Tradition sind die Pressetermine von Franziskus während einer Reise im Flugzeug.
Tradition sind die Pressetermine von Franziskus während einer Reise im Flugzeug.
Indienbesuch für 2018 geplant, erhoffte China-Visite noch nicht realistisch.
Papst Franziskus ist nach seiner 21. Auslandsreise nach Myanmar und Bangladesch zurück in Rom. Gegen 21.40 Uhr landete er nach mehr als zehn stündigem Flug mit einer Maschine von Bangladesh Airlines am Samstagabend, 2. Dezember 2017 am römischen Flughafen Fiumicino. Es sei dem Papst wichtig, am Sonntag zum Ersten Advent sein Angelus-Gebet auf dem Petersplatz zu halten, hatte Vatikansprecher Greg Burke vor der Reise betont. Franziskus hatte von Montag bis Donnerstag als erster Papst Myanmar besucht, das frühere Burma. Anschließend reiste er ins benachbarte Bangladesch weiter, das bis 1971 Teil Pakistans war.
Auf dem Rückflug aus Dhakar offenbarte Franziskus vor mitreisenden Journalisten bereits nächste Reisepläne für Asien. 2018 wolle er gerne Indien besuchen, sagte er. Eine ursprünglich für dieses Jahr geplante Reise nach Indien und Bangladesch sei aus organisatorischen Gründen nicht zustande gekommen, verriet der Papst. "Die Planungen für Indien haben sich sehr lange hingezogen, und die Zeit drängte", weil das Programm für Bangladesch schon weit gediehen gewesen sei. "Da habe ich mich für Myanmar entschieden", so Franziskus. Rückblickend sei das "Vorsehung" gewesen. Indien sei so groß, es brauche eine "eigene Reise", so Franziskus.
Die Reise in die beiden südostasiatischen Länder war außer vom interreligiösen Dialog stark bestimmt von der Krise um die muslimische Minderheit der Rohingya, von denen viele aus Myanmar vertrieben wurden und nach Bangladesch flohen. Dass er dabei zurückhaltend auf die Rohingya-Krise eingegangen sei, verteidigte Franziskus. Ihm sei wichtig gewesen, "dass die Botschaft ankommt", was dann nicht der Fall sei, "wenn man dem anderen die Tür vor der Nase zuschlägt", vor allem durch die explizite Nennung der verfolgten Volksgruppe in einer offiziellen Rede. Stattdessen habe er versucht, die Dinge "Schritt für Schritt zu sagen und die Antworten anzuhören".
Franziskus war bei seiner Visite vorgeworfen worden, den Konflikt zu lange nicht angesprochen zu haben und die Rohingya auch nicht beim Namen genannt zu haben. Erst am vorletzten Tag seiner Reise in Bangladesch benutzte er das Wort "Rohingya" bei einem Treffen mit einigen Flüchtlingen.
Er habe in seinen Reden in Myanmar die Situation "umschrieben", auch wenn er die Situation lieber öffentlich denunziert hätte, erklärte der Papst. In seiner privaten Begegnung mit Armeechef Min Aung Hlaing - der selbst um das Treffen ersucht habe - habe er konkret werden können. Mit dieser letztgenannten Begegnung sei er rückblickend "sehr, sehr zufrieden" und habe sich "getraut, alles zu sagen was ich sagen wollte".
Mit deutlichen Worten verteidigte der Papst in der Pressekonferenz die Regierungsrätin und Nobelpreisträgerin Aun San Suu Kyi, die für ihre Rohyngya-Politik in den vergangenen Monaten heftiger internationaler Kritik ausgesetzt war. Dass sie die betroffene Rakhine-Region nicht besucht habe, treffe nicht zu; man müsse sich bei jeder Kritik aber immer auch die Frage stellen, wieweit ihre Möglichkeiten gingen. Nicht vergessen dürfe man, dass Myanmar in politischer Hinsicht ein Entwicklungsland im Wandel sei.
