Neue Leiterin der IEF-Beratung, Schmid: Gespräche helfen dabei, dass sich die Mutter in ihrer Situation nicht alleine fühlt.
Eine Ermutigung an Frauen, nach einer Fehlgeburt Angebote der Beratung und Unterstützung in Anspruch zu nehmen, kommt vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Da Frühaborte häufig mit einem Tabu belegt seien, blieben Betroffene oft alleine mit Gefühlen wie Angst, Trauer, Schuld und Schock, machte die in der Wiener Innenstadt beheimatete kirchliche Einrichtung auf ihrer Webseite aufmerksam. Der IEF- Beratungsdienst biete kostenfreie anonyme Krisenberatung in methodisch geführten, persönlichen Gesprächen, erreichbar mittels moderner Onlineberatungs-Tools (www.ief.at/onlineberatung), telefonisch (Tel. 01/34 84 777), mittels Videotelefonie sowie per E-Mail (beratung@ief.at).
"Einfühlsame Beratung und empathische Gesprächsmöglichkeiten tragen häufig dafür Sorge, dass sich die Mutter in ihrer Situation nicht alleine fühlt. Außerdem kann es der Frau helfen, nicht nur ihre 'greifbaren' Erinnerungsstücke, sondern auch ihre innere Erinnerung wahrzunehmen", erklärte die studierte Soziologin und Diplomsozialarbeiterin Brigitte Schmid, die seit Septemberbeginn neue Leiterin des IEF-Beratungsdienstes ist.
Zuverlässige Aussagen über die Häufigkeit von Fehlgeburten gibt es nur wenige, betonte die Expertin. In Deutschland schätzt man, dass 10 bis 20 Prozent der diagnostizierten Schwangerschaften zu einem Spontanabort führen, wobei bei älteren Frauen sowie in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen das Risiko dafür erhöht ist. Die Frauen erlebten diese Zeit meist als "sehr stressreich", mit Reaktionen auf körperlicher wie auch psychischer Ebene, zitierte Schmid aus einschlägigen Studien: "Frauen trauern um ihr Baby, erleben Chaos und Verwirrung, haben Gefühlsschwankungen und gesundheitliche Defizite. Oft sind sie auch in ihrem sozialen Umfeld und beruflichen Bereich sehr beeinträchtigt."
Als ein Hauptproblem im Umgang mit dem Verlust eines Kindes während der Schwangerschaft nannte Schmid das Gefühl der Frauen, mit ihrer Situation alleine zu sein. Viele behielten ihr Leid für sich aufgrund der Angst, auf Unverständnis zu stoßen, da ihre Schwangerschaft dem Umfeld noch nicht bekannt und der Verlust somit "unsichtbar" war. Da nur wenige Frauen ihre Erfahrungen teilen wollten, erführen Betroffene oft erst nach dem Durchleben einer Fehlgeburt, dass andere aus dem Freundes- oder Familienkreis bereits dieselbe Erfahrung gemacht hätten.
Schließlich seien Fehlgeburten mitunter auch mit einem Scheitern konnotiert - was Betroffene immer wieder mit abwertenden Kommentaren, mit einem Gemiedenwerden von anderen oder einem Mangel an Mitgefühl zu spüren bekämen, berichtete Schmid. Sicherheit, Selbstbewusstsein und Vertrauen könnten als Folge dessen verloren gehen.
Im günstigsten Fall vermitteln nach einer Fehlgeburt Personen aus dem sozialen Umfeld Schutz und Geborgenheit, betonte die IEF-Beratungsleiterin. Dieser Bedarf könne durch Gespräche geklärt werden. Viele verspürten auch den Wunsch nach Ritualen und Riten und bräuchten "Bilder und Erinnerungen", um sich vom Kind verabschieden und es loslassen zu können. In Österreich ist es seit 2017 möglich, Daten einer Fehlgeburt am Standesamt als sonstige Personenstandsdaten der Mutter eintragen zu lassen, sowie inzwischen auch das Begraben von toten Babys.
Auch wenn man sein Baby nicht in den Arm nehmen kann oder keine Fotos besitzt - was besonders bei einer Fehlgeburt noch in der frühen Schwangerschaft der Fall ist - könne man dem Kind einen Namen geben, eine Trauerfeier abhalten oder Erinnerungsstücke aus dem Krankenhaus aufbewahren, riet Schmid. Als hilfreich erlebt werde manchmal die Durchführung eines Gottesdienstes oder eines religiösen Ritus, doch reiche oft auch schon das Angebot einer "Seelsorge", die Betroffenen Zeit und Raum gibt, sich der religiösen Ressourcen bewusst zu werden.
Im Gedenken an vor, während oder kurz nach der Geburt verstorbene Kinder gibt es seit 1996 jeweils im Dezember auch die internationale Initiative "Worldwide Candle Lighting" (Weltweites Kerzenleuchten), an der sich die Kirche in Österreich mit zahlreichen Aktionen und liturgischen Feiern beteiligt. In Zusammenarbeit mit Krankenhausseelsorgern und unter Beteiligung der jeweiligen Diözesanbischöfe fanden in den vergangenen Jahren unter anderem in den Domkirchen von Salzburg, Linz und Innsbruck eigene Gottesdienste in diesem Anliegen statt. Der Name der Aktion rührt daher, dass viele Familien an diesem Tag im Gedenken ihrer verstorbenen Kinder eine Kerze ans Fenster stellen.
Infos: www.ief.at