ex-)Partnerin nicht das Recht zugestehen, frei zu sein, weil sie – ich vereinfache jetzt – sie als ihr Eigentum betrachten.“ Dazu komme die Gewaltverherrlichung in den Medien: „Wenn in jedem zweiten Film der Held bei einem Konflikt Gewalt ausüben muss, damit er cool ist, dann ist das ein Modell.“
Günter Schwaiger hofft, dass sein Film „Der Taucher“ beim Publikum ein Nachdenken darüber auslöst, was die Hintergründe der Gewalt gegen Frauen sind. „Mein Film soll helfen, dass Gewalt an Frauen endlich als gesellschaftliches Phänomen gesehen wird, als etwas, das uns alle betrifft und an dem wir alle arbeiten müssen.“
Das wäre auch im Bezug auf die Präventionsarbeit wichtig. „Man sollte unbedingt in den Schulen beginnen. Wenn Gefährder sehr früh beginnen, mit ihrem Gewaltverhalten zu arbeiten und sich dem stellen, dann kann man sehr, sehr viel machen.
Dazu braucht es aber ein Bewusstsein in der Gesellschaft, dass diese Gewalt keine Ausnahmefälle sind, sondern ein Problem der Gesellschaft. Die Zahlen sind im Steigen und in Europa ist es ein Fakt: Der gefährlichste Ort für eine Frau ist ihr eigenes Heim. Wenn wir das nicht als gesamtgesellschaftliches Problem sehen, dann wird sich nichts tun.
Wenn wir das aber sehen und überall ansetzen, dann wird sich mit Sicherheit einiges verbessern.“
Wo gibt es Hilfe?
Opferhilfe
www.opfer-notruf.at/opferhilfe
Caritas Mutter-Kind-Häuser
Telefon: 01 786 58 43
Verein Wiener Frauenhäuser
Telefon: 01 485 30 30
E-Mail: verein@frauenhaeuser-wien.at
Gewaltprävention:
Männerberatung Wien
Telefon: 01 603 28 28
E-Mail: info@maenner.at
und Männerbüros Österreichs (AMÖ)
DER TAUCHER Kinostart: 29. November
Sondervorführungen
25. November 2019 (Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen),
19.30 Uhr, Wien, Stadtkino im Künstlerhaus: mit Ines Stilling, Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend, und Maria Rösslhumer vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
30. November 2019, 20.15 Uhr, Wien, Votivkino: Film und Gespräch mit Regisseur Günter Schwaiger
3. Dezember 2019, 20.00 Uhr, St. Pölten, Cinema Paradiso: mit Michaela Egger vom Gewaltschutzzentrum NÖ
Regisseur Günter Schwaiger wird bei allen Veranstaltungen anwesend sein.
KARTEN erhalten Sie bei den jeweiligen Kinos.
weitere Informationen zu
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at