Kinder brauchen aktive, engagierte Väter, die sich ihrer Verantwortung und ihrer Vorbildfunktion bewusst sind.
Kinder brauchen aktive, engagierte Väter, die sich ihrer Verantwortung und ihrer Vorbildfunktion bewusst sind.
Wie viel Vater und welchen Vater brauchen Kinder heute? Dieser Frage ging die Podiumsdiskussion „Väter 4.0 – Vom Mehrwert der Männer im Leben ihrer Kinder.“ des Katholischen Familienverbandes am 23. Oktober nach. 5 Männer erzählten dabei von ihren Herausforderungen im Vatersein. Neurowissenschaftler Raphael Bonelli und „Männerforscher“ Erich Lehner sprachen darüber, was ein Vater für seine Kinder heute alles bedeuten kann.
Vater sein – verpass nicht die Rolle deines Lebens!“ Diesem Motto hat sich der Katholische Familienverband in diesem Jahr in ganz besonderer Art und Weise verschrieben. Die Veranstaltung „Väter 4.0: Vom Mehrwert der Männer im Leben ihrer Kinder“ war da ein weiterer Schritt auf diesem Weg.
„Uns geht es darum, dass Eltern, dass Familien nicht durch die Gesellschaft vorbestimmt sein sollen“, sagt dazu Alfred Trendl, Präsident des Familienverbandes im Gespräch mit dem Sonntag: „Vielmehr sollen sie die Möglichkeit haben, das Leben so zu gestalten, wie es ihnen gut tut und richtig erscheint.“ Ganz bewusst wolle der Katholische Familienverband in diesem Zusammenhang das Rollenbild des traditionellen Vaters, der ausschließlich, oder zum überwiegenden Teil, für den Beruf da ist und sich weniger um die Kinder kümmert „ein Stück weit aufbrechen und sagen, das muss so nicht sein.Wir wollen die Familien ermutigen, jene Möglichkeiten, die es gibt, auszuschöpfen. Es gibt Karenz, es gibt Teilzeit, es gibt flexibles Arbeiten in der Theorie“, so Alfred Trendl. Die Praxis aber zeige, dass die Gesellschaft, dass die Arbeitgeber da fundamental umdenken müssen, damit Väter diese Möglichkeiten auch ausschöpfen. „Vater ist man nun mal sein Leben lang, aber die intensive Phase ist jene, wenn die Kinder zwischen 0 und 16 oder 18 sind.“
Die Diskussion „Väter 4.0 – Vom Mehrwert der Männer im Leben ihrer Kinder.“ zeigte einmal mehr, wie unterschiedlich Vaterrollen heute gelebt werden. Thomas Maximiuk, Vater von zwei Kindern arbeitet als Steuerberater Vollzeit, seine Frau ist teilzeitbeschäftigt und kümmert sich um die Kinder: „Im Beruf ist viel Stärke und Zielstrebigkeit gefragt, vielleicht können Kinder von diesem Vorbild profitieren“ so Maximiuk. Er plädierte auch dafür, Männer mit den Kindern manchmal auch alleine zu lassen: „Meine Frau ist Krankenschwester. Ich war an den Wochenenden viel alleine mit den Kindern. Das hat gut geklappt und wir haben sicher davon profitiert.“
In einer Patchworkfamilie lebt Thomas Ellmauer. Er hat zwei Kinder aus erster Ehe, die die Hälfte der Zeit bei ihm verbringen sowie zwei Kinder aus zweiter Ehe. Er berichtete vor allem von den schweren Momenten eines Vaters nach einer Trennung. Als „Teilzeitvater“ lebe er genauso mit Rechten und Pflichten, musste sich dieser aber hart erkämpfen. Nun als Patchworkvater stehe er in sehr starker innerer und äußerer Spannungen. Und die Aussage, es komme nicht auf die Quantität sondern auf die Qualität an – das sei „Schwachsinn.“ „Es kommt sehr wohl auf die Zeit an, die man mit Kindern verbringt“, sagte Ellmauer: „Darauf wie man den Alltag lebt, ihn gemeinsam erlebt, wie man ihre Freunde kennenlernt. Die Zeit eben, in der man mit den Kindern einfach zusammen ist.“
Kämpfen musste auch Karl Bohdalek. Er ist seit dem Tod seiner zweiten Frau alleinerziehend, sein jüngster Sohn lebt mit neuen Jahren noch bei ihm. Er sprach unter anderem darüber, dass Kinder seiner Erfahrung nach viel Zeit brauchen. Er betonte aber auch, dass es wohl „keinen guten oder schlechten Vater“ gebe, vielmehr mache man "halt das, was zu tun ist: bei mir war das die Sterbebegleitung meiner Frau und die gleichzeitige Begleitung und Betreuung der Kinder.“ Dabei die eigene Energie halten – das sei die Herausforderung. Immer. „Ich glaube wenn eine Rolle in der Familie nicht besetzt ist, wird sie durch jemand anders eingenommen. Ich habe selbst oft die Rolle wechseln müssen, war streng oder empathisch, je nachdem, was gerade notwendig war.“ Eltern müssten sich seiner Einschätzung nach gegenseitig hochhalten – schließlich sei „es ist der einzige Vater und die einzige Mutter die das Kind hat.“
