Kardianl Schöbnorn empfängt den serbischen Patriarchen Porfirij am Freitag, 9.Juni 2023 im Erzbischöflichen Palais in Wien.
Kardianl Schöbnorn empfängt den serbischen Patriarchen Porfirij am Freitag, 9.Juni 2023 im Erzbischöflichen Palais in Wien.
Grundsatzrede des serbisch-orthodoxen Patriarchen im Wiener Erzbischöflichen Palais - Der Krieg in der Ukraine hat auch "eine tiefe Wunde im Leib der Orthodoxen Kirche aufgerissen" - Kardinal Schönborn: Starke Verbundenheit der Katholischen Kirche in Österreich mit der Serbisch-orthodoxen Kirche
Patriarch Porfirije sieht für die Serbisch-orthodoxe Kirche im Ukraine-Krieg keinen politischen Auftrag der Konfliktlösung, zugleich bekräftigte er den grundsätzlichen Einsatz der Kirche für den Frieden. Bei einem Vortrag Freitagnachmittag im Wiener Erzbischöflichen Palais sagte der Patriarch, dass die Serbisch-Orthodoxe Kirche versuche, "soweit es in ihrer Macht steht, zu versöhnen und zu vereinen und dazu beizutragen, dass der Krieg so schnell wie möglich endet und die Kriegswunden geheilt werden".
Der Krieg in der Ukraine habe auch "eine tiefe Wunde im Leib der Orthodoxen Kirche aufgerissen", räumte der Patriarch weiter ein. Die Serbisch-orthodoxe Kirche habe deshalb nicht nur mehrmals Appelle für Frieden in der Ukraine ausgesprochen und bete täglich für den Frieden in diesem befreundeten Land, sondern versuche auch, "wo und wie sie kann, zu helfen". Ein Beispiel für solche Aktivitäten sei die serbisch-orthodoxe Diözese Österreich-Schweiz, zu der u.a. auch Italien gehört. Bischof Andrej nehme sich um orthodoxe Gläubige aus der Ukraine an und helfe u.a. bei der Organisation von Kirchengemeinden in Wien und Rom.
Patriarch Porfirije hielt weiters fest, dass für die Serbisch-orthodoxe Kirche im Konflikt zwischen der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) und der Ukrainisch-orthodoxen Kirche (UOK) die letztere die einzige legitime orthodoxe Kirche sei. Diese Haltung basiere auf der Achtung der jahrhundertealten kanonischen Ordnung der Orthodoxen Kirche, so der Patriarch. Er betonte zugleich aber auch, dass man sich auch im innerorthodoxen Kirchenstreit, der sogar zum Abbruch der (eucharistischen) Gemeinschaft zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel führte, um Vermittlung bemühe. In diesem Sinne unterhalte man auch weiterhin die eucharistische Gemeinschaft sowohl mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel als auch mit dem Moskauer Patriarchat.
Patriarch Porfirije kritisierte in seiner Rede aber auch einmal mehr, dass die Ukrainisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine derzeit als "Feind" behandelt werde. Porfirije verwies auf eine Erklärung der Serbisch-orthodoxen Kirche vom März dieses Jahres, in der es wörtlich heißt: "Kriege, gerechte und ungerechte, werden von Staaten geführt, nicht von Kirchen. Es ist abscheulich, eine Kirche als Feind zu behandeln, nur weil die Gläubigen, wenn sie auf tragische Weise verfeindeten Seiten angehören, wenn sie Gläubige sind, Gläubige derselben Kirche sind."
Auf Anfrage betonte der Patriarch, dass die kirchliche Situation in der Ukraine nicht mit jener in Nordmazedonien vergleichbar sei. Ende Mai 2022 hatte Patriarch Porfirije der orthodoxen Kirche in Nordmazedonien die Autokephalie (Unabhängigkeit) beendet. Damit wurde ein gut 55-jähriges Schisma endgültig beendet. Die Synode der Serbisch-orthodoxen Kirche hatte diesen Schritt zuvor beschlossen, nachdem die nordmazedonische Kirche zuvor um Wiederaufnahme in die Serbisch-orthodoxe Kirche angesucht hatte, freilich mit der Bitte um nachmalige Entlassung in die Unabhängigkeit.
In der Ukraine stelle sich eine völlig andere Situation dar, so Patriarch Porfirije. Er hob zugleich hervor, dass die Autokephalie als kirchliche Organisationsform eigentlich nur dann eine Berechtigung habe, wenn sie der Kircheneinheit diene.
In seinem Vortrag kam der Patriarch auch auf die serbisch-orthodoxe Gedenkkapelle auf dem Soldatenfriedhof in Mauthausen zu sprechen, die er am Samstag einweihen wird. Diese Kapelle sei ein "Symbol des Friedens", sagte der Patriarch. Er wolle in diesem Zusammenhang auch seine Dankbarkeit für die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Serbisch-Orthodoxen Kirche in Österreich zum Ausdruck bringen. "Freundlichkeit und Herzlichkeit sind sowohl unter den Bischöfen und Klerikern als auch auf der Ebene der kirchlichen Gemeinschaften spürbar." Sein Besuch und die Begegnungen, würden eine einzigartige Gelegenheit bieten, "die Beziehungen und die Zusammenarbeit der beiden Kirchen in Österreich weiter zu festigen".
Das Oberhaupt der Serbisch-orthodoxen Kirche betonte weiters auch die ökumenische Ausrichtung der serbischen Orthodoxie hervor. Die Serbisch-Orthodoxe Kirche beteilige sich seit ihren Anfängen aktiv am ökumenischen Dialog, so der Patriarch. Ungeachtet der traumatischen historischen Erfahrungen im Kontext der Kriege im 20. Jahrhundert habe die Serbisch-Orthodoxe Kirche niemals von ihrem Einsatz für den Dialog, für das gemeinsame Zeugnis für Christus und die Werte des Evangeliums sowie die Überwindung von Spaltungen zwischen den Kirchen und Völkern abgelassen.
Ausdrücklich würdigte der Patriarch die Arbeit von Pro Oriente. Die Stiftung habe mit ihren vielfältigen Initiativen und Projekten unermüdlich daran gearbeitet, "Vorurteile abzubauen und die christlichen Traditionen des Ostens und des Westens einander anzunähern, Vertrauen aufzubauen und gute Beziehungen zwischen den Kirchen und Völkern zu fördern".
Vor dem öffentlichen Vortrag traf der Patriarch im Palais zu einer Unterredung mit Kardinal Christoph Schönborn zusammen. An dem Gespräch nahmen u.a. auch der Wiener serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic), Pro Oriente-Präsident Alfons Kloss und Vizepräsident Rudolf Prokschi teil.
Kardinal Schönborn hob in seinen Begrüßungsworten beim öffentlichen Empfang schließlich die Verbundenheit der Katholischen Kirche in Österreich mit der Serbisch-orthodoxen Kirche hervor. "Wir leben im Alltag Gemeinschaft unter unseren Kirchen, weil wir gemeinsam an Jesus Christus glauben", so der Kardinal. Zu dem Vortrag des Patriarchen hatten Kardinal Schönborn und die Stiftung Pro Oriente gemeinsam geladen.