Ein Besuch in China sei zwar gewünscht, aber derzeit nicht in Planung, sagte der Papst. Es sei bekannt, dass er die Volksrepublik gerne besuchen würde. Dies bedürfe aber einer langen Vorbereitung. Derzeit liefen die Beziehungen des Vatikan mit China noch auf einer anderen Ebene, etwa auf der des kulturellen Austauschs. Als Beispiel nannte der Papst eine aktuelle Ausstellungskooperation der Vatikanischen Museen mit chinesischen Kultureinrichtungen. Am Samstag sei Myanmars Staatsrätin Aung San Suu Kyi nach Peking geflogen, sagte Franziskus weiter und deutete an, sie werde dort wohl auch von seinem Besuch in ihrem Land berichten. Es brauche viele Schritte; etliche würden auch schon getan. Man müsse langsam vorangehen, Geduld haben: "Aber die Tore des Herzens sind geöffnet", so das Kirchenoberhaupt.
Die Beziehungen des Vatikan zur Volksrepublik China sind traditionell schwierig; sie verbessern sich nach Ansicht von Beobachtern derzeit aber leicht. Zu den Problemen gehört etwa, dass Peking Bischofsernennungen durch den Papst als Einmischung in innere Angelegenheiten betrachtet. Religionsfreiheit ist in China nur begrenzt gewährleistet. Bislang pflegen die Volksrepublik und der Heilige Stuhl keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zueinander, Verhandlungen dafür laufen seit Jahren. Mit Myanmar wurde erst im Mai 2017 ein Botschafteraustausch vereinbart.
Vehement hat Papst Franziskus bei der "Fliegenden Pressekonferenz" zudem seine Kritik am Atomwaffenbesitz bekräftigt. Anders als noch in 1980er Jahren seien nukleare Abschreckung und der Besitz von Atomwaffen heute nicht mehr ethisch vertretbar, sagte er. Als Grund nannte der Papst vor allem die "Irrationalität" von Nuklearwaffen. Man befinde sich hier "an der Grenze des Erlaubten", so Franziskus. Mit dem heutigen Stand der Technik sei es möglich, die gesamte Menschheit - oder den größten Teil von ihr - auszulöschen. Zwar sei das keine Frage des päpstlichen Lehramtes, aber eine Frage, die ein Papst sich stellen müsse, sagte Franziskus: "Heute ist es unzulässig, Nuklearwaffen zu besitzen."
Der Papst antwortete damit auf die Frage eines mitreisenden Journalisten, was sich seit den 80er Jahren in der Welt verändert habe. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) habe noch 1982 in einem Brief an die UN-Vollversammlung geschrieben, die Politik der nuklearen Abschreckung sei insofern "moralisch gerechtfertigt", als sie damals einen Krieg verhindert habe und die beteiligten Partner daran arbeiteten, sie abzubauen.
Mitte Oktober hatte der Vatikan eine internationale Konferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag organisiert, dem Anfang Juli in New York 134 Staaten zugestimmt hatten. Bei einer Audienz für die Konferenzteilnehmer hatte Papst Franziskus nicht nur die Anwendung von und die Drohung mit Atomwaffen verurteilt, sondern auch deren alleinigen Besitz. Diese Äußerung hatte für Diskussionen gesorgt. Etliche, vor allem auch Katholiken in den USA, sehen in der grundsätzlichen Verurteilung von Nuklearwaffen eine Änderung der kirchlichen Lehre.
Allerdings hatten sowohl Johannes Paul II. wie auch die westdeutschen und die US-Bischöfe ihre damalige einstweilige moralische Duldung an Bedingungen geknüpft. Und schon Benedikt XVI. (2005-2013) hatte in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2006 die rechtfertigende Argumentation der Atommächte als "verhängnisvoll" und "völlig trügerisch" bezeichnet. Auch Johannes XXIII. (1958-1963) und das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hatten Atomwaffen und nukleare Abschreckung verurteilt.
