Kardinal Schönborn und Kulturminister Ostermayer zeigten sich beeindruckt von den Beispielen zeitgenössischer Kunst im Kontext einer neugotischen Großkirche.
Kardinal Schönborn und Kulturminister Ostermayer zeigten sich beeindruckt von den Beispielen zeitgenössischer Kunst im Kontext einer neugotischen Großkirche.
Kardinal und Kulturminister besuchten hochkarätige Schau "Leiblichkeit und Sexualität". Kurator Rastas: Glaube an lebendigen Gott verlangt auch nach zeitgenössischer Kunst in Kirche.
Hoher Besuch in der erfolgreichen Ausstellung "Leiblichkeit und Sexualität" in der Wiener Votivkirche: Kardinal Christoph Schönborn und der für Kultur zuständige Kanzleramtsminister Josef Ostermayer ließen sich am Donnerstag, 15. Mai 2014, von Kurator David Rastas und dessen theologischem Berater P. George Elsbett durch die erfolgreiche, bisher von rund 10.000 Interessierten besuchten Schau führen und Werke international renommierter Künstlern - darunter Damien Hirst, Doug Aitken, Joseph Beuys, Takashi Murakami und als heimische Größe Erwin Wurm - erläutern. Beide haben auch die Schirmherrschaft und den Ehrenschutz für die Ausstellung übernommen.
Schönborn und Ostermayer zeigten sich beeindruckt von den Beispielen zeitgenössischer Kunst im Kontext einer neugotischen Großkirche. Der sich daraus ergebende Kontrast ist für den britisch-australischen Kurator, Kunsthistoriker und selbst künstlerisch Tätigen Programm: Für Rastas ist es "wichtig, dass die Kunst der Gegenwart gerade in eine Kirche kommt, die 'vorgibt', älter zu sein, als sie ist". Das entspreche dem Glauben an einen lebendigen, keineswegs "musealen" Gott. Rastas steht nicht nur Prominenten gern für Erklärungen zu seinem Herzensprojekt zur Verfügung, für das er sich vor mehr als einem Jahr das Einverständnis des Wiener Erzbischofs holte.
Kardinal Schönborn erinnerte sich an die damalige Begegnung mit dem ambitionierten jungen Kurator: "Ich dachte mir: ein netter Kerl, aber etwas verrückt." Jetzt müsse er sich entschuldigen, weil er nicht für möglich gehalten hatte, dass Rastas eine so hochkarätige Schau auf die Beine stellen könnte.
Beeindruckt sei er auch vom Echo, das die Ausstellung gefunden habe, so Schönborn; offenbar sei sie "sehr berührend für Leute, die sich darauf einlassen - und das sind viele". Wenn Papst Franziskus kürzlich gesagt habe "Wir brauchen Türöffner, nicht Türschließer in der Kirche", so könne man dies genau auf solche Initiativen wie in der Votivkirche anwenden.
David Rastas berichtete stolz, dass Francesca von Habsburg-Lothringen, deren Sammlung Thyssen-Bornemisza Art Contemporary Kooperationspartner wurde, sich äußerst lobend äußerte über eine der besten Ausstellungen, die sie in den letzten Jahren gesehen habe.
Rastas wünscht sich, dass Besucher der noch bis 15. Juni geöffneten Ausstellung an die Kunstwerke herangehen wie sie Musik hören: genießend, sich emotional öffnend, ohne gleich nach dem Künstler oder dessen Absicht zu fragen. Auch deshalb seien alle Exponate ohne Titel und Hinweis auf ihren Schöpfer belassen; das schaffe Raum für eigene Deutungen und Zugänge, so Rastas. Viele Besucher kämen seiner Beobachtung nach mehrmals, manche hätten davor schon seit vielen Jahren keine Kirche betreten.
Minister Ostermayer erzählte, die Ausstellung bereits einmal unangekündigt mit seiner Frau besucht zu haben und die ebenso spontane eineinhalbstündige Führung durch David Rastas sehr genossen zu haben. Er sei gerne wiedergekommen, die Erzdiözese Wien würdigte er für das mutige Projekt - "eine faszinierende Ausstellung, die Kunst und Raum in deren Gegensätzlichkeit vereint".
David Rastas berichtete von Vorarbeiten zu einem weiteren Projekt, das in der Otto-Wagner-Kirche am Steinhof realisiert werden soll: Die Ausstellung "Madness and Mysticism" werde sich in erster Linie an die Patienten des Psychiatrischen Krankenhauses auf der Baumgartner Höhe richten.
P. George Elsbett, verantwortlich für die Wiener Niederlassung der Legionäre Christi, sorgte mit Überlegungen zu einer "Theologie des Leibes" für die weltanschauliche Grundlage der Ausstellung. Diese solle - so sagte er bei der Führung - die althergebrachte Kluft zwischen dem "guten" Geist und dem "schlechten" Körper überwinden. Dass die Exponate zu "Leiblichkeit und Sexualität" sowohl tröstend als auch unbequem und störend wirken können, sei ihm klar, so Elsbett. "Sie bewegen sich zwischen Zuspruch und Verunsicherung und interagieren dabei stets mit Architektur und der religiösen Bedeutung des Raumes."
Der Eintritt zur Ausstellung ist frei und sie ist bis 15. Juni täglich außer montags von 10.00 bis 18.00 Uhr möglich.
Weitere Informationen: www.leiblichkeit-und-sexualitaet.org