Laut ist es im Haus von Bernhard Lindbichler. Mit drei Buben und einem Mädchen sei immer etwas los, dabei nehme die Familie auf Tochter Pia (7) besonders Rücksicht– sie hat Down Syndrom. Die Kinder in ihren Entwicklungsphasen begleiten zu können war auch die Motivation für seine Väterkarenz: „Es war eine schöne Zeit für mich. Ich habe gelernt besser auszuloten: Was kann ich tun, wie kann ich da sein?“
Die Vaterrolle aus der Perspektive des Großvaters sieht Rolf Sauer: „Unserem Enkel können wir uns mit einer ganz anderen Präsenz widmen als wir es als Eltern konnten. Das finde ich grandios.“ Prinzipiell sei er der Meinung, dass ein Vater eine Mutter nicht ersetzen kann und umgekehrt. „Ich habe noch nie in meinem Leben einen Vater erlebt der gesagt hat, ich kann die Mutter ersetzen. Wohl aber sehr viele Mütter die glauben den Vater ersetzen zu können.“ Dieser Wahn der Mütter verursache viele schlimme Dinge, die Abwesenheit der Väter sei aber ebenso schlimm. Natürlich gebe es Unterschiede und die „möchte ich auch nicht missen. Die Geschichte der Mutter mit einem Kind ist mit neun Monaten Schwangerschaft eine andere und wir als Väter kommen dann eben dazu. Ich glaube damit hängt es zusammen dass die Väter mehr Anwälte der freien Entwicklung und Mütter mehr Anwälte der Geborgenheit sind.“
Unterschiedlichste Positionen zum Thema Vatersein brachten die Diskutanten aufs Podium: (v.l.n.r.) Erich Lehner, Rolf Sauer, Bernhard Lindbichler, Thomas Maximiuk, Barbara Fruhwürth, Thomas Ellmauer, Karl Bohdalek, Raphael Bonelli, Alfred Trendl und Michael Ausserer.
Männerforscher und Psychotherapeut Erich Lehner sprach darüber wie wichtig für den modernen Vater die Bereitschaft sei, sich auf sein Kind einzulassen, bei seinem Kind zu sein und mit ihm Höhen und Tiefen auf der Beziehungsebene zu erleben. Er müsse nichts besonderes machen, er müsse auch keine besonderen Fähigkeiten mitbringen - kein Mann müsse etwa seinem Kind Fußball spielen beibringen. Viel wichtiger sei es, dass er „in Beziehung zum Kind ist. Dass er emotional auf das Kind eingeht und mit ihm einigermaßen empathisch die Dinge des Lebens durchlebt und es auf dieser emotionalen Ebene fördert.“
Dass Väter für ihre Kinder enorm wichtig sind, davon ist auch Neurowissenschaftler und Psychiater Raphael Bonelli überzeugt. Er sieht den Mehrwert des Vaters für Kinder vor allem in den traditionell männlichen Eigenschaften: „Die Zusammenfassung der Dimension der Väterlichkeit ist die Stärke. Frauen und Männer ergänzen sich perfekt“, sagt er in seinem Vortrag: „Erst zwei Blickwinkel der Eltern sehen dreidimensional.“ Kinder bräuchten für eine gute Entwicklung väterliche und mütterliche Kompetenzen und keine der beiden sei wichtiger, als die andere. Ein moderner Vater solle „nicht seine Männlichkeit verleugnen und schlecht machen“, so Bonelli, sondern sich auch bewusst sein, dass es Kindern auch gut tut, wenn jemand emotional distanzierter ist. „Emotional distanziert, das heißt ja nicht, dass er weg ist oder dass er sich nicht interessiert, sondern dass er in manchen Situationen die Emotionen der Kinder relativieren kann.“ Ganz im Gegensatz zur Mutter würden Väter ihren Kindern viel mehr Risiko zumuten. „Ich kann mich an eine Situation erinnern, wo ich unserem Zweijährigen erlaubt hab auf eine drei Meter hohe Leiter zu kraxeln. Und es hat den Kindern gut getan. Diese Art von Spielen machen Frauen meistens nicht mit Kindern.“
Fazit der Veranstaltung: Es gibt viele Ansichten zum Thema Vater und viele Wege seine Vaterrolle zu entdecken. Als einzige Frau kam an diesem „Väterabend“ die Vorsitzende des KFV der Erzdiözese Wien, Barbara Fruhwürth, zu Wort „Kinder wollen einen aktiven Vater, Mütter brauchen Unterstützung und auch die Männer erwarten sich mehr vom Familienleben. Im Grunde brauchen wir Väter, die sich ihrer Verantwortung und ihrer Vorbildfunktion bewusst ist. Solche Väter sind ein Mehrwert im Leben ihrer Kinder.“
Der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) ist die größte parteiunabhängige Familienorganisation des Landes. Er wird von neun Landesverbänden getragen und hat österreichweit 35.000 Mitgliedsfamilien.
Er tritt für die materielle Unterstützung von Familien und deren ideelle Aufwertung der Familie in der Gesellschaft ein, unterstützt Familien bei den Themen Schulen und Bildung und macht sich für verbesserte Rahmenbedingungen im Bereich „Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ stark.
Nähere Informationen zum Verband und seiner Arbeit unter www.familie.at