Die Türen der Pfarren sind offen - auch für die Rückkehrenden.
Die Türen der Pfarren sind offen - auch für die Rückkehrenden.
In vielen Dekanaten ging die Zahl der Kirchenaustritte 2016 auffällig zurück. Die Gründe? Angefangen vom beliebten Papst bis hin zum Engagement in der Flüchtlingskrise.
Herr Pfarrer, eigentlich wollte ich im letzten Jahr aus der Kirche austreten, aber dieser neue Papst Franziskus gefällt mir. Der räumt endlich einmal auf und macht die Kirche moderner. Deshalb bin ich nicht ausgetreten!“ – An diese Bemerkung eines Pfarrmitglieds bei einer zufälligen Begegnung erinnert sich Dechant Richard Kager gern.
Im Dekanat Schwechat ging die Zahl der Austritte von 401 im Jahr 2015 auf 372 Personen im Jahr 2016 zurück. Der Grund für die meisten Austritte in seiner Pfarre ist „nach wie vor der Kirchenbeitrag“.
Kager: „Nachdem die meisten dieser Personen ohnedies keine Kirchenbindung bzw. kaum einen Kirchenbezug haben, sehen sie auch nicht ein, warum sie einen ,Mitgliedsbeitrag’ zahlen sollen.“
„Zum einen ist Papst Franziskus sehr beliebt und kommt bei vielen Menschen sehr gut an. Dies wurde auch bei Wiedereintritten als Grund angeführt“, erzählt auch Dechant Stefan Reuffurth.
Im Dekanat Wien 13 sank die Zahl der Austritte von 304 im Jahr 2015 auf 254 Personen im Jahr 2016. Reuffurth: „Zum anderen sind die Zeiten unsicherer geworden, was manche Menschen wohl doch zum Nachdenken bringt. Außerdem gab es im vergangenen Jahr keine größeren Skandale in der Kirche bzw. Negativschlagzeilen in den Medien über die Kirche in Wien und Österreich.“
Reuffurth glaubt im Gegenteil, „dass die Kirche gerade in der ,Flüchtlingskrise’ von vielen positiv wahrgenommen wurde. Die Pfarren im Dekanat waren und sind hier nach wie vor aktiv. Nach allem, was ich erlebe und höre, werden die Pfarren und Gemeinden (Pallottihaus, etc.) im Dekanat von den Menschen vor Ort sehr positiv wahrgenommen.“
„Es ist jedes Mal ein Stich ins Herz, wenn eine Kirchen-Austrittsmeldung eintrifft“, erzählt Dechant Josef Kantusch. Im Dekanat Heiligenkreuz ging die Zahl der Austritte aber ebenfalls zurück: von 114 Personen im Jahr 2015 auf 94 im Jahr 2016. Kantusch: „Desto erfreulicher aber ist es, zu erfahren, dass die Austrittszahl in unserem Dekanat Heiligenkreuz – Seelsorgeraum Wienerwald rückläufig ist.“
Mag es der Grund dafür sein, dass der Trend des „unguten und so materialistischen Zeitgeistes“, der die Menschen von Glaube und Kirche wegführt, erkannt wird?, fragt sich der Dechant. Kantusch: „Es ist sicherlich auch die gute, seelsorgliche Arbeit unserer Priester und Ordensleute mit allen Frauen und Männern in den Pfarren ausschlaggebend, dass sich die Leute in der Kirche daheim und geborgen wissen.“
„Es ist erfreulich, dass die Kirchenaustritte, die leider bei uns an sich ein zu hohes Niveau haben, überdurchschnittlich gesunken sind“, sagt Dechant Bernhard Pokorny (Dekanat Wien 23). Im Dekanat Wien 23 traten 2015 681 Personen aus der Kirche aus, 2016 waren es 590.
Warum die Zahlen gesunken sind, weiß der Dechant nicht, „es gab im Allgemeinen keine besonders großen Aufreger in diesem Jahr“. Pokorny: „Ich denke mir, dass sich die Kirche auch im Allgemeinen bei der polarisierenden Bundespräsidentenwahl nicht hat vereinnahmen lassen.“
Besonders auffallend war allerdings für ihn, „dass im Februar/März die Austrittszahlen in meiner Pfarre signifikant niedriger waren als in den Vorjahren“. Pokorny: „In dieser Zeit hatten wir ja eine Gebetsaktion mit Glockengeläut für Flüchtlinge und alle Menschen im Dekanat durchgeführt, parallel zu einer FPÖ-Demo gegen ein Flüchtlingswohnheim. Und es hat sich gezeigt, dass gerade in dieser Zeit zumindest in unserer Pfarre sehr wenige Menschen die Kirche verlassen haben.“
Aber die Gründe liegen oft im allgemeinen Bereich. Pokorny: „Ich finde es wichtig, dass sich unsere Kirche auch klar für die Schwächsten in der Gesellschaft einsetzt und positioniert.“
„Mit Freude habe auch ich registriert, dass die Anzahl der Kirchenaustritte in den letzten Jahren wieder rückläufig ist“, sagt Dechant Franz Pfeifer (Dekanat Hollabrunn). Hier traten 2015 noch 106 Personen aus der Kirche aus, 2016 waren es nur mehr 88.
„Worauf dies zurückzuführen ist, weiß ich nicht genau“, unterstreicht der Dechant. Aber dennoch wagt er ein paar Vermutungen: „Ich denke, dass die negativen Schlagzeilen über die Kirche in den Medien abgenommen haben; dass die Kirche dank Papst Franziskus eine menschenfreundlichere Ausstrahlung bekommen hat; dass die Menschen vor Ort verspüren, dass es wichtig ist, sich zur christlichen Tradition zu bekennen (als Abgrenzung zur muslimischen Gesellschaft) und dass die Begegnung mit Kirche – mit der eigenen Pfarre – als heilsam empfunden wurde.“
Pfeifer verweist auch noch auf das „persönliche Erleben der Sakramentenspendungen und der Begleitung von Familien an persönlichen Lebensabschnitten“ – Stichwort: „Nachgehende Seelsorge“. Und er erinnert an „das Zusammenwirken und Zusammenstehen der Priester und Laien in unseren Pfarrgemeinden“.
Sein Resümee: „Allen Christen, die ein menschliches Antlitz der Kirche weitertragen und Botschafter der Liebe Gottes werden, recht herzlichen Dank.“
„Ich weiß, dass alle acht Pfarren meines Dekanats sich sehr bemühen, eine sehr einladende, sehr menschenfreundliche Kirche und Gemeinde zu sein. Es ist für mich schwer, genaue Gründe für jede Pfarre zu nennen“, sagt Dechant Mikolaj Nawotka (Dekanat Wien 12). Im Dekanat traten 2015 475 Personen aus der Kirche aus, 2016 waren es 391.
Nawotka: „In der Pfarre Altmannsdorf beobachte ich immer mehr neue Gemeindemitglieder (Zuzug) und Gottesdienstbesucher. Sie werden freundlich begrüßt, alle Neuzugezogenen bekommen einen Begrüßungsbrief mit dem Vorschlag des persönlichen Kennenlernens und Hausbesuchs.“ Ein sehr großes Anliegen „ist eine schön vorbereitete Liturgie für Alt und Jung“.
Die herzliche Einladung an alle, die verschiedenen Formen des Gemeindelebens, Öffentlichkeitsarbeit (u.a. Pfarrblatt) und persönliche Gespräche und Begegnungen schaffen eine gute Atmosphäre in der Pfarre“, ist er überzeugt. Nawotka: „Ich hoffe, es wirkt und bringt gute Früchte.“