Rede von Franziskus vor rund 400 Politikern, Religionsführern, Vertretern des öffentlichen Lebens und Diplomaten am Sitz des Staatspräsidenten in der Hautstadt Dhaka.
Rede von Franziskus vor rund 400 Politikern, Religionsführern, Vertretern des öffentlichen Lebens und Diplomaten am Sitz des Staatspräsidenten in der Hautstadt Dhaka.
Forderung an internationale Gemeinschaft das Land zu unterstützen.
Papst Franziskus hat gleich zum Auftakt seines Besuchs in Bangladesch Unterstützung für das Land gefordert, das viele aus dem Nachbarland Myanmar geflohene muslimische Rohingya aufgenommen hat. Die internationale Gemeinschaft müsse "entscheidende Maßnahmen im Hinblick auf diese ernste Krise" ergreifen. Es gehe auch um finanzielle Hilfen für Bangladesch, nicht nur um die politisch Lösungen jener Fragen, die zur Massenflucht geführt haben, sagte Franziskus am Donnerstag, 30. November 2017, bei einer Rede vor rund 400 Politikern, Religionsführern, Vertretern des öffentlichen Lebens und Diplomaten am Sitz des Staatspräsidenten in der Hautstadt Dhaka.
Zuvor hatte bereits Präsident Abdul Hamid die internationale Gemeinschaft aufgefordert, zügig und entschieden auf die Situation zu reagieren. In seiner Ansprache ging Hamid auf die Situation der Rohingya ein. Tausende von ihnen, auch Kinder, seien bei den "ruchlosen Gräueltaten" der myanmarischen Armee getötet, tausende Frauen vergewaltigt worden. Der Papst nehme dazu eine lobenswerte Haltung ein, indem er sich für die vollen Rechte der muslimischen Minderheit einsetze. Das gebe Hoffnung auf eine Lösung der Krise.
Franziskus wiederum dankte Bangladesch für seine "Großzügigkeit und Solidarität" gegenüber den Rohingya. Diese habe das Land "vor den Augen der Welt" bezeugt. Ausdrücklich verwies der Papst auf die prekären Lebensbedingungen der Menschen in den Flüchtlingslagern, unter ihnen "mehrheitlich Frauen und Kinder", wie Franziskus betonte. Allerdings verwendete er, wie zuvor in Myanmar, nicht die Bezeichnung "Rohingya". Er sprach von "Flüchtlingen aus dem Rakhine-Staat", was das gleiche meint.
Ein Besuch des Papstes in einem Flüchtlingslager oder ein eigenes Treffen mit Rohingya ist im offiziellen Programm nicht vorgesehen. Vertreter der Minderheit sollen jedoch an einer interreligiösen Begegnung am Freitag teilnehmen. Dieses interreligiöse und ökumenische Friedenstreffen bezeichnete Franziskus in seiner Rede als "herausragenden Moment". Gemeinsam wolle man dort beten und erneut die Verpflichtung bekräftigen, zusammen für den Frieden zu arbeiten.
"In einer Welt, in der die Religion oft - es ist skandalös - missbraucht wird, um Spaltung zu schüren, ist ein solches Zeugnis für ihre Versöhnung und Einheit stiftende Kraft mehr denn je notwendig", betonte der Papst. Er gedachte in diesem Zusammenhang auch der Toten des islamistischen Terrorattentats von Dhaka im Sommer 2016. Auch Präsident Hamid hatte zuvor die Bedeutung des interreligiösen Dialogs betont. Er beklagte eine wachsende Islamfeindlichkeit in den westlichen Ländern.
Franziskus machte sich in Bangladesch für die Zusammenarbeit und die Achtung aller Menschen stark. Ein Volk könne nur durch "ehrlichen Dialog" und die "Achtung der legitimen Verschiedenheit" Spaltungen versöhnen, einseitige Sichtweisen überwinden und die "Gültigkeit abweichender Standpunkte anerkennen", sagte er. Dabei erinnerte er an die Ideale des Staatsgründers von Bangladesch, Scheich Mujibur Rahman (1920-1975), der dieses Prinzip in die nationale Verfassung einzugliedern versucht habe.
Mit Blick auf die Katholiken, in dem muslimisch geprägten 160-Millionen-Einwohner-Land eine kleine Minderheit von an die 350.000 Gläubigen ausmachen, dankte Franziskus für die Freiheit, den eigenen Glauben leben zu können. Er sei gewiss, dies werde auch künftig so sein. Die Katholiken versuchten, bei der Entwicklung des Landes zu helfen, verwies der Papst auf Krankenhäuser sowie Schulen und Universitäten in kirchlicher Trägerschaft. Letztere würden großteils auch von Kindern und Studierenden besucht, die keine Christen sind, erinnerte Franziskus.
Bei seinem Besuch in Bangladesch hat Papst Franziskus am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) als erstes den Opfern der Nation seine Reverenz erwiesen. Am "Denkmal der Märtyrer der Nation" in der Hauptstadt Dhaka legte der Papst einen Kranz nieder, trug sich ins Gästebuch ein und pflanzte einen Baum. Die 45 Meter hohe aus Stahlplatten erstellte Pyramide des Denkmals erinnert an die Opfer des Unabhängigkeitskrieges von 1971.
"In Erinnerung an all jene, die ihr Leben gaben, als diese Nation geboren wurde. Möge das Volk von Bangladesch sich wahrhaftig für Gerechtigkeit und das Gemeinwohl einsetzen", schrieb der Papst in das Gästebuch der nationalen Gedenkstätte in Sabhar. Als Name trug er "Francis" ein, in der Spalte für Angaben zur Person vermerkte er "römisch-katholischer Bischof".
Anschließend begab Franziskus sich zum "Bangabandhu Memorial Museum"; es erinnert an den "Vater der Nation" (Bangabandhu) genannten Politiker Sheik Mujibur Rahman. Er und seine Familie waren während des Krieges am 15. August 1971 erschossen worden. Zwei seiner Töchter überlebten damals, weil sie sich in Westdeutschland aufhielten. Eine von ihnen, Hasina Wajed, ist heute Premierministerin von Bangladesch. Sie trifft den Papst am Freitag, 1. Dezember 2017.