Sein zweites Besuchsland Bangladesch lobte der Papst bei der "fliegenden Pressekonferenz" als ein "Vorbild für die Aufnahme", zumal es als verhältnismäßig kleines Land 700.000 Rohingya-Flüchtlinge aufgenommen habe. "Ich denke da an die Länder, die ihre Türen schließen. Da müssen wir dankbar sein für das Beispiel, das Bangladesch uns gegeben hat."
Die Begegnung mit den Rohingya am Freitagabend im Garten des Erzbischofs von Dhaka sei ein besonderer Moment gewesen, bei dem nur ein Teil geplant war, das meiste sich jedoch spontan ergab, erklärte der Papst. Den Flüchtlingen, die ihn begrüßten, habe jemand gesagt, sie sollten dies schweigend tun. Der interreligiöse Dialog zuvor habe jedoch "die Herzen geöffnet", und als man die Gäste des Papstes wieder wegschaffen wollte, habe er sich darüber lautstark aufgeregt - "ich bin ein Sünder", sagte Franziskus.
Er habe die Rohingya gebeten, bei ihm zu bleiben, dann mittels eines Übersetzers jedem von ihnen zugehört, zu ihnen gesprochen und sie um Vergebung gebeten. Nicht nur seine Gesprächspartner, sondern auch er selbst habe dabei geweint, bekannte der Papst. Da auch die Führer der anderen Religionen in diesem Moment anwesend waren, habe er sie eingeladen, hinzuzukommen und die Flüchtlinge zu begrüßen - "denn das waren die Rohingya von uns allen". Auf Bitte des Papstes habe dann ein Imam das Wort ergriffen und ein Gebet gesprochen.
Bei der improvisierten Rede hatte der Papst den Rohingya seine Nähe bekundet und um Vergebung gebeten - "im Namen aller, die euch Böses getan haben, und der Gleichgültigkeit der Welt". Er rief die Öffentlichkeit dazu auf, die Herzen nicht zu verschließen, den Rohingya zu helfen und ihre Rechte anzuerkennen. Alle Menschen seien nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, und: "Die Gegenwart Gottes trägt heute auch den Namen Rohingya". Dies war die erste öffentliche Erwähnung des Begriffs "Rohingya" während der Asienreise durch Franziskus.
Zur Frage des Spannungsfeldes zwischen Religionsdialog, Religionsfriede und Evangelisierung betonte der Papst, letztere dürfe keine gegenseitige Abwerbung von Gläubigen sein, da diese den Frieden gefährde. "Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus, sondern nur durch das Zeugnis des vorgelebten Evangeliums" - konkret durch Heiligkeit, durch Nächstenliebe nach dem Vorbild des guten Samariters im Matthäusevangelium oder durch die von Jesus geforderte oftmalige Vergebung.
Besonders in dieser Form wirke der Heilige Geist und könne Bekehrungen bewirken, sagte der Papst. Die Kirche strebe dabei jedoch nicht schnelle Bekehrungen an, vielmehr gehe es dabei um eine Antwort auf eine vom Heiligen Geist bewirkte Herzensregung angesichts des gelebten christlichen Zeugnisses. Vom Glauben mit Worten reden sollten Christen als "das letzte, was zu tun ist" - dann, wenn sie danach gefragt würden, so der Papst.
Bei seinen Reisen sei es ihm wichtig, das Volk des jeweiligen Landes zu treffen, wenn er die Menschen des Volkes treffen und mit ihnen reden könne, betonte der Papst rückblickend auf seinen Besuch in Myanmar und Bangladesch. Die Begegnungen mit den Politikern, den Priestern und Bischöfen seien notwendig, das Volk aber sei das, was ein Land ausmache. "Wenn ich das finden kann, bin ich glücklich", erklärte Franziskus.