Die Versuchung, sich selber auf Kosten der Kleinen groß zu machen. - Ein „Gegenmittel Jesu“: „Sich zum Letzten und zum Diener aller zu machen; dort zu sein, wo niemand hingehen will.
Die Versuchung, sich selber auf Kosten der Kleinen groß zu machen. - Ein „Gegenmittel Jesu“: „Sich zum Letzten und zum Diener aller zu machen; dort zu sein, wo niemand hingehen will.
„Sich zum Letzten und zum Diener aller zu machen und zu dienen, indem man Räume der Begegnung mit den Letzten, mit den Ausgesonderten schafft.“ Ich kann das nicht. Aber vielleicht könnte ich mehr bei denen sein, die das tun.
Der Papst war diese Woche im Baltikum. Dabei besuchte er auch das ehemalige Ghetto in Vilnius, der Hauptstadt von Litauen.
Litauen ist von den drei baltischen Ländern das einzige mit einer katholischen Bevölkerung. Gerade dort wurde die Judenvernichtung der Nazizeit am vollständigsten und mit der größten Hilfe seitens der Ortsbevölkerung durchgeführt. 95 Prozent der jüdischen Litauer wurden umgebracht.
Als das Morden begann, soll eine jüdische Delegation die Kirchenführer angefleht haben, bei den Deutschen zu intervenieren. Der Weihbischof von Kaunas, Vincentas Brizgys, soll geantwortet hat: „Ich bedauere zutiefst, aber das kann ich nicht. Das würde die Position der Katholischen Kirche in Litauen gefährden.“
In Litauen, das muss man dazusagen, hat es auch viele Menschen gegeben, die Juden geholfen haben. Besonders rührt mich Gotautas Bronius, ein ganz
einfacher Mann, der Dienstbote in einem Kloster war und sich Taschengeld mit dem Austragen der Kirchenzeitung verdiente – und der vielen mit gefälschten Dokumenten helfen konnte, bis er selber ins KZ kam. Auch Bischof Brizgys hat dann doch gegen das Morden gepredigt.
Die Versuchung, sich selber auf Kosten der Kleinen groß zu machen. Vor seinen Besuch im Ghetto hat der Papst dazu beim Mittagsgebet ein „Gegenmittel Jesu“ genannt: „Sich zum Letzten und zum Diener aller zu machen; dort zu sein, wo niemand hingehen will, wo nichts zu erwarten ist, in die entlegenste Peripherie; und zu dienen, indem man Räume der Begegnung mit den Letzten, mit den Ausgesonderten schafft.“ Ich kann das nicht. Aber vielleicht könnte ich mehr bei denen sein, die das tun.
Dr. Michael Prüller ist Kommunikationschef der Erzdiözese Wien und Geschäftsführer der St. Paulus-Medienstiftung.
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