Die Texte der fünfköpfigen österreichische Band Cardiac Move sind ebenfalls religiös inspiriert und motiviert.
Die Texte der fünfköpfigen österreichische Band Cardiac Move sind ebenfalls religiös inspiriert und motiviert.
Eine A-Cappella-Band aus Amerika bricht derzeit alle Rekorde mit einem – zumindest auf den ersten Blick – sehr religiösen Lied. Die Neuauflage von Leonhard Cohens „Hallelujah“ hat es in der Hitparade ganz nach oben geschafft und wirft somit die Frage auf, wie Religion und Popmusik zusammenpassen.
Als die fünf Mitglieder von Pentatonix kurz vor Weihnachten ein A-Cappella-Weihnachtsalbum auf den Markt gebracht haben, hätte wohl keiner damit gerechnet, dass sie heute – ein paar Wochen später – weltweit bekannt sein würden. Grund dafür ist, dass die vier Männer und eine Frau das bekannte Lied „Hallelujah“ neu eingesungen und auf dem Album veröffentlicht haben. Damit sind sie in vielen Ländern an die Spitze der Charts geklettert. Der Song erreichte Spitzenpositionen u.a. in Frankreich, Dänemark, den Niederlanden, Italien und Neuseeland. In Österreich erreichte „Hallelujah“ ebenfalls Platz eins der Charts. Im Internet wurde der Song mittlerweile mehr als einhundert (!) Millionen Mal angeklickt.
Für Christoph Wellner, Musikexperte und Geschäftsführer von radio klassik Stephansdom, ist dieser Erfolg aber durchaus nachvollziehbar: „Seit dem Ende der 80er Jahre ist das Lied ,Halleluja’ nicht mehr wegzudenken. Es ist fixer Bestandteil von Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen – und es wird in Filmen eingesetzt. Es passt von der Stimmung her sowohl zu freudigen Anlässen, als auch zu traurigen. Die A-Cappella-Band Pentatonix hat dieses Lied vor Weihnachten ja auf einem Weihnachtsalbum herausgebracht. Und obwohl es im Text gar nie um Weihnachten geht, passt es von der Stimmung her auch dazu.“
Geschrieben wurde das Lied im Jahr 1984 vom kürzlich verstorbenen Sänger und Liedschreiber Leonhard Cohen. So wie all seine Gedichte und Lieder ist es voll mit religiösen Anleihen und Zitaten. So gibt es im Text Verweise auf König David aus dem Alten Testament und der Refrain besteht aus mehrfacher Wiederholung des Wortes Hallelujah (Wörtliche Übersetzung: „Lobt Jah!“ Der Ausruf findet sich 23-mal in den Psalmen des Alten Testamentes).
Bei näherer Betrachtung beschäftigt sich der Text aber eher mit der Beziehung zwischen dem Sänger und einer Geliebten. Es ist zwar religiös angehaucht, aber ist eigentlich kein Kirchenlied: „In Wahrheit ist es eher eine Liebeserklärung als ein Glaubenszeugnis.
Trotzdem wird hier mit dem biblischen Wort ‚Hallelujah‘ in den heutigen Charts Musikgeschichte geschrieben. Das ist sehr schön. Abgesehen vom Text finde ich es eine der erhabensten Kompositionen, die ich kenne. Mir persönlich vermittelt es Erhabenheit und Stärke“, sagt Wellner.
Die Band Pentatonix besteht aus den fünf Mitgliedern Avi Kaplan, Scott Hoying, Kirstin Maldonado, Kevin Olusola und Mitch Grassi. Das US-Quintett steht seit einem gemeinsamen Auftritt bei einer Casting-Show im November 2011 gemeinsam auf der Bühne. Doch erst mit dem Song „Hallelujah“ wurden und werden sie in diesen Wochen und Tagen weltweit bekannt. Das Besondere dabei ist, dass Pentatonix a cappella singt, also ohne instrumentale Begleitung.
Angesprochen auf den Glauben bekräftigt Avi Kaplan, dass er ein gläubiger Jude ist. Die anderen vier Mitglieder sind praktizierende Christen, drei von ihnen freichristlich und Kirstin Maldonado ist katholisch. Zwei Mitglieder der Band bekennen sich gleichzeitig offen zu Homosexualität, was vor allem bei konservativen Christen in den USA für Ablehnung sorgt.
