In Erklärung nach Sommervollversammlung in Mariazell Mahnung an wahlwerbende Parteien: Respektvolle, sachliche Argumentation statt Populismus, Polemik und Fake News
Der jüngst bei den EU-Wahlen beobachtbare "spürbare Rückgang an der Wahlbeteiligung" ist nach Ansicht der österreichischen Bischöfe "beunruhigend und sollte ein Weckruf für alle politisch Verantwortlichen im Land sein". Ernsthafte Demokraten dürften sich damit nicht abfinden. In einer Presseerklärung im Anschluss an ihre Sommervollversammlung in Mariazell hat die Bischofskonferenz am Mittwoch an alle politischen Kräften appelliert, "das Vertrauen in die demokratische Grundordnung zu stärken". Denn, so der Titel der Erklärung: "Demokratie braucht die Beteiligung aller".
Nicht wählen zu gehen kann laut den Bischöfen "Ausdruck von Protest, aber auch von Misstrauen oder Verdrossenheit gegenüber der Politik sein". Eine "Nagelprobe" für das Vertrauen in die demokratische Grundordnung seien Wahlauseinandersetzungen. Der Episkopat appellierte mit Blick auf die bevorstehenden Nationalratswahlen am 29. September an alle Parteien, sich um einen "respektvollen Umgang, faktenbasierte Diskussionen und die Vermeidung populistischer Kommunikationsstrategien" zu bemühen.
Anstelle persönlicher Angriffe und diffamierender Äußerungen solle der Fokus auf der Darlegung unterschiedlicher politischer Standpunkte und konstruktiver inhaltlicher Kritik liegen, mahnen die Bischöfe. "Es braucht eine sachliche, faktenbasierte Argumentation statt reiner Polemik, unbelegter Behauptungen sowie irreführender Informationen, um den Wahlberechtigten eine fundierte Meinungsbildung zu ermöglichen." Im Zentrum politischer Debatten sollten "lösungsorientierte Ansätze" stehen, "anstatt Ängste und Vorurteile auszunutzen und einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen und zu diffamieren". Die Bischöfe forderten einen respektvollen Dialog ein, "der Brücken baut, statt Gräben zu vertiefen", sowie Vorrang für das Gemeinwohl gegenüber partikulären Interessen.
Die Bischofskonferenz sei mit allen maßgeblichen Parteien in einem regelmäßigen Dialog. Von Wahlempfehlungen nehme sie jedoch - wie schon seit Jahrzehnten üblich - Abstand. Keine der derzeit im Parlament vertretenen Parteien werde pauschal empfohlen oder vor ihr gewarnt. Wohl aber würden kirchlicherseits Themen und Prinzipien benannt, die den Wahlberechtigten als Orientierungshilfe dienen könnten. Kriterien dafür seien das Programm, die konkrete Praxis und die leitenden Personen der betreffenden Partei im Blick auf christliche Werte, die Menschenrechte und die rechtsstaatlichen Prinzipien der Demokratie.
Weiter heißt es in der Bischofserklärung wörtlich: "Wo es zu gravierenden Verstößen gegen die Fundamente für ein friedliches Zusammenleben kommt, treten auch die Bischöfe ganz konkret dagegen auf." Rote Linien sehen sie etwa überschritten in Fällen von Antisemitismus, bei Verletzungen der Religionsfreiheit oder, "wenn das Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende nicht ausreichend geschützt wird".