v.l. Markus Wölbitsch, Stadtrat, Juliane Bogner-Strauß, Bundesministerin und Elmar Walter, Geschäftsführer St. Nikolausstiftung.
v.l. Markus Wölbitsch, Stadtrat, Juliane Bogner-Strauß, Bundesministerin und Elmar Walter, Geschäftsführer St. Nikolausstiftung.
Am Montag, 2. Juli 2018 besuchten Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß und Stadtrat Markus Wölbitsch den Kindergarten in Wien-Penzing.
Forderungen der St. Nikolausstiftung beim Besuch: Einheitliche bundesweite Vorgaben, Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels, kind-zentrierte Pädagogik und Pädagogen- und Pädagoginnenmangel entgegenwirken.
Die Elementarpädagogik in die Bundeskompetenz einzugliedern, wäre aus Sicht der St. Nikolausstiftung der erste Schritt, um von Beginn an ein zukunftsweisendes Bildungssystem auf die Beine zu stellen, damit alle Kinder eine faire Chance auf eine erfolgreiche Bildungslaufbahn haben.
„In der politischen Diskussion wird seit Jahren nicht klar, was der Kindergarten ist: Bildungs- oder Betreuungseinrichtung? Wenn der Kindergarten eine Bildungseinrichtung ist, dann muss die Nutzung unabhängig von der sozialen und finanziellen Situation der Familien sein. Der Kindergarten als Ermöglichung der Vereinbarung von Familie und Beruf ist eine wichtige Funktion, die aber ein ‚Nebenprodukt‘ seiner eigentlichen Bedeutung, einer Bildungseinrichtung, ist“, stellt Elmar Walter, Geschäftsführer der St. Nikolausstiftung, gleich zu Beginn der gemeinsamen Stellungnahme von Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß und Stadtrat Markus Wölbitsch im Kindergarten Breitensee klar.
Der Handlungs- und Reformbedarf in der Institution Kindergarten ist hoch, die Elementarpädagogik hinkt im europaweiten Vergleich nach. Die Rahmenbedingungen, allen voran der Fachkraft-Kind-Schlüssel, müssen verbessert und wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden. Internationale wissenschaftliche Studien empfehlen bei Drei- bis Sechsjährigen eine maximale Gruppengröße von 20 Kindern, bei Null- bis Zweijährigen gilt der Richtwert acht bis zehn Kinder pro Gruppe mit zwei Pädagogen und einem Assistenten.
Sorge bereitet auch der Mangel an Elementarpädagogen. Die Drop-Out-Rate nach Abschluss der BAfEP (Bildungsanstalt für Elementarpädagogik) bzw. in den ersten Dienstjahren ist sehr hoch. Für die Begleitung in den ersten Dienstjahren sowie die Fort- und Weiterbildung ist in Wien ausschließlich die jeweilige Trägerorganisation, wenn vorhanden, zuständig. „Die neue dreijährige Ausbildung zum pädagogischen Assistenten muss beobachtet werden, weil die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass diese Kräfte nicht zusätzlich eingesetzt werden, sondern auf Grund des Fachkräftemangels die gruppenführenden Pädagogen ersetzen. Im Kindergarten muss qualifiziertes Personal arbeiten, das gelernt hat zu beobachten, zu reflektieren und zu dokumentieren. Dass Pädagogen empathisch sind und gerne mit Kindern arbeiten, ersetzt nicht das pädagogische Fachwissen und das Wissen über den Umgang mit herausfordernden Situationen im Alltag“, ist Susanna Haas, pädagogische Leitung der Stiftung, über einen möglichen Qualitätsrückgang besorgt.
Eine kind-zentrierte Pädagogik, die frühzeitig Entwicklungsauffälligkeiten, Sprachdefizite oder Hochbegabung erkennt und gegensteuert, ist derzeit im Kindergartenalltag nicht gegeben. Interdisziplinäre Fachkräfte aus den Bereichen Sonderkindergartenpädagogik, Psychologie, Logopädie, Ergotherapie, Sozialarbeit etc. könnten Kinder mit besonderen Bedürfnissen auffangen und im Regelkindergarten begleiten und unterstützen. Die St. Nikolausstiftung stellt zur Entwicklungsberatung und Begleitung von Kindern, Eltern und Pädagogen ein mobilies Team zur Verfügung.
Zur St. Nikolausstiftung Erzdiözese Wien gehören derzeit 85 Standorte mit rund 1050 Mitarbeitern und circa 6.100 Kindern. Die Kindergärten und Horte sind in allen Wiener Bezirken vertreten. Ein gelebtes Miteinander, Erziehungspartnerschaft und ein Interesse an den individuellen Lebensentwürfen der Kinder und ihrer Familien zeichnen die pädagogische Arbeit aus. Auf Basis des christlichen Weltbildes bieten wir den Kindern Raum und Zeit, altersgerecht über die Grundfragen des Lebens nachzudenken.