Trotzdem wollen Pentatonix mit ihrer Musik inspirieren: „Wir versuchen schöne Harmonien zu kreieren. Wir machen in erster Linie Popmusik, probieren aber alles aus. Das Schöne dabei ist, dass wir Fünf unterschiedliche Stärken und unterschiedliche Gesangsstile haben und diese auch einbringen. Dieses Zusammenspiel ist etwas ganz Besonderes“, verraten Pentatonix im Interview.
Mit diesem Zusammenspiel haben sie definitiv Erfolg. Pentatonix zeigen, dass religiös angehauchte Musik und Popkultur erfolgreich zusammenpassen.
Auch die österreichische Band Cardiac Move wurde mit diesem Konzept erfolgreich. Die Texte der fünfköpfigen Rockband sind ebenfalls religiös inspiriert und motiviert. Einer der Bandmitglieder ist Emmanuel Fleckenstein, Online-Chef im Medienhaus der Erzdiözese Wien. Seine Lieder werden regelmäßig auf Ö3 und anderen Radiostationen gespielt. Und er hatte mit Cardiac Move schon fünfmal Auftritte vor mehreren Millionen Menschen bei Weltjugendtagen: „Wer singt, betet doppelt.
In der Musik kann man Gefühle und Dank besser und einfacher in Worte fassen“, erklärt Fleckenstein im Interview mit dem SONNTAG. „Damit gelingt es, Menschen über Generationen hinweg in ihrem emotionalen Umfeld abzuholen und anzusprechen. Ich bin überzeugt davon, dass viele Menschen über Musik überhaupt erst zum Glauben kommen. Auf jeden Fall ist gute christliche Musik eine große Hilfestellung und Stütze, um den Glaubensweg mit Freude zu gehen.“
Im Interview mit dem SONNTAG berichtet Emmanuel Fleckenstein freudig davon, dass er bei seinen bisherigen Auftritten bei den Weltjugendtagen in Köln, Sydney, Madrid, Rio de Janeiro und Krakau einmal sogar mit Papst Franziskus auf der Bühne gestanden ist.
Im Vergleich zu anderen Ländern ist es für religiöse Musiker in Österreich seiner Erfahrung nach aber deutlich schwieriger, erfolgreich zu sein: „Vor allem in Amerika gibt es einen sehr großen Markt für sogenannte Contemporary Christian Musik (dt.: zeitgenössische christliche Musik). Dabei sind alle Musikrichtungen vertreten, von Gospel bis Hard Rock. Die Steigerung dazu ist sogenannte moderne Worship-Musik (dt.: Lobpreis-Musik). Diese wird zum Beispiel in freichristlichen Kirchen gespielt mit dem Motto: Hände hoch – Hallelujah. Dafür gibt es international einen unglaublich großen Markt, der in Österreich aber nicht vorhanden ist. Wenn man bei uns als Musiker christlich beeinflusst ist, muss man als Pop-Band daher kommen und Glaube nicht mit erhobenem Zeigefinger besingen. Es geht darum, keine Antworten zu geben, sondern Fragen zu stellen.“
Diese Fragestellung zieht sich durch die Liedtexte von Cardiac Move. So wird zum Beispiel in „Fishermen“, dem kommerziell erfolgreichsten Hit der Band (erschienen 2010) die Frage gestellt, an wen sich Fischer wenden sollen, wenn sie auf hoher See in stürmische Seenot geraten: „Das Bild der Fischer steht in Wahrheit symbolisch für das eigene Leben. Wenn man in stürmischen Zeiten Hilfe benötigt, stellt sich die Frage, an wen wir uns wenden können. Für mich eindeutig an Gott. Bei Cardiac Move versuchen wir, den Menschen die Hoffnung zu vermitteln, dass man aufgefangen wird, wenn man fällt.“
Cardiac Move und ganz aktuell die Pentatonix mit ihrem Hit „Hallelujah“: Diese Beispiele zeigen, dass religiös inspirierte Musik Menschen anspricht und berührt. Vielleicht – oder gerade weil – dies unaufdringlich geschieht.
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