Habe ich den Mut gehabt, auf Sicherheiten zu verzichten, etwas herzugeben – im Vertrauen auf den, der alles für mich gegeben hat?
Habe ich den Mut gehabt, auf Sicherheiten zu verzichten, etwas herzugeben – im Vertrauen auf den, der alles für mich gegeben hat?
Lebe ich anders, weil ich glaube?
In der lastenden Stille, die auf den Karfreitag folgt und noch nicht von der Osterfreude aufgehoben worden ist, kommt mir oft eine unangenehme Frage. Der selige Kardinal John Henry Newman hat sie in einer Predigt formuliert.
Er spricht seine Vermutung aus, dass „die meisten der sogenannten Christen“ fast so leben, wie sie auch leben würden, „wenn sie das Christentum für ein Märchen hielten“.
Newman schaut sich das bürgerliche Leben seiner Zeit an und fragt sich, ob die meisten Christen nicht genau dasselbe täten, „wenn Christus nicht gestorben und der Himmel uns nicht verheißen wäre“. Und dann sagt er seinen Hörern: Jeder möge sich die Frage stellen, was er „auf die Wahrheit der Verheißung Christi hin riskiert“ hätte.
Das ist die Frage, die mich angesichts von Kreuz und Auferstehung bewegt: Habe ich wirklich schon einmal etwas auf die Verheißung Christi hin riskiert? Etwas, was sonst keinen Sinn gehabt hätte? Der sonntägliche Messbesuch? Den würde ich wohl auch als Ungläubiger beibehalten, schon der Stille und der inneren Sammlung wegen.
Die große Kinderschar? Meine Frau und ich sind große Kinderfans – die Verheißung Christi beruhigt uns als Eltern, aber ohne sie hätten wir wohl genauso viele Kinder.
Nein, die Frage geht tief: Lebe ich anders, weil ich glaube? Habe ich den Mut gehabt, auf Sicherheiten zu verzichten, etwas herzugeben – im Vertrauen auf den, der alles für mich gegeben hat?
Das ist keine grüblerische Frage oder eine, die sich nur ein Christ voller Skrupeln stellt. Es ist letztlich die Frage: Nehme ich Christus ernst?
Das ist eine Frage auf Leben und Tod. Eine überzeugende Antwort auf diese Frage, das spüre ich in diesen Stunden, steht zumindest in meinem eigenen Leben noch aus.
Kolumne von Chefredakteur Michael Prüller im "Sonntag"
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